Kryo-Elektronenmikroskopie
Was Alzheimer und Diabetes gemeinsam haben könnten
Die Proteinablagerungen bei Diabetes und Alzheimer ähneln sich. Forscher haben möglicherweise weitere Gemeinsamkeiten entdeckt.
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Querschnitte der 3D-Modelle der Protofilamente von IAPP- und Aβ-Amyloidfibrillen: Die Überlagerung einzelner IAPP- und Aβ-Moleküle zeigt die Ähnlichkeit der S-förmigen Faltungen.
© Gunnar Schröder
Jülich. Neue Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen Alzheimer und Typ-2-Diabetes haben Forscher mittels Kryo-Elektronenmikroskopie entdeckt. Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich, der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und der Universität Maastricht haben die Diabetes-typischen „Insel-Amyloide“ näher untersucht (Nat Struct Mol Biol. 2020; online 15. Juni).
Sie haben ein scharfes Bild davon erhalten, wie sich einzelne Moleküle in den Proteinfäden anordnen. Die Struktur der Fasern in den Fibrillen erinnere stark an die von Alzheimer-Fibrillen, heißt es in einer Mitteilung des Forschungszentrums Jülich.
Ähnlichkeiten zu Alzheimer
Bei Diabetes bestehen die Fibrillen aus dem Peptidhormon IAPP. „Nun haben wir zum ersten Mal eine IAPP-Fibrille, wie sie für Diabetes typisch ist, in vergleichbarer Auflösung in 3D rekonstruiert“, wird Professor Gunnar Schröder vom Forschungszentrums Jülich in einer Mitteilung zur Veröffentlichung der Studie zitiert.
Die erzielte Auflösung von vier Angström, oder 0,4 Nanometer liegt in der Größenordnung von Atomradien und Atombindungslängen. Neben weiteren Details werde so erstmals die genaue Anordnung der Moleküle in den Fibrillen sichtbar. Das Modell zeige, wie sich einzelne IAPP-Moleküle zu Fasern mit einem S-förmigen Querschnitt übereinander schichten. Die Struktur ähnele der S-förmigen Faltung in Amyloid-beta-Fibrillen, die für Alzheimer typisch sind.
Weitere Verbindungen
„Die Ähnlichkeit ist interessant. Zwischen Alzheimer und Diabetes gibt es einen epidemiologischen Zusammenhang: Alzheimer-Patienten haben ein größeres Risiko an Diabetes zu erkranken und umgekehrt“, wird Professor Wolfgang Hoyer von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf in der Mitteilung zitiert. Daneben gebe es weitere Verbindungen. So haben Wissenschaftler in den Amyloid-Ablagerungen von Alzheimer-Patienten bereits kleine Beimischungen von „fremden“ Diabetes-typischen IAPP-Peptiden nachgewiesen. Zudem wachsen nach Zugabe von Fibrillen der jeweils einen Art vermehrt auch Ablagerungen der anderen Art, wie Forscher in Versuchen mit Mäusen herausgefunden haben.
Mit dem neuen, hochaufgelösten Fibrillen-Modell gibt es nun eine neue Basis, um die Bildung der Fibrillen bei Diabetes besser zu verstehen und Medikamente zu entwickeln, die direkt an der Ursache der Erkrankung ansetzen. „Es lassen sich nun beispielsweise ganz gezielt Inhibitoren entwickeln, die die Ausbildung dieser Fibrillen unterdrücken“, erklärt Hoyer. (eb)