Aktuelle Metaanalyse

Mittagsschlaf soll Blutdruck in die Höhe treiben

Ein Nickerchen am Tage erhöht einer aktuellen Metaanalyse zufolge das Risiko für Bluthochdruck. In einer früheren Studie wiesen Mittagsschläfer niedrigere Blutdruckwerte in der 24-Stunden-Messung auf. Welcher Analyse soll man glauben?

Von Veronika Schlimpert Veröffentlicht:
Forscher spekulieren, was der Grund für die erhöhten Blutdruckwerte bei Mittagsschläfern ist.

Forscher spekulieren, was der Grund für die erhöhten Blutdruckwerte bei Mittagsschläfern ist.

© Robert Kneschke / fotolia.com

NEW YORK. Schlechte Nachrichten für Mittagsschläfer: Ein Nickerchen während des Tages scheint mit einem erhöhten Risiko für Bluthochdruck assoziiert zu sein, dies zumindest lässt das Ergebnis einer aktuellen Metaanalyse aus den USA vermuten.

Der ein oder andere am Blutdruck Interessierte wird bei dieser Hiobsbotschaft stutzen. Denn auf dem letztjährigen Kongress der European Society of Cardiology (ESC) hatte man genau das Gegenteil vernommen: Damals hieß es, dass Menschen, die - wie gerade in Südeuropa üblich - regelmäßig Siesta machen, niedrigere 24-Stunden-Blutdruckwerte aufweisen als Nichtmittagsschläfer. Beobachtet hatte man diesen positiven Effekt des Mittagsschlafes in einer griechischen Kohortenstudie mit 386 Teilnehmern.

Metaanalyse zeigt erhöhtes Risiko

In der besagten Metaanalyse allerdings war das relative Risiko für Personen, die regelmäßig ein Nickerchen machten, an Bluthochdruck zu erkranken, um 13 Prozent erhöht. Beschränkten sich die Studienautoren um Dr. Wisit Cheungpasitporn von der Mayo Clinic in Rochester in ihrer Analyse auf Personen, die sich ausschließlich tagsüber ein Nickerchen gegönnt hatten, stieg das Risiko im Vergleich zu Nichtmittagsschläfern sogar um 19 Prozent.

Im Falle von Schichtarbeitern sieht die Situation nochmal anders aus. In einer der eingeschlossenen Beobachtungsstudien etwa hatten jene Arbeiter, die während der Nachtschicht regelmäßig ein Nickerchen eingelegt hatten, ein niedrigeres Hypertonie-Risiko (Odds Ratio: 0,79).

Insgesamt haben Cheungpasitporn und Kollegen für diese Metaanalyse Daten aus neun Beobachtungsstudien mit 112.000 Teilnehmern ausgewertet. Die Ergebnisse wurden auf dem diesjährigen Kongress der American Society of Hypertension (ASH) präsentiert.

Limitierte Aussagekraft

Wie so oft bei solchen Assoziationsstudien kann man über die Hintergründe der vermeintlich entdeckten Zusammenhänge wohl nur spekulieren. Führen die bekanntermaßen nach dem Aufwachen kurzzeitig erhöhten Blutdruckwerte auch langfristig zu einem Bluthochdruck? Entscheidet vielleicht die Länge des Mittagsschlafes über die Ausprägung des Risikos? Das sogenannte "Power Napping" etwa könnte doch risikoärmer sein als der ausgedehnte Mittagsschlaf.

Oder besteht gar keine Kausalität zwischen Mittagsschlaf und Bluthochdruck und es gibt ganz andere Gründe, mit denen sich diese statistische Assoziation erklären lässt.

So könnten bei Personen, die tagsüber häufig schlafen, spezielle Bedingungen vorherrschen, die eine ausgeprägte Tagesmüdigkeit bedingen, etwa eine obstruktive Schlafapnoe.

 Diese Menschen wären dann per se schon einem erhöhten Hypertonie-Risiko ausgesetzt und diese Risikoerhöhung hat gar nichts mit dem Mittagsschlaf zu tun. Es bleibt also spannend, was Forscher diesbezüglich noch herausfinden werden. Das Blatt wird sich dann vielleicht erneut wenden.

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Kommentare
Dr. Wolfgang P. Bayerl 01.06.201620:58 Uhr

Die "Widersprüche" sind erklärbar!

Denn Schlaf hat "statistisch" leider 2 Seiten, nicht nur die nützliche.
Genau genommen ist es kausal eher nicht der Schlaf, sondern das, was man in der Zwischenzeit tut oder unterlässt.
Dieses "Nicht-tun" oder zu wenig tun an Aktivität aller Art kann man auch statistisch als Schlafdauer erfassen.
Hierzu gibt es doch die fast legendären Untersuchungen des (emeritierten) Daniel F. Kripke mit seinem Team aus San Diego, USA mit einer Großstudie über mehr als einer Million Menschen, die (ab 1984) bis zu ihrem Tod verfolgt wurden und hier zeigten Menschen (statistisch) mit 7 Stunden Gesamt-Schlafdauer die höchste Lebenserwarten, auch solche, die dabei über Schlafstörungen klagten. Mehr als diese magischen 7 Stunden Schlaf bei Erwachsenen führt also auch zu gesundheitlichen Nachteilen.
Von dem "Mittagsschläfchen" profitieren daher die Kurzschläfer, hier kommt es auch zu Blutdrucksenkungen, und den Langschläfern schadet es eher. "Wer viel schläft, wird immer müder".
Lebenskraft und Lebenswille zeigt sich in Aktivität.
Dass man auch "zu viel" Schlafen kann irritiert auch so manchen "Schlafforscher", jedoch keiner von ihnen kommt auch nur annähernd an die Zahlen von Kripke et.al. der sich auch mit den Nachteilen von Schlaftabletten befasst hat (Schlafqualität).
Alle Schlafexperten sind sich allerdings darin einig, dass die wirksamste Methode Schlafstörungen zu beseitigen im Schlafentzug liegt.

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