DGVS nimmt Stellung
Kritik an der Studie zu Säureblockern
Fördern Säureblocker wirklich Allergien, wie die Autoren einer aktuellen Studie diskutieren? Deutsche Experten haben Zweifel an der Aussagekraft der Studie.
Veröffentlicht:BERLIN. Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) sieht keinen Zusammenhang zwischen der Einnahme von Magensäureblockern und der Entwicklung von Allergien, wie er in einer aktuellen Studie (wir berichteten) hergestellt wird. Die auf Daten österreichischer Krankenversicherungen basierende Studie könne aufgrund ihres Designs und der Datenlage keine Aussage treffen, ob Säurehemmung das Entstehen von Allergien begünstigt, bemängelt die DGVS.
Mehrere Kritikpunkte
Der Gastroenterologe Professor Herbert Koop, ehemaliger Chefarzt der Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Gastroenterologie am HELIOS-Klinikum Berlin-Buch, hat laut DGVS-Mitteilung mehrere Kritikpunkte.
Zum einen seien in der Studie unterschiedliche Pharmaka untersucht worden – Sucralfate, die praktisch ohne Einfluss auf den pH-Wert im Magen seien, H2-Blocker, die als mäßig aktive Säurehemmer einzustufen sind und Protonenpumpeninhibitoren als starke Säurehemmer.
Laut Studie erhöhen alle Substanzen das Risiko einer Allergie. „Somit ergibt sich keine Korrelation zum Grad der Säurehemmung. Daher ist fragwürdig, ob die Säurehemmung überhaupt im Zusammenhang mit der Allergieentstehung zu sehen ist“, wird Koop in der Mitteilung zitiert.
Keine Daten zu Allergie-Diagnosen
Zum anderen stütze sich die Analyse mit Blick auf die Allergieentstehung nur auf die Verschreibung von Arzneien, die mutmaßlich das Vorhandensein einer Allergie anzeigen sollen. Daten zu Allergie-Diagnosen selbst lagen nicht vor.
Auch das ist nach Ansicht von Koop ein Schwachpunkt. Denn zum Beispiel seien Medikamente wie Phenothiazine in die Studie einbezogen worden, die in erster Linie als Neuroleptika bei neurologisch-psychiatrischen Krankheiten eingesetzt, nur noch im Einzelfall bei Allergien verschrieben würden.
Grundsätzlich sei die Tatsache, dass ein Medikament verschrieben worden sei, nicht geeignet, um daraus die Ursache für weitere, neu aufgetretene Krankheiten wie hier Allergien abzuleiten. Auch sei in der Studie nicht hinreichend unterschieden worden, um welche Allergien es überhaupt ging.
Confounding factors nicht berücksichtigt
Außerdem, so Koop, seien zusätzliche Informationen über die Patienten („confounding factors“) in der Studie nicht berücksichtigt worden. „Es ist wissenschaftlich gesichert, dass sich Patienten, die beispielsweise einen PPI einnehmen, deutlich von anderen Patienten unterscheiden: Sie sind in aller Regel älter, haben mehr Begleiterkrankungen, nehmen mehr Medikamente. Dieser Einfluss konnte in der aktuell veröffentlichten Studie nicht evaluiert werden, weil die Untersucher offensichtlich keinen Zugang zu solch wichtigen Daten bezüglich der Medikation – oder besser noch zu Diagnosedaten – hatten“, so Koop in der Mitteilung der DGVS.
Die DGVS kritisiert, dass Patienten mit gesicherter Indikation für eine säurehemmende Therapie durch die Veröffentlichung unnötig verunsichert werden. Zugleich betont die Fachgesellschaft, dass Patienten bei freiverkäuflichen Magensäureblockern darauf achten sollten, diese über längere Zeiträume nicht ohne Absprache mit dem Hausarzt einzunehmen. (eb)