Regelmäßig ein Bierchen und das Krebsrisiko steigt

"Ein Gläschen in Ehren kann niemand verwehren." Doch wenn es nur bei diesem einen Gläschen bliebe - denn selbst wer regelmäßig kleine Mengen Alkohol trinkt, hat schon ein deutlich höhere Krebsrisiko, wie die große EPIC-Studie zeigt.

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Abends noch auf ein Gläschen in die Bar - und das Krebsrisiko steigt.

Abends noch auf ein Gläschen in die Bar - und das Krebsrisiko steigt.

© dpa

LONDON (dpa). Schon kleine Mengen regelmäßig konsumierten Alkohols erhöhen deutlich die Gefahr, an bösartigen Tumoren in der Mund- und Rachenhöhle, an den Stimmbändern und im Ösophagus sowie an Darm- und Leberkrebs zu erkranken. Das bestätigt eine neue europäische Studie.

"Unsere Daten zeigen, dass viele Krebserkrankungen hätten vermieden werden können, wenn der Alkoholkonsum auf zwei Getränke täglich bei Männern und ein Getränk täglich bei Frauen beschränkt worden wäre. Das sind die Empfehlungen vieler Gesundheitsorganisationen", erläutern die Autoren der Studie, darunter auch deutsche Forscher (BMJ 2011; 342:d1584).

Die Grenzmenge liegt demnach bei 24 Gramm Alkohol pro Tag für Männer und 12 Gramm für Frauen. Das entspricht etwa eineinhalb Flaschen Bier für Männer und einem kleinen Glas Weißwein für Frauen.

Nach der Studie ist derzeit jede zehnte Krebserkrankung bei Männern und eine von 33 bei Frauen durch Alkoholkonsum zumindest begünstigt.

Die Deutschen führen die Rangliste derer, die mehr Alkohol trinken als für sie gut ist, an. 44 Prozent der deutschen Männer liegen demnach über dem Limit, gefolgt von den Dänen und den Briten. Bei den Frauen ist die Reihenfolge genau gleich.

Die Studie ist Teil einer Langzeitstudie zum Zusammenhang zwischen Ernährung und Krebs (European Prospective Investigation of Cancer, EPIC).

Daran nehmen etwa 360.000 Probanden aus Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, Großbritannien, den Niederlanden, Griechenland und Dänemark teil. Die Studie war in den 1990er Jahre begonnen worden.

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Dr. Thomas Georg Schätzler 11.04.201120:12 Uhr

EPIC-Studie: Episch breit, eine gigantische Datensammlung, aber nicht wirklich relevant

Die Ergebnisse zum Ernährungsverhalten aus der "European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition (EPIC)-Heart" Studie werden von den Autoren selbst als rein retrospektive Beobachtungsstudie („observational study“) bezeichnet. Sie sind damit weder randomisiert noch für prospektive Aussagesicherheit geeignet und relevant. Deswegen auch die Beliebigkeit und Vielfältigkeit ihrer Ergebnisse und möglichen Schlussfolgerungen.

Nach wie vor gilt der durch prospektive Studien und das so genannte
"french paradoxon", speziell für Rotwein, belegte Satz: „One drink a day keeps the doctor away“. Das Krebsrisiko steigt erst o b e r h a l b einer kritischen Alkoholmenge von 24/12 g tgl. bei Männern/Frauen an. Dies ist bei den meisten Bieren in Deutschland (außer Bayern) mit durchschnittlich 4,8 Volumenprozent Alkohol nur e i n e Flasche mit 0,5 Liter Inhalt. Nicht wie im Artikel dargestellt 1 1/2 Flaschen Bier tgl. Doch der Titel stellt Alles auf den Kopf. Der moderate ("one drink, one day") Konsum scheint die Karzinomrate n i c h t ansteigen zu lassen, die KHK-Morbidität und -Mortalität wird bei dieser täglichen Alkoholmenge sicher in einer so genannten U-Kurve abgesenkt. Denn strikte Abstinenz erhöht z. B. ebenfalls das KHK-Risiko.

Leider wurde die EPIC-Studie nicht durch die Juristische Fakultät der Universität Regensburg betreut. Denn sie hätte viele Möglichkeiten zur Promotion geboten, o h n e abzuschreiben. Die zahlreichen bisherigen Teilergebnisse, die in der Ärzte Zeitung veröffentlicht wurden, lassen sich allerdings auch unter "publish or perish" ("veröffentliche oder verrecke") zusammenfassen. Sensitivität und Spezifität sind dabei allesamt fraglich:

1. Obst und Gemüse senken KHK-Risiko?
http://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/herzkreislauf/herzinfarkt/article/637803/obst-gemuese-senken-sterberisiko-durch-khk.html?sh=6&h=-557366318#comment

2. Positiv-Kommentar dazu?
http://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/herzkreislauf/herzinfarkt/article/637800/kommentar-immer-positive-kommunizieren.html?sh=5&h=-557366318#comment

3. Kaffee und Tee trinken soll angeblich das Hirntumorrisiko senken? Irrtümliche Annahme eines prospektiven Studiendesigns
http://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/krebs/zns-tumoren_hirntumor/article/638045/kaffee-tee-trinkt-senkt-hirntumor-risiko.html?sh=4&h=-557366318

4. Blasenkrebs nicht durch Verzehr von rohem Fleisch?
http://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/krebs/blasen-karzinom/article/645549/blasenkrebs-nicht-durch-verzehr-rohem-fleisch.html?sh=2&h=-557366318

Die EPIC-Studie wird auch zukünftig mit weiteren retrospektiven Studiendetails Verwirrung stiften. Wir sollten nicht zu viel auf ihre Ergebnisse schauen sondern kritisch bleiben.

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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