Testosteron-Gabe
(K)ein Risiko für Atherosklerose?
Eine Testosteronbehandlung scheint bei älteren Männern die subklinische Progression einer Atherosklerose nicht zu beeinflussen, so eine US-Studie.
Veröffentlicht:BOSTON. Ob das Anheben altersbedingt sinkender Testosteronspiegel das kardiovaskuläre Risiko eher günstig oder eher nachteilig verändert, ist nach wie vor unklar.
Zwar lassen retrospektive Studien einen positiven Effekt der Hormonsubstitution vermuten. Eine randomisierte Studie musste jedoch kürzlich vorzeitig beendet werden, weil in der Testosterongruppe mehr kardiovaskuläre Komplikationen aufgetreten waren.
Ärzte der Harvard Medical School haben daher die subklinischen Gefäßveränderungen bei einer dreijährigen Testosterontherapie unter randomisierten Bedingungen untersucht - und konnten keine Unterschiede zur Placebogabe feststellen (JAMA 2015; 314: 570).
Die Mediziner um Shehzad Basaria weisen allerdings nachdrücklich darauf hin, dass sich dieses Resultat ausschließlich auf die subklinische Atheroskleroseprogression bezieht.
"Die Daten sollten nicht als Beleg für die kardiovaskuläre Sicherheit der Testosteronanwendung bei älteren Männern interpretiert werden."
Teilnehmer im Mittel 67 Jahre alt
An der Studie nahmen 308 Männer mit niedrigem oder niedrignormalem Testosteronspiegel teil (100-400 ng/dl; freies Testosteron unter 50 pg/ml). 156 Probanden erhielten zunächst täglich 75 mg Testosteron in Gelform, 152 ein Placebogel.
In der Verumgruppe konnte die Dosis erhöht werden, wenn dies nötig war, um eine Gesamttestosteron-Konzentration von mindestens 500 ng/dl zu erreichen.
Die Teilnehmer waren im Mittel 67 Jahre alt. Nicht wenige litten an Hypertonie (42 Prozent), Adipositas (27 Prozent), Diabetes oder KHK (jeweils 15 Prozent).
Die Intima-Media-Dicke (IMT) der A. carotis communis nahm unter Placebo im Mittel jährlich um 0,010 mm zu; in der Testosterongruppe um 0,012 mm. Der Unterschied war nicht signifikant, ebenso wenig wie die Differenz der IMT nach Abschluss der Placebo- oder Hormongabe.
Auch der Koronarkalk-Score erhöhte sich in beiden Gruppen in ähnlichem Maße - um jährlich 41,4 Agatston-Einheiten mit Placebo oder 31,4 Agatston-Einheiten mit Testosteron.
Veränderungen im Gesamt- oder im freien Testosteron bei den Verumpatienten korrelierten weder mit Veränderungen der IMT noch des Koronarkalks.
Mäßig verbesserte Zufriedenheit mit Sex
Auf der anderen Seite bewirkte die Testosteronsubstitution allerdings auch keine Steigerung von sexuellem Verlangen, Erektionsfähigkeit oder sexueller Funktion insgesamt.
Lediglich die Zufriedenheit mit dem Geschlechtsverkehr war mäßig verbessert. Bei der gesundheitsbezogenen Lebensqualität bestand ebenfalls kein Unterschied zur Placebogruppe.
Unter Testosteron wurden häufiger erhöhte Hämatokrit-Werte (über 54 Prozent bei 13 vs. 0 Patienten) und PSA-Konzentrationen (über 4,0 ng/ml bei 4 vs. 0 Patienten) gemessen.
Kardiovaskuläre Ereignisse (Herzinfarkt, koronare Revaskularisation, Schlaganfall oder kardiovaskulär bedingter Tod) traten zwar in beiden Gruppen gleich häufig auf, die Studie war jedoch zu klein, um hieraus statistisch tragfähige Aussagen abzuleiten. (BS)