Sprachliche Defizite
Tablets schaden Kinderhirnen
Kleine Kinder, die viel Zeit mit Smartphones oder Tablets verbringen, weisen strukturelle Veränderungen im Gehirn auf, berichten US-Forscher. Dies geht vor allem zulasten der Sprache.
Veröffentlicht:Cincinnati. Das Gehirn von Kindern, die viel Zeit mit Smartphones oder Tablets verbringen, weist strukturelle Veränderungen auf: In Gehirnbereichen, die für Sprache zuständig sind, ist die Myelinschicht geringer.
Zudem erscheinen die Bereiche weniger strukturiert, wie Forscher vom Cincinnati Children’s Hospital Medical Center berichten (JAMA 2019; online 4. November).
Diese Veränderungen haben den Ergebnissen zufolge weitreichende Folgen: Kinder, die häufig auf Displays schauen und darauf herumwischen, haben sprachliche Defizite sowie eine geringere Schreib- und Lesefähigkeit.
15 Fragen zu Nutzungsverhalten
An der Studie von Dr. John S. Hutton und seinem Team nahmen 47 gesunde Kinder im Alter zwischen drei und fünf Jahren teil. Die Kinder absolvierten kognitive Tests sowie eine Diffusionsgewichtete Magnetresonanztomografie, die Auskunft über den Zustand der weißen Hirnsubstanz gibt.
Die Eltern der Vorschulkinder wurden zudem mit dem ScreenQ-Fragebogen nach dem Smartphone- und Tablet-Nutzungsverhalten ihrer Kinder befragt. Die 15 Fragen erfassten unter anderem, ob die Kinder Zugang zu Display-Devices hatten, wie oft Smartphone oder Tablet genutzt wurden und welche Inhalte betrachtet wurden.
Außerdem wurde festgestellt, mit wem die Kinder die Devices nutzten und wie sie auf das Gesehene reagierten. Höhere Werte im ScreenQ-Fragebogen setzen die Wissenschaftler mit einem höheren Nutzungsverhalten gleich.
Als Vergleichspunkt für ein kindgerechtes Verhalten gegenüber Smartphone und Tablet nutzten Hutton und Kollegen die Empfehlungen der American Academy of Pediatrics (AAP). Die AAP rät Eltern unter anderem dazu, Kinder zwischen zwei und fünf Jahren nicht länger als eine Stunde pro Tag vor dem Display sitzen zu lassen.
Kinder unter 18 Monaten sollten, außer bei Video-Telefonie, generell von Smartphone und Tablet ferngehalten werden, zwischen 18 und 24 Monaten sollten Kinder die Devices nur zeitweise und unter elterlicher Aufsicht in die Hand nehmen, heißt es in einer Mitteilung aus Anlass der Publikation.
Geringere Myelinschicht
Bei Kindern, die im Fragebogen hohe Punktzahlen erreichten und damit ein hohes Nutzungsverhalten aufwiesen, stellten die Forscher Veränderungen in der weißen Substanz fest – Hirnbereiche, die mit Sprache und dem Erlernen von Schreiben und Lesen assoziiert sind, waren deutlich weniger strukturiert: Die Messgröße der Fraktionellen Anisotropie, die eine Einschätzung der Dichte der Neuronen in einer bestimmten Region erlaubt, war geringer.
Zudem lag der Messwert der Radialen Diffusivität bei Kindern mit hohen Punktzahlen höher. Dieser Wert gibt unter anderem Auskunft für die Unversehrtheit von Myelin. Auch war die Lese-, Schreib- und Sprechfähigkeit von Kindern mit hohen ScreenQ-Werten in mehreren Scores signifikant schlechter.
„Die Ergebnisse machen deutlich, wie wichtig es ist, die Effekte von Smartphone- und Tablet-Nutzung auf das Gehirn zu untersuchen“, resümiert Studienautor Hutton in der Mitteilung.