Rheuma bei Kindern
"Off Label nach wie vor Standard"
In der Kinderrheumatologie sind Ärzte oft auf eine Off-Label-Behandlung angewiesen. Das wird sich so schnell nicht ändern.
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Zu Rheuma bei Kindern gibt es kaum klinische Studien.
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FRANKFURT / MAIN. Kinder mit rheumatischen Erkrankungen müssen immer noch zu oft Off Label behandelt werden. "Off Label ist nach wie vor und sicherlich auch noch lange Zeit Standard", kritisierte Professor Gerd Horneff, Asklepios Kinderklinik Sankt Augustin, zum Auftakt des Rheuma-Kongresses in Frankfurt am Main.
Es existierten kaum klinische Studien für einige – eher seltene – Krankheiten bei Kindern, so Horneff. Das mache in vielen klinischen Situationen eine Off-Label-Therapie nötig. Horneff führte hier eine Untersuchung am Kinderkrankenhaus der Uniklinik Düsseldorf an.
Das Ergebnis: 61 Prozent der Kinder erhielten mindestens eine Off-Label-Verschreibung, der Anteil dieser Verordnungen an der Gesamtheit der Verschreibungen lag bei 31 Prozent.
Off-Label-Use gelebte tägliche Praxis
Diese hohe Rate werde auch in der Analyse von Krankenkassendaten bestätigt, nach denen die Off-Label-Verordnung bei Kindern ambulant bei 10 bis 20 Prozent und stationär bei 30 bis 70 Prozent liege, so Horneff.
Die Off-Label-Therapie sei demnach eine gelebte tägliche Praxis bei der Versorgung von Kindern, besonders von schwer erkrankten, stationär behandelten.
Für den Kinderarzt ein Unding: "Es kann nicht sein, ich kann doch Menschen, die krank werden, nicht schlechter deswegen behandeln, weil sie Kinder sind!"
Therapie bei Kindern schlicht schwieriger
Die schlechtere Behandlung von Kindern äußere sich zum Beispiel darin, dass Therapieziele, etwa ein krankheitsfreies, symptomfreies Leben oder eine Remission der Erkrankung sehr viel schlechter erreicht werden könne als für Erwachsene.
Dazu komme das Sicherheitsrisiko für den jungen Patienten. Nach zwei Analysen seien unerwünschte Arzneimittelwirkungen bei stationären Off-Label-Therapien mit sechs Prozent deutlich häufiger gewesen als innerhalb der Zulassung (3,9 Prozent). Für ambulante Verordnungen lag der Wert mit 34 Prozent versus 1,4 Prozent ebenfalls deutlich höher.
Horneff wies in Frankfurt darauf hin, dass es in der Kinderrheumatologie bei Therapieversagen oder Unverträglichkeiten oft an Alternativen mangele. In der Therapie bei bedeutsamen, weil häufiger vorkommenden und mit dem Risiko von Schäden einhergehenden Erkrankungen seien Ärzte auf eine Off-Label-Therapie angewiesen.
Dies treffe etwa für die juvenile Spondylarthropathie-assoziierte chronische Uveitis zu, für deren leitliniengerechte Therapie Methotrexat und anti-TNF-Antikörper zwar nötig, aber eben nicht zugelassen seien.
Weitere Beispiele seien SLE und die Lupusnephritis, eine Vielzahl von genetischen autoinflammatorischen Erkrankungen und Vaskulitiden bei Kindern. In der Konsequenz würden Kinder und Jugendliche mit rheumatischen Erkrankungen also zu spät oder unzureichend oder nicht der aktuellen Behandlungsmöglichkeiten entsprechend behandelt.