Wenn der Tod naht

Therapie auf Teufel komm raus?

Ärzte können unheilbar kranken Krebspatienten aggressive Therapien am Lebensende ersparen, indem sie früh nach den letzten Wünschen fragen.

Von Beate Schumacher Veröffentlicht:
Soll und will ein Patient mit Krebs im Stadium IV noch eine spezielle Krebstherapie bekommen?

Soll und will ein Patient mit Krebs im Stadium IV noch eine spezielle Krebstherapie bekommen?

© Darren Mower / iStockphoto.com

BOSTON. In den letzten Lebenstagen von Krebspatienten werden zunehmend aggressive Therapien aufgefahren. Das zeigt sich auch in einer US-amerikanischen Studie mit 1231 Patienten mit Lungen- oder Kolorektalkrebs im Stadium IV.

16 Prozent von ihnen bekamen in den 14 Tagen vor ihrem Tod noch eine Chemotherapie, 9 Prozent wurden in den letzten 30 Tagen noch auf der Intensivstation und 40 Prozent auf einer anderen Station behandelt.

Insgesamt erhielt fast die Hälfte der Patienten mindestens eine dieser Maßnahmen (J Clin Oncol 2012; online 13. November).

Deutlich zurückhaltender mit solchen Behandlungen war man bei Patienten, mit denen ein Arzt früher als 30 Tage vor dem Tod über die gewünschte medizinische Versorgung am Lebensende gesprochen hatte.

Chemotherapien ebenso wie Aufenthalte auf Intensiv- und Normalstation waren bei ihnen, auch wenn man Alter und Überlebenszeit berücksichtigte, signifikant seltener als bei Patienten, deren letzte Wünsche von den Ärzten später oder gar nicht erfragt worden waren. Außerdem verbrachten sie die letzte Lebensphase früher und häufiger in einem Hospiz.

Insgesamt hatten von den Studienteilnehmern, die alle noch weniger als 15 Monate zu leben hatten, nur 88 Prozent irgendwann mit einem Arzt über lebenserhaltende Maßnahmen, Palliativversorgung oder Hospizunterbringung geredet.

Gespräch nicht lange ausweiche

Zumindest von den in den Krankenakten dokumentierten Gesprächen hatten 39 Prozent zudem erst in den letzten 30 Tagen vor dem Tod stattgefunden, 63 Prozent der Patienten wurden zu diesem Zeitpunkt stationär behandelt.

War bei diesem Gespräch ein Onkologe zugegen, erhöhte das die Wahrscheinlichkeit für eine Chemotherapie in den letzten zwei Lebenswochen.

Die Entscheidung für eine aggressive medizinische Versorgung am Lebensende ist nicht unbedingt falsch, betonen die Studienautoren um Dr. D. Jennifer Mack vom Dana-Farber Cancer Institute in Boston: Sie kann durchaus dem Wunsch des Patienten gerecht werden, wenn er den Tod unbedingt hinauszögern will.

"Aber die meisten, die um ihren nahen Tod wissen, wollen keine solche Versorgung", so Mack.

Die meisten unheilbar kranken Patienten bräuchten Zeit, um sich über ihren letzten Willen klar zu werden. Dies setze voraus, dass die Ärzte einem Gespräch nicht so lange ausweichen, bis sich der Zustand des Patienten stark verschlechtert hat.

"Frühzeitig mit einem Patienten über das Lebensende zu sprechen, könnte die medizinische Versorgung ändern und dazu beitragen, dass sie stärker dem Willen des Patienten entspricht."

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Runde der letzten 9

Gießener Dermatologin steht im Finale von Miss Germany

Erhebung von AOK und Deutscher Krebsgesellschaft

Mehr Versicherte nutzen Untersuchungen zur Krebsfrüherkennung

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Kommentar zur Entscheidung des Bundesrats

Klinikreform – ein Fall fürs Lehrbuch

Verbesserter Herzschutz

Influenza-Impfraten erhöhen: So geht’s!

Lesetipps
Im Vordergrund Savanne und eine Giraffe, im Hintergrund der Kilimandscharo.

© espiegle / stock.adobe.com

Erhöhtes Thromboserisiko

Fallbericht: Lungenembolie bei einem Hobby-Bergsteiger