Gefährliche Ablenkung

Handys potenzieren Unfallrisiken von Fußgängern und Radfahrern

Immer mehr Verkehrsunfälle werden verursacht durch einen kurzen Blick aufs Smartphone. Auch der Handy-Gebrauch zu Fuß oder auf dem Rad steigert einer Studie zufolge das Verletzungsrisiko um das Mehrfache.

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Abgelenkt durch das Smartphone auf dem Rad? Für diesen Fall war das Verletzungsrisiko einer Studie zufolge verdreifacht.

Abgelenkt durch das Smartphone auf dem Rad? Für diesen Fall war das Verletzungsrisiko einer Studie zufolge verdreifacht.

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Das Wichtigste in Kürze

Frage: Gibt es Zusammenhänge zwischen der Smartphone-Nutzung von Fußgängern, Rad- und E-Bike-Fahrern und anschließenden Verkehrsunfällen?

Antwort: Der Gebrauch eines Mobiltelefons bis zu der Minute vor einem Unfall war mit einem dreimal so hohen Risiko für eine Verletzung assoziiert.

Bedeutung: Die Studienautoren empfehlen Maßnahmen, um das Bewusstsein für die gefährlichen Konsequenzen zu stärken.

Einschränkung: Die Informationen zu Unfallverlauf und Handynutzung beruhten auf Eigenangaben der Teilnehmer, wurden jedoch mit Verbindungsnachweisen geprüft.

Shanghai. In mehr als die Hälfte aller Unfälle mit tödlichem Ausgang sind schwache Verkehrsteilnehmer wie Fußgänger, Radfahrer und Motorradfahrer verwickelt. Immer häufiger sind sie auch dafür verantwortlich. Chinesische Forscher haben jetzt untersucht, ob die Smartphone-Nutzung von Fußgängern, Rad- und E-Bike-Fahrern mit Verkehrsunfällen assoziiert ist.

In die Fall-Kontroll-Studie wurden 643 Teilnehmer im Alter von zehn bis 35 Jahren eingeschlossen. Alle hatten nach einem Verkehrsunfall die Notaufnahme von einem von drei Krankenhäusern in Shanghai aufgesucht und besaßen ein Handy. Sie füllten Fragebögen zu Art und Zeitpunkt der Verletzung, den Umständen und der Smartphone-Nutzung vor dem Unfall aus. Zusätzlich überprüften die Forscher ihre Verbindungsnachweise und sammelten Daten zu Wetter, Alkohol- und Medikamentengebrauch.

Um das Verletzungsrisiko zu berechnen, verglichen sie die Handynutzung der einzelnen Teilnehmer am Tag des Unfalls mit der Nutzung im gleichen Zeitfenster eines vorausgegangenen Tages, an dem sie ebenfalls zu Fuß beziehungsweise auf dem Rad unterwegs gewesen waren (Am J Epidemiol 2020; online 31. Juli).

In mehr als 50 Prozent der Unfälle Handys involviert

Die Analyse ergab, dass rund die Hälfte der Teilnehmer ihr Handy in der Minute vor dem Unfall benutzt hatte. Der Einsatz eines Smartphones bis zu der Minute vor dem Zwischenfall war signifikant mit einem dreifachen Verletzungsrisiko assoziiert, verglichen mit keiner Ablenkung durch das Handy. Bei denjenigen, die das Handy in den 20 Minuten vorher benutzt hatten, war das Risiko für Verletzungen ebenfalls erhöht, aber nur um das Doppelte. Faktoren wie Geschlecht, Beruf, Grund des Unterwegsseins, Transportmittel und Unfallort hatten keinen signifikanten Effekt auf die beobachtete Assoziation.

Die Forscher um Dr. Jun Ren von der Fudan-Universität in Shanghai plädieren für Maßnahmen, um mehr Bewusstsein für die Gefahr durch smartphonebedingte Unaufmerksamkeit im Verkehr zu schaffen, etwa durch Politik und Medien. In Südkorea wurde beispielsweise eine App entwickelt, die automatisch den Handybildschirm sperrt, sobald der Nutzer sieben Schritte gegangen ist, und das Gerät beim Stehenbleiben wieder freischaltet. „Auch wenn Fußgänger und Radfahrer die schwächeren Verkehrsteilnehmer sind, haben sie eine persönliche Verantwortung, sich selbst und andere zu schützen“, schließen Ren und Kollegen. (sj)

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 18.08.202010:15 Uhr

Vorsicht mit der Smartphone-Nutzung im Straßenverkehr - gilt für alle Straßen-Verkehrsteilnehmer!

"Road Injuries Associated With Cell Phone Use While Walking or Riding a Bike or an E-Bike: A Case–Crossover Study" von Jun Ren et al. im
American Journal of Epidemiology, https://doi.org/10.1093/aje/kwaa164
Ist ein wunderbares Beispiel dafür, welche Forschungen in der VR China möglich sind.

Stellen Sie sich vor, der erstaufnehmende Unfallarzt würde in einer deutschen Klinik nach einem Verkehrsunfall in der Notaufnahme Sie nach Besitz und Gebrauch eines Mobiltelefons befragen. Sie füllten einen Fragebogen zu Art und Zeitpunkt der Verletzung, den Umständen und der Smartphone-Nutzung vor dem Unfall aus. Zusätzlich würden Ihre Verbindungsnachweise überprüft und Daten zum Wetter bzw. Ihrem Alkohol- und/oder Medikamentengebrauch erhoben.

Der Datenschutz-Beauftragte lässt grüßen!

Aber an den Ergebnissen ist etwas dran: Wie oft sehe ich Autofahrer mit ihren 100.000 € teuren Boliden über die Straßen schlingern, weil sie keine 60 € für eine Freisprech-Einrichtung erübrigen konnten. Stattdessen hampeln sie mit einem Mobilphone am Ohr herum, um gleichzeitig in ihrem NAVI etwas eingeben zu wollen.

Oder gestern, der E-Roller, der mir entgegen kam und die Kurve schnitt, so dass ich selbst bei Tempo 30 bremsen musste. Er hatte parallel seinen Hund an der Leine und gleichzeitig das Handy zum Telefonieren ans Ohr geklemmt.

Hoffentlich hatte er wenigstens sein Organspendeausweis unterschrieben...

Mf + kG, Ihr Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM in Dortmund

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