Krankmachende Knollen

Kartoffeln begünstigen Bluthochdruck

Je mehr Kartoffeln jemand konsumiert, umso höher ist das Risiko für eine Hypertonie. Forscher spekulieren, woran das liegen könnte.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
Negative Auswirkungen von hohem Kartoffelkonsum scheinen vor allem Frauen zu betreffen.

Negative Auswirkungen von hohem Kartoffelkonsum scheinen vor allem Frauen zu betreffen.

© mbongo/Fotolia.com

BOSTON. Die Kartoffel ist der Außenseiter beim Grünzeug: Von der WHO nicht mal als Gemüse anerkannt, tobt in den USA ein Streit, ob die Knollen für die tägliche Ernährung überhaupt zu empfehlen sind.

So wurden Kartoffeln bis vor kurzem wegen ihres hohen Stärkegehalts eher als ungeeignet für eine gesunde Ernährung von Kindern angesehen - mit entsprechenden Einschränkungen bei den Schulmahlzeiten.

Diese Restriktionen haben US-Behörden vor einem Jahr aufgehoben - man sah nun plötzlich wieder den hohen Kaliumanteil als Vorteil an. Dieser könnte sich günstig auf die Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen auswirken. So ging in vielen Studien eine erhöhte Kaliumaufnahme mit einem reduzierten Blutdruck einher.

Ob die Kartoffel unterm Strich jedoch das kardiovaskuläre Risiko eher senkt oder erhöht, bleibt damit weiterhin unklar, schreiben Ernährungsexperten um Dr. Lea Borgi vom Brigham and Women's Hospital in Boston.

Die Forscher haben sich die Mühe gemacht, in drei großen Kohortenstudien nach den Auswirkungen des Kartoffelkonsums auf die Hypertonie-Inzidenz zu schauen (BMJ 2016; 353:i2351).

Sie fanden ein leicht erhöhtes Hypertonierisiko bei hohem Kartoffelkonsum, allerdings waren die Ergebnisse in den einzelnen Studien und Gruppen nicht sonderlich konsistent, auch scheinen die negativen Auswirkungen vor allem Frauen zu betreffen.

Gefahr für Bluthochdruck um 13 Prozent erhöht

Das Team um Borgi entschied sich für die Health Professional Follow-up Study (HPS) sowie zwei Kohorten der Nurses‘ Health Study (NHS). Insgesamt nahmen an den drei Untersuchungen knapp 190.000 Ärzte und Krankenschwestern teil. In allen Studien wurden regelmäßig (alle zwei bis vier Jahre) Ernährungsgewohnheiten per Fragebogen erfasst.

Die Studienautoren konnten daher den Konsum von unterschiedlichen Kartoffelprodukten mit der Hypertonie-Inzidenz über bis zu 20 Jahre hinweg in Beziehung setzten.

Insgesamt kamen so rund drei Millionen Personenjahre zusammen, knapp 80.000 Teilnehmer entwickelten im Laufe der Studien eine Hypertonie. Das Ergebnis lässt sich mit einer Zahl zusammenfassen: Wer täglich mindestens eine Portion Kartoffeln (gekocht, gebacken oder gebraten) oder eine Portion Pommes isst, erhöht sein Hypertonierisiko um 13 Prozent - verglichen mit einem Kartoffelkonsum von weniger als einmal pro Woche.

Berücksichtigt wurden bei der Berechnung Faktoren wie Gewicht, BMI, Alkoholkonsum, Rauchen, körperliche Aktivität und andere Hypertonie-Risikofaktoren.

Allerdings lohnt sich ein Blick in die einzelnen Studien. In der ersten Kohorte der Nurses‘ Health Study lag die Risikoerhöhung lediglich bei 7 Prozent, in der HPS mit ausschließlich männlichen Teilnehmern war das Risiko für eine Hypertonie bei täglichem Kartoffelkonsum sogar um 4 Prozent geringer.

Letztlich ließ sich also nur in einer von drei Studien eine signifikant erhöhte Hypertonierate bei den Kartoffelliebhabern nachweisen.

Liegt's am Salz?

Wurden Pommes ausgeschlossen, änderte dies wenig am Ergebnis, betrachteten die Forscher um Borgis hingegen nur den Pommeskonsum, dann fiel auch bei Männern mit vier oder mehr Portionen pro Woche eine signifikant erhöhte Hypertonierate auf (plus 16 Prozent).

Immerhin waren die Ergebnisse beim Pommeskonsum in allen Studien konsistent: Eine Hypertonie trat in den Gruppen mit den meisten Pommesmahlzeiten 16-17 Prozent häufiger auf als bei den Pommesverächtern, auch deutete sich ein Dosiseffekt an: Je mehr Pommes jemand aß, umso höher war die Hypertonie-Inzidenz.

Ein ähnlicher Zusammenhang ließ sich für Kartoffelchips nach Berücksichtigung der bekannten Hypertonie-Risikofaktoren jedoch nicht beobachten.

Die Ergebnisse sind nicht einfach zu interpretieren. Ein erhöhtes Risiko nur bei Frauen hatten die Forscher nicht erwartet, auch haben sie keine plausible Erklärung, wie dieses Risiko geschlechtsspezifisch zustande gekommen sein könnte. Generell lässt sich spekulieren, dass die postprandiale Hyperglykämie nach einer Kartoffelmahlzeit ungünstige Auswirkungen auf die Endothelfunktion hat.

Möglicherweise trägt auch das Salz, das viele Menschen über Kartoffeln und Pommes kippen, zur Risikoerhöhung bei. Letztlich lohnt es sich aber nicht, darüber zu spekulieren, solange nur eine von drei Studien auf ein deutlich gesteigertes Risiko bei hohem Kartoffelkonsum deutet. Offenbar spielt der Kartoffelkonsum im Vergleich zu etablierten Hypertonie-Risikofaktoren keine große Rolle.

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