Impfquoten
Vielen Schulanfängern fehlt der Masern-Schutz
Deutschland diskutiert über eine Pflicht zur Masern-Impfung. Jetzt hat das RKI neue Zahlen zu den Impflücken bei Erstklässlern präsentiert.
Veröffentlicht:BERLIN. Viele Schulanfänger sind in Deutschland nicht ausreichend gegen Masern geschützt.
2017 hatten sieben Prozent der Erstklässler nicht die zweite Masern-Impfung erhalten, wie das Robert Koch-Institut (RKI) berichtet (Epi Bull 2019; 18: 147).
Die Impfquote betrug demnach 92,8 Prozent und lag somit auf dem Niveau des Vorjahres (92,9 Prozent in 2016).
Die auf Bundesebene gewünschte Impfquote von 95 Prozent sei somit noch immer nicht erreicht, hieß es. Die schlechtesten Quoten für die zweite Masernimpfung von Schulanfängern gibt es demzufolge in Baden-Württemberg (89,1 Prozent) und im Saarland (90,5 Prozent) – die beste Quote mit 95,5 Prozent in Brandenburg (siehe nachfolgende Tabelle).
Besser sind die Quoten bei der ersten Masern-Impfung: 2017 hatten sie noch 97,1 Prozent der Schulanfänger in Deutschland bekommen.
Spahn spricht sich erneut für Pflichtimpfungen aus
Die neuen Zahlen befeuern die Diskussion über eine Masern-Impfpflicht. In einer gemeinsamen Erklärung von Bundesgesundheitsministerium (BMG), RKI und Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) spricht sich Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erneut für Pflichtimpfungen bei Kindern in Kindergärten und Schulen aus.
„Trotz aller Aufklärungskampagnen sind die Impfquoten in den vergangenen Jahren nicht entscheidend gestiegen. Deshalb muss die Masern-Impfung in Kindergärten und Schule verpflichtend werden“, betonte der Minister laut einer Mitteilung.
Sein Ziel: „95 Prozent der Bevölkerung müssen gegen Masern geimpft sein, damit Masern ausgerottet werden können“, so Spahn.
Viele Erwachsene haben Masern-Impfung nicht
RKI-Präsident Professor Lothar H. Wieler weist darauf hin, dass fast die Hälfte der über 300 Masernkranken in diesem Jahr Erwachsene sind. Dies spreche für große Lücken bei der für unter 50-Jährige empfohlenen Impfung.
Wieler regt Erleichterungen für Impfende an: „Fachübergreifendes Impfen sollte unabhängig von Bundesland und Kasse Normalität sein, Betriebsärzten das Impfen erleichtert werden und auch automatisierte Impferinnerungen sollten Standard sein“, betont der RKI-Chef. Er spricht sich zudem für niedrigschwellige Impfangebote aus.
Ärzte spielen wichtige Rolle
BZgA-Leiterin Dr. Heidrun Thaiss betont die wichtige Rolle von Ärzten bei der Impfaufklärung. „Jeder Kontakt zum Gesundheitssystem sollte genutzt werden, um Impfungen anzubieten“, so Thaiss.
Zum Schutz vor Masern sei sowohl der rechtzeitige Aufbau des Impfschutzes bis zum zweiten Geburtstag von großer Bedeutung, wie auch der Schutz von Erwachsenen, die nach 1970 geboren sind.
Große Unterschiede zwischen Bundesländern
Einen großen Handlungsbedarf sieht das Robert Koch-Institut auch bei anderen Impfungen. Die jetzt publizierten Impfquoten von Schulanfängern in Deutschland für das Jahr 2017 zeigen ein durchwachsenes Bild, so das RKI.
Bei lange etablierten Standardimpfungen (Diphtherie, Tetanus, Pertussis, Polio, Hib und HepB) sind die Impfraten in den letzten zehn Jahren leicht und kontinuierlich um etwas über zwei Prozentpunkte gesunken und liegen jetzt bundesweit zwischen 88 und 93,8 Prozent.
Bei in den letzten 15 Jahren eingeführten Impfungen (Varizellen, MenC, Pneumokokken, FSME, Rotavirus) sind die Impfquoten zwar gestiegen aber unbefriedigend niedrig. Beispiele: In Baden-Württemberg sind nur knapp 21 Prozent der Kinder gegen FSME geimpft, obwohl fast das ganze Bundesland Risikogebiet ist.
Es gibt große Unterschiede zwischen den Ländern: 77 Prozent sind in Berlin gegen Pneumokokken geimpft, in Mecklenburg-Vorpommern sind es 92 Prozent (siehe nachfolgende Grafik).
Die Schutzquoten gegen Rotaviren reichen von 14,4 Prozent (NRW) bis 62,5 Prozent (Sachsen); diese Impfung wurde allerdings nur in vier Ländern erfasst. (eis/ths)
Wir haben den Beitrag aktualisiert am 02.05.2019 um 16:03 Uhr.
Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Das Impfproblem ist offenkundig größer