Forschung zu Zellsensoren
Nachwuchspreis für Dr. Ablasser
Sensoren spüren fremde DNA in Zellen auf und können eingedrungene Viren erkennen. Für Forschung zu DNA-Sensoren erhält Dr. Andrea Ablasser den Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Nachwuchspreis.
Veröffentlicht:Dr. Andrea Ablasser
Tätigkeit: Die Preisträgerin arbeitet am Institut für Klinische Chemie und Klinische Pharmakologie der Universität Bonn. In Kürze wird sie eine Assistenzprofessur an der TH in Lausanne in der Schweiz antreten..
Werdegang: Die 1983 geborene Forscherin studierte Medizin an der LMU in München, wo sie 2010 auch promovierte. Teile ihrer Ausbildung verbrachte sie in Oxford und in Harvard.
FRANKFURT/MAIN. Der mit 60.000 Euro dotierte Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Nachwuchspreis 2014 geht an die in Bonn tätige Immunologin Dr. Andrea Ablasser. Die Ärztin erhält die Auszeichnung, weil "ihre Forschung zeigt, wie das Immunsystem Viren und Bakterien erkennt", heißt es in der Begründung des Stiftungsrats der Paul Ehrlich-Stiftung.
Das Immunsystem der Säugetiere verfügt über eine angeborene und eine adaptierte Immunabwehr. Die angeborene Immunabwehr erkennt Feinde an ihren spezifischen Mustern oder molekularen Signaturen. Beim Erstkontakt informiert sich das angeborene Immunsystem auch über die Art und den Kontext der Bedrohung, damit es eine auf die Gefahrenlage zugeschnittene Immunreaktion in Gang setzen kann.
Zu den häufigsten Feinden gehören Viren. Sie kommen mit DNA oder RNA im Gepäck, und weil sie außer diesen Nukleinsäuren fast nichts dabei haben, gibt es auch nicht viel, woran sie zu erkennen sind.
"Virale DNA wird vor allem deshalb als fremd erkannt, weil sie an der falschen Stelle in der Zelle auftaucht", sagt Andrea Ablasser. "Nämlich außerhalb des Zellkerns". Dort wird sie von DNA-Sensoren entdeckt, die sich auf unterschiedliche Viren spezialisiert haben. Über die Tatsache, welcher Sensor anspricht, erhält das Immunsystem einen ersten Eindruck davon, wer der Angreifer ist.
DNA-Sensor entdeckt
Ablasser hat mit verschiedenen DNA-Sensoren gearbeitet und einen neuartigen Botenstoff entdeckt. Die junge Wissenschaftlerin, die zur Zeit als Nachwuchsgruppenleiterin am Institut für Klinische Chemie und Klinische Pharmakologie der Universität Bonn tätig ist, hat durch viele hochrangige Veröffentlichungen auf sich aufmerksam gemacht.
Einer der von Ablasser bearbeiteten DNA-Sensoren aktiviert eine Nanomaschine, die passende Botenstoffe für eine angemessene Immunreaktion produziert. Dieser Sensor reagiert auf Pockenviren und Listerien.
Ein von Ablasser entdeckter DNA-Sensor sorgt dafür, dass die nötigen Gene für eine maßgeschneiderte Abwehr abgelesen werden. Er reagiert zum Beispiel auf Epstein Barr-Viren. Ein dritter DNA-Sensor erkennt viele Viren und vermutlich sogar einige Bakterien. Er informiert die angrenzenden Zellen über die Bedrohung.
Dabei hilft ihm ein unkonventioneller Botenstoff, den Ablasser entdeckt hat. Dieser unkonventionelle Botenstoff wandert durch spezialisierte Kanäle in die Nachbarzellen und versetzt sie in Alarmbereitschaft. Diese Zellen bereiten sich dann auf den Angriff vor, ohne selbst mit der Bedrohung in Berührung gekommen zu sein.
"Das System funktioniert wie eine Rohrpost" erklärt Ablasser. "Die infizierten Zellen verhindern dadurch, dass sich der Angreifer weiter ausbreitet".
Erkenntnisse auf dem Weg zur Immuntherapie
Die Arbeiten der Nachwuchspreisträgerin sind für die Medizin von einiger Bedeutung. Je besser Forscher verstehen, wie sich das angeborene Immunsystem über Art und Kontext einer Bedrohung informiert, desto besser können Autoimmunerkrankungen behandelt werden.
Bei Autoimmunerkrankungen unterscheidet das Immunsystem nicht korrekt zwischen fremd und selbst. Ablassers Arbeiten tragen auch dazu bei, bessere Impfstoffe für die Immuntherapie zu entwickeln - etwa gegen Krebs. (eb)
Lesen Sie dazu auch: Antikörperforschung: Paul Ehrlich-Preis für deutschen Immunologen