Schmerzmedizin soll eigenes Fachgebiet werden
Die Versorgung von Schmerzpatienten stellt weder sie noch Ärzte zufrieden. Zeit für Änderungen, sagen Ärztevertreter.
Veröffentlicht:
Die Behandlung chronischer Schmerzen bekommt womöglich ein eigenes Fachgebiet in der Medizin.
© pantherMedia
FRANKFURT/MAIN (jvb). Die Schmerzmediziner gehen in die Offensive: Ausbildungspflicht, bessere Vergütung und neue Leitlinien sollen Schmerztherapie für Ärzte attraktiver und verständlicher machen. Das soll sich auch auf die Versorgung positiv auswirken, heißt es auf dem Deutschen Schmerz- und Palliativtag in Frankfurt.
Bisher sind Ärzte und Schmerzpatienten unzufrieden mit der Versorgung. Eine Umfrage zeigt, dass sich 86 Prozent der 2860 Patienten wegen eines unzureichenden Schmerzmanagements im täglichen Leben eingeschränkt fühlen. Dreiviertel leiden unter Schlafstörungen oder end-of-dose-pain, der einsetzt, wenn der Wirkspiegel des Medikaments vor Einnahme der nächsten Dosis sinkt.
Ärzte befürchten Arzneimissbrauch
Ärzte fühlen sich vor allem unter Druck gesetzt, Opioide zu verordnen, heißt es in einer US-amerikanischen Studie (Pain Med 2010 Nov; 11 (11): 1688-97). Ebenso sind sie unsicher, was sie Patienten glauben können und befürchten deshalb Missbrauch der Arzneien.
Das könnte sich bessern, würden Ärzte im Umgang mit Schmerzpatienten verpflichtend ausgebildet, meint Dr. Gerhard Müller-Schwefe, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerztherapie (DGS).
Dafür müsse die Schmerzmedizin ein eigenes Fachgebiet werden, auch weil "nicht nur ein Symptom, sondern ein komplexes Krankheitsbild behandelt werden muss", so Müller-Schwefe. Auf dieser Basis will er eine bessere Vergütung aushandeln. Denn diese sei "mangelhaft".
Neue Leitlinien
In Thüringen etwa erhielten Ärzte pro Schmerzpatient 80 Euro im Quartal bei gleichzeitiger Mengenbegrenzung. "Niemand möchte eine umfangreiche Ausbildung machen, wenn er später nicht davon leben kann", sagte Müller-Schwefe. Deswegen mangelt es den Schmerztherapeuten an Nachwuchs.
Mit neuen Leitlinien sollen Ärzte auch praktische Hilfen bekommen, etwa Patientenfragebögen zur Diagnose. Darauf halten Ärzte die Therapieentscheidung fest. Das helfe ihnen auch bei Regressforderungen, sagte DGS-Vizepräsident Dr. Michael Überall.
Lesen Sie dazu auch: Schmerzmedizin soll Pflicht für jeden Arzt werden