Alkohol-Abhängigkeit
Off the Label-Mittel werden beforscht
Immer wieder werden bei der Alkoholentwöhnung Off-Label-Therapien eingesetzt und auch beforscht. Uneingeschränkt empfohlen werden kann keine davon.
Veröffentlicht:BERLIN. Etwa 85 Prozent der Alkoholabhängigen erleiden nach einem Entzug innerhalb eines Jahres einen Rückfall. Verständlich, dass immer wieder neue Medikamente evaluiert werden, um diese Quote zu verbessern.
Als ineffektiv angesehen werden könne Levetiracetam, sagte Dr. Christian Müller, Leiter der Suchtambulanz der Charité Berlin im St. Hedwig Krankenhaus beim Deutschen Suchtkongress in Berlin. So gab es vor kurzem zwei placebokontrollierte Studien, die weder bei der Zeit bis zum ersten Rückfall noch beim Anteil schwerer Trinktage einen Effekt zeigten.
Topiramat dagegen scheint zumindest bei nicht abstinenten Patienten effektiv zu sein. Es gab bisher vier hochwertige randomisierte Studien. Insgesamt wird die Zahl der Drinks pro Tag und der Anteil schwerer Trinktage verringert.
"Topiramat hat aber sehr viele unerwünschte Wirkungen und ist deswegen problematisch", so Müller. Vor allem Gewichtsverlust, Konzentrationsstörungen und Parästhesien machen zu schaffen.
Zu dem aus der Raucherentwöhnung bekannten Vareniclin ist die Studienlage beim Thema Alkohol uneinheitlich. Derzeit sei die Substanz vor allem dann eine Option, wenn neben der Alkoholabhängigkeit auch eine schwere Nikotinabhängigkeit bestehe, so Müller.
Studienergebnisse erlauben keine klaren Schlussfolgerungen
Der Alpha-1-Blocker Prazosin hat in einer Studie die Anzahl der Trinktage und der Drinks im Vergleich zu Placebo stark reduziert. "Diese Studie war aber zu klein für klare Schlussfolgerungen. Größere Studien laufen und müssen abgewartet werden", so Müller.
Schließlich berichtete der Experte noch über das Muskelrelaxans Baclofen. Bekannt wurde es durch den Selbstversuch eines französischen Kardiologen, der seine Abhängigkeit damit geheilt hat.
Die Ergebnisse randomisierter Studien seien leider uneinheitlich, so Müller. Ein Grund dafür könnten jedoch zu niedrige Dosierungen sein. A
n der Charité wurde deswegen die randomisierte NeuroCure-Studie mit 270 mg pro Tag über 12 Wochen durchgeführt. Eine paar Monate Geduld sind hier noch nötig: "Die Ergebnisse werden wir Anfang des Jahres vorstellen." (gvg)