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Ketonkörper – Vom Feind zum fleißigen Helfer bei der Prävention

Ketonkörper gelten Diabetologen als Vorboten einer gefährlichen Ketoazidose. Allerdings bekommt ihr negatives Image Risse: In aktuellen Studien gibt es Hinweise auf eine blutdrucksenkende Wirkung sowie präventive Effekte bei Stoffwechselleiden.

Von Stephan Martin Veröffentlicht:
Ketonkörper im Gefäß: Die Ketone sind Marker für eine Lipolyse.

Ketonkörper im Gefäß: Die Ketone sind Marker für eine Lipolyse.

© Carol and Mike Werner / Photo Researchers / mauritius images

In der Diabetologie denkt man bei Ketonkörpern direkt an die Gefahren von Ketoazidosen bei der Manifestation des Typ-1-Diabetes. Auch bei Frauen mit Diabetes in der Schwangerschaft ist man bemüht, die Ketonkörper-Ausscheidung im Urin zu vermeiden. Daher gilt der Ketonkörper in der Diabetologie quasi als "Feind".

Die Wissenschafts-Journalistin Dr. Martina Lenzen-Schulte kommt aber in ihrem aktuellen Beitrag "Dein Freund, der Ketonkörper" zu einer ganz anderen Einschätzung (Dtsch Arztebl 2018; 115(41): A-1810).

Als Ketonkörper werden die chemischen Verbindungen Acetoacetat, Aceton und beta-Hydroxybutyrat (BHB) bezeichnet, diese entstehen, wenn der Körper seine Fettreserven abbaut. Somit ist bei der Gewichtsreduktion eine gewisse Menge an Ketonkörpern im Blut ein gutes Zeichen für die aktivierte Fettverbrennung.

Bisher ist man davon ausgegangen, dass Ketonkörper in Hungerzuständen nur als alternative Energielieferanten anstelle von Glukose fungieren. Bereits vor drei Jahren konnte nachgewiesen werden, dass BHB bestimmte Funktionen des Immunsystems blockieren kann, die bei der Entwicklung von Erkrankungen wie Typ-2-Diabetes, Atherosklerose oder Morbus Alzheimer involviert sind (Nature Med. 2015 21: 263).

Regulierung von metabolischen Prozessen

Eine ganz aktuelle Arbeit beschreibt für Ketonkörper eine weitere Funktion bei der Regulierung von metabolischen Prozessen im Körper (Cell Rep. 2018; 25: 677). Die Forscher um Professor Bina Joe von der Universität Toledo im US-Staat Ohio beschäftigen sich eigentlich mit den molekularen Ursachen der arteriellen Hypertonie.

In ihrIn ihren aktuellen Experimenten haben sie salz-sensitive Dahl-Ratten verwendet, die bei einer salzhaltigen Diät eine arterielle Hypertonie entwickeln. Die Forscher verwendeten einen ungerichteten Metabolom-Ansatz: Dabei werden alle charakteristischen Stoffwechsel-Eigenschaften eines Organismus zusammengefasst.

In den Versuchen wurden Serum-Proben von Ratten mit salzarmer Ernährung mit denen einer salzreichen Ernährung verglichen. Dazu wurde eine Kombination aus Gaschromatografie und Massenspektrometrie eingesetzt. Die Forscher fanden 29 Metabolite, in denen sich die Seren der unterschiedlich behandelten Tiere unterschieden.

Ketonkörper als natürliche Blutdrucksenker?

Der Parameter, der bei der salzarmen Diät am höchsten und bei der salzreichen Diät am niedrigsten war, wurde näher charakterisiert und überraschenderweise als BHB identifiziert. Wenn bei den Tieren bei einer salzhaltigen Diät zusätzlich Ketonkörper gegeben wurden, konnte der Blutdruckanstieg verhindert werden.

Es konnte gezeigt werden, dass dieser Effekt nicht durch eine Veränderung der Darmbakterien, dem Mikrobiom, verursacht wird. Diese Daten sind sehr interessant, da wir aus der klinischen Routine wissen, dass durch sportliche Aktivität und Gewichtsabnahme, die beide die Ketonkörper-Produktion anregen, es zu einem Absinken des Blutdrucks kommt. Doch gibt es auch Hormone, die die Ketonkörper-Produktion blockieren.

Hier kommen wir wieder zurück zum Typ-1-Diabetes und der Ketoazidose. Insulin hat neben der blutzucker-senkenden Wirkung einen erheblichen Einfluss auf den Fettstoffwechsel indem es die Lipolyse, also die Ketonkörperbildung blockiert. Fehlt Insulin, wie bei der Manifestation des Typ-1-Diabetes, so läuft die Lipolyse ungehemmt, die Betroffenen verlieren ungewollt Gewicht und der Organismus wird mit sehr hohen Mengen an Ketonkörpern überschwemmt.

Bei zu hohen Insulinmengen, wie bei einer Insulinresistenz, steigen hingegen die endogenen Insulinspiegel an und die Bildung von Ketonkörpern wird blockiert. Gerade die in den letzten Jahrzehnten propagierte kohlenhydrat-reiche und fett-reduzierte Ernährungsform hat dazu geführt, dass die endogenen Insulinspiegel kontinuierlich angestiegen sind.

Feindbilder müssen hinterfragt werden

Die aktuellen Ergebnisse sind tierexperimenteller Natur und müssen sicherlich beim Menschen in klinischen Studien bestätigt werden. Sie könnten aber auch zum Teil die Ergebnisse der klinischen Studien mit den SGLT-2-Inhibitoren bei Typ-2-Diabetes erklären, bei denen erhöhte Spiegel an Ketonkörpern nachweisbar sind. Außer dem blutzucker-senkenden Effekt kommt es bei dieser Medikamentenklasse zu einer Blutdrucksenkung, sowie protektiven Effekten auf Niere und Herz.

Zusammenfassend zeigen diese Daten, dass Feindbilder immer hinterfragt werden sollten. Bei den Ketonkörpern muss man wahrscheinlich feststellen, dass diese "fleißige Helfer" bei der Prävention von metabolischen Erkrankungen sind.

Professor Stephan Martin ist Chefarzt für Diabetologie und Direktor des Westdeutschen Diabetes- und Gesundheitszentrums (WDGZ) in Düsseldorf.

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