Kaiserschnitt auf Wunsch hat Schattenseiten
Besonders Frauen, die weitere Kinder möchten, sollten von einer elektiven Sectio absehen. Das geht aus einem Nutzen-Risiko-Vergleich hervor.
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Profitiert das Kind von der elektiven Sectio?
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Gründe, den Kaiserschnitt der vaginalen Geburt vorzuziehen, gibt es viele. Schwangere ängstigen sich etwa vor den Schmerzen der Geburt, befürchten Inkontinenz oder sexuelle Störungen. Und Ärzte sehen sich durch Haftpflichtklagen bedroht, falls das Kind bei der Geburt geschädigt wird. Fakt ist: Der geplante Kaiserschnitt ist bei gegebener Indikation ein angemessener Eingriff. Ansonsten ist die vaginale Entbindung die bessere Wahl.
Zum diesem Schluss kommt Professor Henning Schneider aus Kehrsatz in der Schweiz. Der ehemalige Direktor der Universitätsfrauenklinik Bern hat einen Nutzen-Risiko-Vergleich von vaginaler Geburt und Wunsch-Kaiserschnitt zusammengestellt (Der Gynäkologe 41, 2008, 36).
Die Evidenz für eine Gleichwertigkeit oder Überlegenheit der primären Sectio fehle weitgehend, so Schneider. Vergleichsstudien wurden vorwiegend bei Frauen mit Beckenendlage oder mit einem Kaiserschnitt in einer vorausgegangenen Schwangerschaft vorgenommen. In diesen beiden Gruppen muss bei geplanter vaginaler Geburt häufig doch noch eine Sectio gemacht werden. Diese sind risikoreicher als primäre Eingriffe.
Schweren neurologischen Schäden wird vorgebeugt
Für die Gesundheit des Kindes ist die elektive Sectio anscheinend vorteilhaft. So wird es vor dem intrauterinen Tod in den letzten Schwangerschaftswochen und vor Geburtskomplikationen bewahrt, die den Tod oder schwere neurologische Schäden zur Folge haben können. Allerdings müssen mehr als 1000 Kinder per Wunsch-Kaiserschnitt entbunden werden, um ein solches katastrophales Ereignis zu verhindern, hat Schneider ausgerechnet.
Die Mütter haben vom Wunsch-Kaiserschnitt keine Vorteile.
Die Mütter profitieren offensichtlich nicht von der operativen Entbindung. Auch bei der primären geplanten Sectio müssen sie mit einer höheren Morbidität wie Endometritis und einer längeren Hospitalisierung rechnen, so das Resümee des Gynäkologen. Die erhoffte Schonung des Beckenbodens wurde in einer prospektiven Vergleichsstudie nicht nachgewiesen. Über eine Harninkontinenz klagen drei Monate nach einer elektiven Sectio zwar deutlich weniger Frauen als nach geplanter vaginaler Geburt (4,5 versus 7,3 Prozent). Bei erneuter Befragung zwei Jahre später war allerdings kein Unterschied mehr festzustellen. Für Stuhlinkontinenz, Dyspareunie oder Depression bestand bereits nach drei Monaten kein Unterschied.
Sectio beeinträchtigt spätere Schwangerschaften
Problematisch kann die Schnittentbindung außerdem für nachfolgende Schwangerschaften sein. Im Bereich der Narbe kann es zu Störungen der Plazenta kommen. Bei einer folgenden vaginalen Entbindung besteht zudem die Gefahr einer Uterusruptur. Den Frauen, die mehr als eine Geburt planen, muss wegen der erhöhten Risiken bei Folgeschwangerschaften von einem Kaiserschnitt auf Wunsch abgeraten werden, fordert Schneider. Und: Um Atemprobleme beim Kind zu vermeiden, sollten geplante Kaiserschnitte nicht vor der 39. Schwangerschaftswoche angesetzt werden.
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