RKI mahnt bessere Impfraten an
Schwerste Grippewelle seit 2001
Im letzten Winter gab es mehr Influenza-Erkrankungen als in jeder Grippesaison seit 2001, berichtet das Robert Koch-Institut und plädiert für einen besseren Impfschutz.
Veröffentlicht:BERLIN. Die Grippewelle im Winter 2017/18 ist außergewöhnlich schwer gewesen. Das zeigt der neue Influenza-Saisonbericht der Arbeitsgemeinschaft Influenza (AGI) des Robert Koch-Instituts (RKI). So gab es zum Beispiel geschätzte neun Millionen influenzabedingte Arztbesuche, zwei Millionen mehr als in den starken Grippesaisons 2012/13 und 2014/15.
Um den Infektionen vorzubeugen, ist die Impfung die wichtigste Maßnahme, so das RKI. Und: "Die Schutzmöglichkeiten müssen besser genutzt werden", betont RKI-Präsident Professor Lothar H. Wieler. Er appelliert daher an Ärzte, jetzt sowohl beim Praxispersonal als auch bei den Patienten für gute Impfraten zu sorgen. Den Menschen ist zudem eine gute Hygiene einzuschärfen: vor allem gründliches Händewaschen und Abstand halten von Patienten mit Atemwegsinfektionen!
Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt den Influenzaschutz für alle über 60-Jährigen, alle chronisch Kranken, Schwangeren sowie das Medizin- und Pflegepersonal. "Mit keiner anderen Impfung lassen sich hierzulande mehr Leben retten", unterstreicht Wieler. Zum Influenza-Schutz wird inzwischen als Standard ein Vierfach-Impfstoff empfohlen.
Das RKI kritisiert die bisher unbefriedigenden Impfraten: So waren nach einer Umfrage in Krankenhäusern im vorletzten Winter nur knapp zwei Drittel der Ärzte und nur etwa ein Drittel des Personals in der Pflege und in therapeutischen Berufen geimpft. Und auch bei den Senioren in der Bevölkerung lagen die Schutzraten in der Grippesaison 2016/17 nur bei etwa 35 Prozent.
Ein besonders hohes Risiko für schwere Influenza-Verläufe haben chronisch Kranke, so der Bericht: Vorgestellt wird eine US-Analyse aus der letzten Grippesaison. Danach hatten 92 Prozent der stationär behandelten Erwachsenen mit Grippe mindestens eine vorbestehende Grunderkrankung. Am häufigsten waren das kardiovaskuläre Leiden (46 Prozent) gefolgt von Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes (43 Prozent), Adipositas (37 Prozent) und Lungenleiden (30 Prozent).
Schwangere besonders durch Grippe gefährdet
Von den stationär behandelten grippekranken Kindern hatte gut jeder Zweite eine Grunderkrankung, und darunter wurden am häufigsten Asthma (23 Prozent), neurologische Störungen (15 Prozent) und Adipositas (10 Prozent) genannt. Auch eine Schwangerschaft erhöht das Risiko für einen schweren Influenza-Verlauf: Von den stationär behandelten Frauen im Alter von 15 bis 44 Jahre mit bekanntem Gestationsstatus war jede Dritte schwanger.
In Deutschland musste in der vergangenen Grippesaison jeder Sechste mit laborbestätigter Influenza stationär behandelt werden: Das waren nach dem Bericht 60.000 Betroffene. Auf Intensivstationen übertraf dabei die Zahl der Patienten mit schweren respiratorischen Erkrankungen die drei Vorsaisons deutlich.
Die Schwere der Grippesaison zeigt sich auch in der Auswertung der "Übersterblichkeit" während der Grippewelle. Diese wurde bisher nicht für ganz Deutschland, sondern etwa für Berlin erfasst. Die Daten in der Hauptstadt übertreffen dabei mit geschätzten 1130 zusätzlichen Todesfällen im vergangenen Winter die bereits hohen Schätzwerte von 2016/17 (1040 Todesfälle).
Durch impfen ließen sich sehr viele Erkrankungen, schwere Verläufe und Todesfälle verhindern, betont das RKI, und zwar trotz der nur moderaten Wirksamkeit der Impfstoffe. Der Schutz sollte daher besser als bisher genutzt werden.
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