Weltkrebstag am 4. Februar

Kampagne adressiert weltweite onkologische Versorgungslücken

„Versorgungslücken schließen“ lautet das Motto der Weltkrebstage 2022 bis 2024. Die onkologische Prävention, Diagnostik, Therapie und Nachsorge brauchen zukunftsfähige Impulse – auch von Regierungen.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Gut versorgt? Die Aufnahme aus einer onkologischen Station in Karachi ist sicher nicht repräsentativ für die landesweite Krebsversorgung in Pakistan.

Gut versorgt? Die Aufnahme aus einer onkologischen Station in Karachi ist sicher nicht repräsentativ für die landesweite Krebsversorgung in Pakistan.

© Rehan Khan / dpa / picture alliance

Genf/Brüssel/Berlin. Erstmals in ihrer 22-jährigen Geschichte startet die Union for International Cancer Control (UICC), die im Jahr 2000 zusammen mit der WHO im Rahmen des Weltgipfeltreffens gegen Krebs den in der Charter of Paris verankerten Auftrag zur Installation eines Weltkrebstages erhalten hatte, eine Dreijahres-Kampagne. Standen die Kampagnen der vergangenen Weltkrebstage mal unter einem wissenschaftlichen oder mal unter einem präventiven Motto, so adressiert die UICC jetzt für die Jahre 2022 bis 2024 die Versorgungsebene. „Close the Care Gap“ – „Versorgungslücken schließen“ – soll für einen gerechteren Zugang zur Krebsversorgung werben.

Die Kampagne soll laut UICC erhebliche Hindernisse aufdecken, „die mit sozioökonomischen Faktoren, Stigmatisierung und Diskriminierung zusammenhängen und viele Menschen auf der ganzen Welt daran hindern, lebensrettende Präventionsdienste, Diagnostik, Behandlung und Pflege in Anspruch zu nehmen“, heißt es auf der UICC-Website. Diese Barrieren führten zu großen Unterschieden bei den Risiken, an Krebs zu erkranken und zu überleben.

Todesfalle Armut

Wie UICC-Präsident Professor Anil d’Cruz hinweist, bestehe offensichtlich ein signifikanter Zusammenhang zwischen Armut und vorzeitigen, krebsbezogenen Todesfällen. „Bis zum Jahr 2030 werden schätzungsweise 75 Prozent aller vorzeitigen Todesfälle durch Krebs in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen auftreten. Die Versorgungslücken bestehen jedoch nicht nur zwischen ressourcenstarken und ressourcenschwachen Ländern“, konstatiert der Direktor der Onkologie der an der Bombay Stock Exchange gelisteten, multinationalen Krankenhauskette Apollo Hospitals mit Hauptsitz in Chennai.

Auch innerhalb von Ländern bestünden Ungleichheiten zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen aufgrund von Diskriminierung oder Annahmen, die das Alter, den kulturellen Kontext, die Geschlechternormen, die sexuelle Orientierung, die ethnische Zugehörigkeit, das Einkommen, das Bildungsniveau und den Lebensstil beträfen. „Diese Faktoren verringern potenziell die Chance einer Person, Krebs zu überleben – und sie können und müssen angegangen werden“, mahnt Anil d’Cruz zum globalen Handeln.

Corona-bedingter Stillstand

Zusätzlich belastet werde die globale onkologische Versorgungssituation durch die anhaltende COVID-19-Pandemie, die zu erheblichen Unterbrechungen der Krebsversorgung geführt und bestehende gesundheitliche Ungleichheiten verschärft habe, wobei ein hohes Risiko bestehe, dass die Zahl der Krebserkrankungen, die in einem späteren Stadium diagnostiziert werden, stiegen, und damit auch die krebsbedingten Todesfälle zunähmen.

Mit der neuen Kampagne ruft die UICC die Krebsgemeinschaft, Regierungen und Gesundheitsdienstleister dazu auf, Maßnahmen zu ergreifen, um die Ungleichheit zu verringern und den Zugang zur Krebsversorgung zu verbessern. Die zwei Hauptstellschrauben seien dabei die Anerkennung und Berücksichtigung der sozialen Determinanten der Gesundheit, die viele der Hindernisse für eine gerechte Versorgung in den Ländern darstellten, und die Entwicklung einer personenzentrierten, integrativen Gesundheitspolitik, die die Besonderheiten und Bedürfnisse der verschiedenen Bevölkerungsgruppen aufgrund von ethnischer Zugehörigkeit, Geschlecht, Alter, sexueller Orientierung, Behinderung, geografischer Lage, Bildung und Einkommen berücksichtige.

Auch EU-Krebsplan adressiert Versorgungslücken

Klaffende Lücken in der onkologischen Versorgung sind indes nicht nur in den primär so attribuierten Regionen wie Afrika, Südamerika oder Zentralasien vorzufinden. „In der EU gibt es immer noch drei Mitgliedsstaaten, die über kein einziges Comprehensive Care Center verfügen. Viele Länder schenken Krebs nicht die notwendige Aufmerksamkeit“, monierte der rumänische Europaabgeordnete Cristian-Silviu Bu?oi (EVP) im Juli 2020 in Brüssel anlässlich der virtuellen Gründungsfeier der interfraktionellen Arbeitsgruppe des EU-Parlaments zur Krebsbekämpfung.

In dem vor Jahresfrist von der EU-Kommission verabschiedeten europäischen Krebsplan sind Ziele zur Schließung dieser onkologischen Versorgungslücken auf dem Alten Kontinent verankert. So sollen die Mitgliedsstaaten unter anderem dabei unterstützt werden, bis 2025 für 90 Prozent der für eine Brustkrebs-, Gebärmutterhalskrebs- bzw. Darmkrebs-Früherkennung infrage kommenden EU-Bürgerinnen und -Bürger Vorsorgeuntersuchungen anzubieten. Bis 2030 sollten 90 Prozent der betroffenen Patienten Zugang zu nationalen onkologischen Spitzenzentren haben, die über ein neues EU-Netz miteinander verbunden sind.

Krebshilfe sieht auch in Deutschland weiter Handlungsdruck

Auch Deutschland ist mit Blick auf das neue Kampagnenmotto nicht aus dem Schneider, wie die Deutsche Krebshilfe im Vorfeld des Weltkrebstages in Erinnerung ruft. Daten aus Krebsregistern zeigten demnach, dass es regionale Unterschiede im Krebsüberleben gebe. „Neben einem Nord-Süd und Ost-West Gradienten für solide Tumoren lassen sich bessere Überlebensraten im Einzugsgebiet der großen deutschen Metropolen beobachten“, heißt es auf der Website der Gesellschaft.

Bereits im Jahr 2007 habe die Deutsche Krebshilfe ein Programm zur Initiierung und Förderung von Onkologischen Spitzenzentren (Comprehensive Cancer Center, CCC) eingerichtet. Mit dieser Initiative habe sie die Grundlagen für eine flächendeckende, strukturierte, leistungsfähige und zukunftsorientierte Patientenversorgung in Deutschland geschaffen. „Doch noch haben nicht alle Betroffenen bundesweit den gleichen Zugang zu einer optimalen onkologischen Versorgung“, lautet die Bestandsaufnahme der Krebshilfe.

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