NestWerk holt Jungen von der Straße
HAMBURG (dpa). Im TV-Studio empfängt Reinhold Beckmann Stars wie Heidi Klum oder Boris Becker. Taucht der 50jährige selbst irgendwo auf, steht er prompt im Blitzlichtgewitter. Doch bei seinen Besuchen in einer Turnhalle in Hamburg-Rahlstedt muß der ARD-Moderator nicht mit großer Aufmerksamkeit rechnen. "Hauptsache, wir können Fußball spielen. Mehr interessiert uns nicht", sagen vier der Jungs, die regelmäßig zum Kicken in die Halle kommen.
Dabei ist es Beckmanns Initiative NestWerk, die Jugendliche in benachteiligten Stadtteilen mit Sportangeboten von der Straße holt. "Die Vorfälle an der Berliner Rütli-Schule oder in Pariser Vororten zeigen doch, wie wichtig solche Projekte sind", meint der Sportkommentator.
"In Hamburg gibt es Stadtteile, in denen der Ausländeranteil um die 70 Prozent liegt. Da sind viele Jugendliche darunter, die derzeit kaum eine Perspektive in unserer Gesellschaft haben", sagt Beckmann. "Über Integration darf nicht nur geredet, sondern es muß auch aktiv etwas getan werden." Der Talkmaster, der mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Hamburg lebt, und seine Freunde engagieren sich seit sieben Jahren in strukturschwachen Vierteln.
"Leider haben Jugendliche zwischen zwölf und 18 Jahren so gut wie keine Lobby", kritisiert Beckmann. Er kennt solche Probleme durch seine frühere Arbeit in einer Jugendbildungsstätte. "Dabei ist unsere Idee relativ einfach: NestWerk öffnet Turnhallen zu Zeiten, an denen sie normalerweise nicht genutzt werden - also am Freitagabend und am Wochenende. Das ist genau die Zeit, in der Jugendliche häufig sich selbst überlassen sind", erläutert er.
Fußball, Basketball, Volleyball oder Badminton können die Jugendlichen beim "Midnight Sport" spielen, ohne sich anmelden zu müssen. "Mitglied in einem Verein zu sein, finden Jugendliche oft nicht gerade cool", so NestWerk-Sozialpädagoge Christoph Ebenthal. "Deshalb ist auch nicht wichtig, wer ihnen die Halle anbietet, sondern nur, daß sie offen steht."
Daneben unterstützt NestWerk den "Jamliner" der Jugendmusikschule, in dem Jugendliche ihre eigene CD aufnehmen können. Drittes Projekt sind die "Straßenfußball-Turniere für Toleranz": Unterschiedliche Nationen und Geschlechter spielen dabei zusammen in einer Mannschaft ohne Schiedsrichter.