Studie

Lebenserwartung wird 90 Jahre übersteigen

Lange haben Experten daran gezweifelt: In manchen Ländern könnte die Lebenserwartung bis 2030 auf 90 Jahre steigen. Auch die Deutschen werden älter - und die Kluft zwischen Männern und Frauen schrumpft.

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Die Menschen in den Industrienationen werden immer älter, die Lebenserwartung von 90 Jahren nicht mehr weit entfernt.

Die Menschen in den Industrienationen werden immer älter, die Lebenserwartung von 90 Jahren nicht mehr weit entfernt.

© Ingo Bartussek / Fotolia

LONDON. Die Lebenserwartung von Menschen in Industrienationen könnte im Jahr 2030 auf über 90 Jahre steigen - daran hatten manche Forscher noch um die Jahrhundertwende gezweifelt. Zu diesem Ergebnis kommt ein Team um Vasilis Kontis vom Imperial College London nach der Analyse von Daten aus 35 Ländern, darunter Deutschland. Die Studie in der Fachzeitschrift "The Lancet" zeigt auch, dass die Kluft zwischen Männern und Frauen in der Lebenserwartung voraussichtlich schrumpfen wird.

Die Forscher errechneten mithilfe eines statistischen Modells und anhand der Geburts- und Sterbedaten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die zukünftige Lebenserwartung in den 35 Industriestaaten. Das Ergebnis: Für Männer wird die Lebenserwartung in allen Ländern mit einer Wahrscheinlichkeit von mindestens 85 Prozent ansteigen, für Frauen mit einer Wahrscheinlichkeit von 65 Prozent.

Doch die Studie benennt regionale Unterschiede: Eine Lebenserwartung von über 90 Jahren werden Frauen demnach in Südkorea im Jahr 2030 mit einer Wahrscheinlichkeit von 57 Prozent erreichen. Das halten die Autoren deswegen für erstaunlich, da manche Experten noch um die Jahrhundertwende angenommen hatten, das Erreichen der 90-Jahre-Grenze sei schlicht unmöglich. Fast so alt wie die Südkoreanerinnen werden der Studie zufolge Frauen aus Frankreich, Spanien und Japan.

Auch in Deutschland werden die Menschen weiterhin älter. Aktuell liegt die Lebenserwartung von Männern hierzulande bei rund 78 Jahren. Bis 2030 wird sie der Studie zufolge auf fast 82 steigen. Deutsche Frauen werden im Jahr 2030 eine Lebenserwartung von knapp 86 Jahren haben - ein Anstieg um drei Jahre.

Die Daten zeigen außerdem, dass auch generell der Unterschied in der Lebenserwartung zwischen Frauen und Männern schrumpft. Dass Frauen in den untersuchten Ländern älter werden als Männer, liegt hauptsächlich daran, dass Männer dort öfter tödliche Verletzungen erleiden und häufiger Verhaltensweisen wie etwa Rauchen zeigen, die ihr Risiko für Krankheiten wie Lungenkrebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen.

"Unsere Prognosen zu höherer Lebenserwartung belegen die Erfolge im Gesundheitswesen", wird Studienleiter Majid Ezzati in einer "Lancet"-Mitteilung zitiert. "Aber es ist wichtig, dass die Politik die zunehmende ältere Bevölkerung unterstützt." (dpa)

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Kommentare
Horst Grünwoldt 23.02.201712:15 Uhr

Lebenserwartung

Die statistische Erhebung einer "durchschnittlichen" Lebenserwartung duch die Demoskopen als Mittelwert, erscheint mir ziemlich absurd.
Schließlich ist menschliches Leben etwas ganz und gar Individuelles.
Wenn ich jetzt auch schon die Todesanzeigen in der Presse am Wochenende -alleine schon wegen der interessanten Namen meiner Zeitgenossen- studiere, dann fällt mir immer wieder auf, dass faktisch Angehörige aller Alterskohorten schon früh oder erst spät aus dem Leben geschieden sind.
Wie der kluge Arzt Dr. Schätzler wieder richtig feststellt, hängt die Lebenserwartung einzelner Menschen zunächst vom (unberechenbaren) persönlichen Schicksal in der nächsten Zukunft, und die einer "Lebenszeit"-Gemeinschaft natürlich auch von den gesellschaftlichen Lebensumständen ab, die gar nicht Jahrzehnte voraus bestimmbar sind. Es sei denn durch die rosarote Brille.
Insofern ist das Versprechen oder die Prognose, dass die im Jahre 2030 Geborenen "durchschnittlich" 90 Jahre alt werden, unhaltbar.
Dr. med. vet. Horst Grünwoldt (Jg. 1945), Rostock

Horst Grünwoldt 23.02.201700:09 Uhr

Lebens-Erwartung

Die Mittelwerte der Statistiker, insbesondere der Demoskopen, halte ich für ganz und gar irrelevant und lebensfern! Der Blick in die Wochenend-Zeitungen und deren Todesanzeigen beweisen, dass Lebenserwartung und Sterben ein absolut induviduelles Ereignis, und überhaupt nicht zu "mitteln" ist.
Dort finden sich nämlich alle Altersgruppen vom Kind bis zum Greis, aus welchen Sterbeursachen auch immer. Insofern ist die Aussicht auf ein menschliches Leben bis "90" Jahre ein unerfüllbares Versprechen.
Dr. med. vet. Horst Grünwoldt, Rostock

Thomas Georg Schätzler 22.02.201711:48 Uhr

35 Industrieländer nicht stellvertretend für diese Welt!

Die Geburts- und Sterbedaten der Weltgesundheitsorganisation (WHO), welche die zukünftige Lebenserwartung in den 35 Industriestaaten beschreiben, sind durch das systematische Weglassen der übrigen Länder dieser Welt weder repräsentativ noch aussagekräftig.

Die Lebenserwartung der Weltbevölkerung ist seit 1980 um mehr als zehn Jahre auf 69,0 Jahre bei Männern und 74,8 Jahren bei Frauen gestiegen. Ihre Limitierung ist bedingt durch Umweltproblematik, Überbevölkerung, Versorgungs- und Ressourcenknappheit, Migration, Genetik, Epigenetik. Das Institute for Health Metrics and Evaluation (IHME) beschreibt Krieg, Adipositas und Drogenmissbrauch als Ursachen.
http://www.healthdata.org/news-release/increase-global-life-expectancy-offset-war-obesity-and-substance-abuse

Aber es gibt weitaus mehr Dinge, welche die Zunahme der Lebenserwartung gefährden, und damit weitaus mehr, als sich alle Schönredner zusammenreimen möchten.

Alkohol- und Zigaretten-, Zucker- und Kohlenhydratkonsum, Bewegungsmangel, Fehlernährung, aber auch Endothelschäden, neue Krankheitserreger, Umweltbelastungen, Armut, Hunger und Not, Mangelversorgung, Kriege, Terrorismus, Fundamentalismus und der globale Verteilungskampf um die ökonomische und politische Vorherrschaft, ja selbst die Spaltung zwischen Arm und Reich oder der Zugang zu sauberem Trinkwasser und unbelasteten Nahrungsmitteln können zusätzlich die Lebenserwartung verringern oder "quality of life"-Ansprüche schmälern.

Musterbeispiel USA: Die immer weiter aufgehende Schere zwischen der Unterschicht mit stark sinkender Lebenserwartung kann gar nicht mehr durch die wesentlich höhere Lebenserwartung der Oberschicht kompensiert werden, so dass die allgemeine Lebenserwartung aktuell stagniert und sinkt.

Paradox ist auch folgendes: Konzerne, die ihre Geschäftspolitik im Informatik-Zeitalter nahezu ausschließlich auf Konsumentinnen und Konsumenten in postindustriellen Gesellschaften mit hoher Innovationgeschwindigkeit ausgerichtet haben, tragen eher zur Verschwendung der "Habenden" als zur Umverteilung für die "Nicht-Habenden" bei, und limitieren damit die Lebenserwartung einer globalen Unterschicht von Unterprivilegierten.

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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