Phyto-Forum
Mönchspfeffer wirkt anti-östrogen
Ein Kollege fragt im Internet, auf welchem Weg ein Phytopharmakon die Schmerzen bei Mastodynie nimmt.
Veröffentlicht:Frage: Mönchspfeffer soll bei prämenstruellem Brustschmerz wirksam sein. Was ist der vermutete Mechanismus?
Dr. Rainer C. Görne: Nach Literaturangaben leiden ca. 70 Prozent aller Frauen im gebärfähigen Alter meist mehrere Tage in ihrer zweiten Zyklushälfte unter Brustschmerzen (Mastodynie) deren Schmerzintensität stark variieren kann.
Als Ursache für diese Beschwerden, die an und für sich harmlos sind, wird der zyklische Verlauf der Freisetzung weiblicher Hormone angesehen.
Während in der ersten Hälfte des Zyklus Estradiol im Plasma stetig ansteigt, wird die zweite Hälfte des Zyklus durch das Gleichgewicht von Estradiol und Progesteron bestimmt, wobei die Plasmaspiegel beider Hormone zum Zyklusende hin stetig abnehmen.
Überwiegt Estradiol gegenüber Progesteron, kann hieraus eine Zunahme des Brustdrüsenvolumens unter anderem durch Ödembildung resultieren.
Dies wird als Ursache der Brustbeschwerden angesehen. Frauen, die an Mastodynie leiden, zeigen häufig auch weitere Symptome des sog. prämenstruellen Syndroms.
Seit alters her werden als pflanzliche Alternative bei solchen Beschwerden die Zubereitungen aus Früchten des Mönchspfeffers (Vitex agnus-castus) genutzt, da sie "anti-östrogene" Eigenschaften besitzen sollen.
Experiment mit Meerschweinchen
Eines der in diesem Zusammenhang am meisten zitierten Experimente über die pharmakologischen Wirkungen von Mönchspfeffer wurde von HALLER an der Uni Göttingen in den frühen 1960er Jahren durchgeführt.
Weiblichen Meerschweinchen wurde Vitex Tinktur für 90 Tage oral gegeben. Am Ende dieser Zeit wurde festgestellt, dass bei "therapeutischen" Dosen Agnus castus eine deutliche Abnahme Östrogen-vermittelter Wirkungen und eine Zunahme Progesteron-vermittelter Wirkungen zeigte.
Dieser Effekt wird durch die Hypophyse vermittelt: Die Sekretion von Follikel stimulierendem Hormon (FSH) wird verringert, jene von Gelbkörperhormon (LH) und Prolaktin erhöht.
In den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurde dann in vitro gezeigt, dass ein methanolischer Extrakt aus Mönchspfefferfrüchten radioaktiv markiertes Estradiol sowohl von den Bindungsstellen des alpha-Estrogenrezeptors (ER-a), als auch des beta-Estrogenrezeptors (ER-ß) zu verdrängen vermochte.
Eine Vielzahl klinischer Studien, die zwischen 1983 und 2008 durchgeführt wurden, konnte die Wirksamkeit von Zubereitungen aus Früchten des Mönchspfefferns bei der Behandlung der Mastodynie als auch des prämenstruellen Syndroms (PMS) belegen.
Dr. Rainer C. Görne: Facharzt für Pharmakologie und Toxikologie, Facharzt für Klinische Pharmakologie, Diabetologie, Neustadt a. d. Weinstraße