Krebsarten im Vergleich

Krebssterblichkeit in Europa sinkt – mit zwei Ausnahmen

Die altersbereinigte Krebssterblichkeit in Europa sinkt drastisch – auch wegen der medizinischen Fortschritte. Mit einem Phänomen kann jedoch auch die moderne Medizin europaweit nicht mithalten.

Veröffentlicht:
In Deutschland werden im Jahr 2020 vermutlich 132.400 Männer und 110.000 Frauen an Krebs sterben, prognostizieren italienische Epidemiologen.

In Deutschland werden im Jahr 2020 vermutlich 132.400 Männer und 110.000 Frauen an Krebs sterben, prognostizieren italienische Epidemiologen.

© pololia / stock.adobe.com

Mailand. Das Risiko, an Krebs zu sterben, ist in den vergangenen Jahren innerhalb der EU weiter zurückgegangen. Dies gelte, wenn man die Altersstruktur der Bevölkerung berücksichtige, berichten italienische Wissenschaftler (Ann Oncol 2020; online 19. April).

Die altersbereinigte Krebssterblichkeit werde künftig besonder deutlich bei Männern für Magenkarzinom und Leukämie abnehmen, bei Frauen für Ovarialkarzinom und ebenfalls Leukämie, prognostizieren die Ärzte um Erstautorin Greta Carioli von der Universität Mailand.

Zwei negative Trends beobachtet

Allerdings werden auch zwei negative Trends beobachtet: So nehme die Zahl der Frauen, die an Lungenkrebs sterben, europaweit immer noch zu. Außerdem sei Polen das einzige Land in der EU, in dem die Todesrate infolge von Prostatakrebs nicht falle, sondern sogar deutlich steige.

Seit 2011 veröffentlicht das internationale Team um den Epidemiologen Professor Carlo La Vecchia Studien zur EU-weiten Krebssterblichkeit. Basierend auf Daten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erstellen die Forscher Prognosen für das aktuelle Jahr sowie Vergleichsübersichten für die vergangenen Jahre und das sowohl für die gesamte EU als auch im Detail für die sechs bevölkerungsreichsten Mitgliedstaaten Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Polen und Spanien.

Insgesamt, so das Ergebnis der Studie, werde die Zahl der Männer, die an Krebs sterben, 2020 im Vergleich zu 2015 altersbereinigt um gut fünf Prozent fallen, die der Frauen um vier Prozent. Die absolute Zahl der Todesfälle infolge von Krebs würde 2020 gut 1,4 Millionen betragen (798.700 Männer und 630.100 Frauen), knapp 65.000 mehr als noch 2015, was wieder der Tatsache von europaweit alternden Bevölkerungen geschuldet sei (siehe nachfolgende Grafik).

An dieser Stelle finden Sie Inhalte aus Datawrapper Um mit Inhalten aus Datawrapper zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir Ihre Zustimmung. Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte aus Sozialen Netzwerken und von anderen Anbietern angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät notwendig. Weitere Information dazu finden Sie hier.

In Deutschland, so die Prognose der Wissenschaftler, würden 2020 vermutlich 132.400 Männer und 110.000 Frauen an Krebs sterben: Männer vor allem an Lungen- (28.700) und Prostatakrebs (15.500), Frauen an Brust- (18.900) und Lungenkrebs (18.100).

Sterberate durch Lungenkrebs nimmt bei Frauen zu

„In der EU insgesamt sinken die Krebstodesraten bei Männern. Mehr als die Hälfte davon ist auf rückläufige Sterblichkeitsraten aufgrund von tabakbedingten Krebserkrankungen zurückzuführen“, fasst La Vecchia zusammen. Dazu gehöre nicht nur Lungenkrebs, der über ein Drittel des Rückgangs ausmache, sondern auch Krebsarten des Kopf- und Hals-Bereiches sowie Harnblasenkarzinom: „Mit anderen Worten, es liegt daran, dass seit einigen Jahrzehnten immer weniger europäische Männer rauchen.“

Auch für Deutschland sagen die Forscher voraus, dass die altersbereinigte Todesrate für Männer bei Lungenkrebs um fast elf Prozent sinken werde. Anders jedoch bei den Frauen: Hier werde es sogar zu einem fast fünfprozentigen Anstieg kommen – ein Trend, der EU-weit zu beobachten ist. Dazu kommentiert La Vecchia: „Die Sterberaten durch Lungenkrebs bei Frauen sind in der EU in den letzten zehn Jahren anhaltend gestiegen, obwohl sich die Steigerungsrate jetzt verlangsamt.“

Co-Autorin Dr. Eva Negri ergänzt: „Tabak ist nach wie vor die Hauptursache für die Krebssterblichkeit in Europa und macht rund 20 Prozent aller prognostizierten Krebstodesfälle aus.“ Der deutliche Rückgang der Todesfälle bei Männern im Vergleich zu Frauen spiegele die Unterschiede in den früheren Rauchgewohnheiten zwischen den beiden Geschlechtern wider, so die Pharmakologin.

Schwer erklärbarer Trend in Polen

Der Report nimmt jedes Jahr eine andere Tumorart in den Fokus, in diesem Jahr Prostatakrebs. An diesem würden in diesem Jahr 78.800 Männer sterben, so die Vorhersage der Wissenschaftler. Das sind zwar fast 4000 mehr als 2015, was aber damit zusammenhänge, dass die EU-Bevölkerung älter geworden sei. Berücksichtigt man diese Tatsache bei den Berechnungen fiel die Mortalität in diesem Zeitraum um sieben Prozent. In Deutschland sei 2020 mit etwa 15.500 Todesfällen infolge von Prostatakrebs zu rechnen.

Dass das Sterblichkeitsrisiko für diese Tumorart europaweit falle, führen die Forscher auf aktuelle Operations- und Therapietechniken zurück. „Diese können, obwohl es keine Heilung gibt, einen relevanten Einfluss auf die Mortalität beim Prostatakrebs haben, da ein Teil der älteren Männer lange genug überleben könnte, um an anderen Ursachen zu sterben“, erklärt La Vecchia in einer zur Studie veröffentlichten Mitteilung.

Hierbei gibt es allerdings eine Ausnahme: In Polen werde die Todesrate für diese Krebsart im Vergleich zu 2015 in diesem Jahr um 18 Prozent steigen und das, obwohl diese zwischen 1970 und 1974 europaweit am niedrigsten war. Für La Vecchia ist das schwer erklärbar. „Es ist möglich, dass die jüngsten relativ hohen Raten auf die verzögerte Einführung moderner Diagnosen und Behandlungen zurückzuführen sind“, vermutet er. (dpa)

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Sanofi

Multiples Myelom: EU-Zulassung für Isatuximab

WIdO-Qualitätsmonitor

Leistungskonzentration bei Speiseröhren-Operationen

Kooperation | In Kooperation mit: AOK-Bundesverband
Das könnte Sie auch interessieren
Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

© Janssen-Cilag GmbH

Video

Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Höhen- oder Sturzflug?

© oatawa / stock.adobe.com

Zukunft Gesundheitswesen

Höhen- oder Sturzflug?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

© MQ-Illustrations / stock.adobe.com

Digitalisierung

Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Tab. 1: Empfohlene Anfangsdosierungen von Ruxolitinib bei akuter und chronischer GvHD in Abhängigkeit vom Alter

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [5, 6]

Graft-versus-Host-Erkrankung

JAK1/2-Hemmung jetzt für Kinder unter zwölf Jahren und in neuer Darreichungsform möglich

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Novartis Pharma GmbH, Nürnberg
Neue Follow-up-Daten zur Geneditierungstherapie Exa-cel

© Springer Medizin Verlag

Neue Follow-up-Daten zur Geneditierungstherapie Exa-cel

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Vertex Pharmaceuticals Germany GmbH, München
Abb. 1: PD-1-Inhibitoren: immunvermittelte Nebenwirkungen

© Springer Medizin Verlag GmbH

Thoraxchirurgie beim nichtkleinzelligen Lungenkarzinom

Wie können neoadjuvante Immuntherapien die Tumorresektion beeinflussen?

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: AstraZeneca GmbH, Hamburg
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Bald nicht nur im Test oder in Showpraxen: Auf einem Bildschirm in der E-Health-Showpraxis der KV Berlin ist eine ePA dargestellt (Archivbild). Nun soll sie bald überall zu sehen sein auf den Bildschirmen in Praxen in ganz Deutschland.

© Jens Kalaene / picture alliance / dpa

Leitartikel

Bundesweiter ePA-Roll-out: Reif für die E-Patientenakte für alle

Figuren betrachten eine Blatt mit einer Linie, die zu einem Ziel führt.

© Nuthawut / stock.adobe.com

Tipps für die Praxis

So entwickeln Sie Ihre Arztpraxis strategisch weiter

Betritt unbekanntes Terrain: CDU-Politikerin und designierte Bundesministerin für Gesundheit Nina Warken.

© Bernd Weißbrod/dpa

Update

Überraschende Personalie

Eine Juristin wird Gesundheitsministerin: Das ist Nina Warken