Transplantation
Lang leben nach Lebend-Leberspende
Erhalten Patienten mit Leberversagen eine Lebend-Leberspende, haben sie offenbar eine genauso gute Prognose, als wenn sie das Organ von Verstorbenen transplantiert bekommen. Hinweise darauf liefert eine kanadische Studie. Bislang sind Studienergebnisse zu diesem Thema rar.
Veröffentlicht:TORONTO. Bisher gab es nach Ansicht kanadischer Chirurgen um Dr. Nicolas Goldaracena vom Toronto General Hospital nur wenige Daten über den Erfolg der Transplantation von Lebend-Leberspenden im Vergleich zur postmortalen Transplantation. Deshalb werteten sie die Ergebnisse von Transplantationen aus, die zwischen 2006 und 2013 an ihrer Klinik bei Erwachsenen vorgenommen worden waren (Transplant 2015; online 19. März).
In diesem Zeitraum erhielten sieben Patienten mit einem akuten Leberversagen jeweils eine Teilleber eines gesunden Spenders. Insgesamt 26 Patienten wurde jeweils das Organ eines Verstorbenen transplantiert. Das sei die größte Studie dieser Art an einer einzigen Klinik.
Patienten, bei denen jeweils die Übertragung eines rechten Leberlappens meist eines nahen Verwandten vorgesehen war, hatten ein Leberversagen mit einem MELD-Score von 37 (+/- 4), die Patienten der Vergleichsgruppe einen Score von 37 (+/- 6).
Maximal 40 Punkte können erreicht werden. Die Patienten hatten also alle die gleiche, sehr schlechte Prognose. Im Zusammenhang mit der Aufenthaltsdauer auf der Intensivstation vor der Transplantation, der maschinellen Beatmung, dem Bedarf an inotroper Medikation und einer erforderlichen Dialyse gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Studiengruppen.
Wie Goldaracena und seine Kollegen berichten, war die postoperative Komplikationsrate in beiden Gruppen nicht signifikant unterschiedlich. Sie lag in der Gruppe der Patienten mit einer Lebendspende bei 31 Prozent, in der Vergleichsgruppe bei 43 Prozent.
Kein Unterschied bei Langzeitüberleben
Nicht zuletzt beim Langzeitüberleben unterschieden sich die Gruppen nicht. Nach einem Jahr, nach zwei und fünf Jahren lebten in der Gruppe mit Verpflanzungen von Lebendspender-Teilorganen noch jeweils 86 Prozent der Patienten, in der Kontrollgruppe nach postmortaler Spende jeweils noch 92 Prozent.
Die Chirurgen weisen darüber hinaus darauf hin, dass nach einem medianen Follow-up von 58 Monaten alle Lebendspender weiterhin gesund seien und ihre Lebensqualität nicht eingeschränkt sei. Keiner habe nach der Spende des Leberlappens eine psychologische Unterstützung benötigt.
Im Mittel sei ein Klinikaufenthalt von sechs Tagen erforderlich gewesen - mindestens ein Tag und maximal neun Tage. Auch innerhalb der ersten 30 Tage nach der Operation seien keine schweren Komplikationen aufgetreten, und zwar beurteilt anhand der Dindo-Clavien-Klassifikation (= 3b). Das wären Zustände mit Interventionsbedarf unter Vollnarkose bis zum Tod des Patienten (Grad 5).
Die Ergebnisse der retrospektiven Analyse bestätigen nach Ansicht der Ärzte, dass die Teilleber-Lebendspende bei Patienten mit akutem Leberversagen eine Option mit "exzellentem Kurz- und Langzeitergebnis" sei, zumal die Sterberate von Patienten mit akutem Leberversagen auf der Warteliste für eine Transplantation hoch sei.
Einschränkend erinnern sie daran, dass die Studie nur an einer einzigen Klinik vorgenommen wurde und deshalb die Ergebnisse nicht zu verallgemeinern seien.
DSO: Lebend-Spenden sind selten
Nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) wurden in Deutschland im Jahr 2013 insgesamt 884 Lebertransplantationen nach postmortalen Organspenden vorgenommen. 83 Patienten erhielten Teillebern lebender Spender, was einem Anteil von 8,3 Prozent entspricht. Meist waren das Übertragungen von Eltern auf ihre Kinder.
Die Fünf-Jahres-Funktionsrate nach einer Lebertransplantation liege bei der Verpflanzung von postmortal gespendeten Organen bei 52,6 Prozent. Bei der Transplantation nach einer Lebendspende liege die Funktionsrate bei 60,7 Prozent.