Phase-II-Studie
Neues Alzheimermedikament: Antikörper bremst kognitiven Abbau um ein Drittel
Positive Signale zu einem neuen Alzheimermedikament: Der gegen Beta-Amyloid gerichtete Antikörper Donanemab konnte in einer Phase-II-Studie den kognitiven Abbau bei leichter Alzheimerdemenz um 32 Prozent verlangsamen.
Veröffentlicht:Das Wichtigste in Kürze
Frage: Lässt sich die Alzheimerprogression mit dem Antikörper Donanemab bremsen?
Antwort: In der Phase-2-Studie TRAILBLAZER-ALZ wurde die kognitiv-funktionelle Progression im Vergleich zu Placebo mit dem Amyloid-Antikörper um ein Drittel reduziert.
Bedeutung: Möglicherweise verzögert der Antikörper eine Alzheimerdemenz.
Einschränkung: Relativ kleine Studie, noch keine detaillierten Resultate.
Indianapolis. Gute Nachrichten in der Alzheimerforschung sind in den vergangenen Jahren selten geworden. Umso mehr lässt eine Meldung zu dem Antikörper Donanemab von Lilly aufhorchen. Wie das Unternehmen bekannt gibt, konnte der gegen Beta-Amyloid-Ablagerungen gerichtete Antikörper in einer Phase-II-Studie den kognitiven Abbau von Patienten mit leichten Alzheimersymptomen deutlich bremsen. Nach der Veröffentlichung dieser Top-Line-Resultate stieg der Aktienkurs um 19 Prozent und der Börsenwert um etwa 20 Milliarden Euro. Die Hoffnung auf eine wirksame Alzheimertherapie beflügelt also noch immer die Fantasie der Anleger. Diese könnten jedoch rasch wieder enttäuscht werden – in Phase II haben schon etliche Ansätze gegen Alzheimer geglänzt, in Phase III noch keiner.
Mit Donanemab (LY3002813) geht Lilly immerhin einen anderen Weg als die Konkurrenten: Der Antikörper bindet gezielt an einen Abschnitt in aggregiertem Beta-Amyloid (p3–42) und soll vor allem das in den Amyloidplaques befindliche N3-Pyroglutamat-modifizierte Beta-Amyloid aus dem Gehirn ziehen. Diese Beta-Amyloid-Form hat eine äußerst ausgeprägte Aggregationsneigung und gilt als wesentlicher Faktor der Plaquebildung. Andere Amyloid-Antikörper zielen auf lösliche Oligomere. Einige Forscher vermuten, dass diese und nicht aggregierte Amyloidformen toxisch sind und die Erkrankung vorantreiben. In großen Studien blieben überzeugende Erfolge mit solchen Ansätzen bislang jedoch aus, aber auch Untersuchungen mit anderen Plaque-bindenden Antikörpern waren bisher nicht erfolgreich.
Vorteile auch bei sekundären Endpunkten
Mit Donanemab wollen Forscher die Alzheimerpathologie von ihrem Ende her angehen: Werden die Amyloidplaques rasch aus dem Gehirn entfernt, normalisiert sich auch der übrige Amyloidstoffwechsel, so die Hypothese. Immerhin scheint die rasche Auflösung der Plaques gut zu klappen. In der Studie TRAILBLAZER-ALZ wurden die Patienten auch nur so lange behandelt, bis die Amyloidlast der von gesunden Personen entsprach. Im Idealfall wäre mit dem Antikörper also keine kontinuierliche Dauertherapie nötig, sondern es müssten nur gelegentlich ein paar Infusionen gegeben werden, um die erhöhten Amyloidwerte zu senken.
An der Studie nahmen 272 Patienten mit einer leichten Alzheimerdemenz teil. Sie mussten Auffälligkeiten in der Tau- und Amyloidbildgebung vorweisen und über zunehmende Gedächtnisprobleme klagen, die seit mindestens sechs Monaten persistierten. Der Mini-Mental-Status-Score (MMST) sollte zu Beginn im Bereich von 20–28 Punkten liegen.
32 Prozent geringerer kognitiver Abbau
Als primären Endpunkt wählten die Forscher einen kombinierten Score aus ADAS-cog und ADAS-ADL, die sogenannte „Integrated Alzheimer’s Disease Rating Scale (iADRS)“. Sie umfasst neben der Kognition auch die Alltagsfunktion. Wie Lilly berichtet, war der kognitiv-funktionelle Abbau bezogen auf die iADRS-Werte im Laufe von 18 Monaten unter Donanemab um 32 Prozent geringer als unter Placebo. Die Progression der Erkrankung ließ sich danach signifikant um etwa ein Drittel reduzieren. Auch für sämtliche sekundären Endpunkte mit anderen Kognitions- und Funktionsskalen deuteten sich Vorteile unter dem Antikörper an, wenngleich diese nicht immer signifikant waren, heißt es in der Mitteilung des Unternehmens.
Die Amyloidlast ließ sich mit dem Antikörper im Mittel um über 80 Prozent senken. Detaillierte Resultate will das Unternehmen bald auf Kongressen vorstellen.
Derzeit wird die Studie mit einem Teil der Patienten fortgeführt, zudem ist die Untersuchung TRAILBLAZER-ALZ 2 mit rund 500 Patienten angelaufen. Auch hier nehmen Patienten mit leichter Alzheimerdemenz teil. Erste Ergebnisse werden für Ende 2023 erwartet.