Corona-Splitter der KW 48/2021

Welcher Booster wirkt am besten?

Sieben verschiedene COVID-Impfstoffe als Booster bei mit AstraZeneca oder BioNTech/Pfizer Grundimmunisierten hat ein Forschungsteam durchgetestet. Ergebnis: Alle Booster wirken – aber unterschiedlich stark.

Anne BäurleVon Anne Bäurle und Wolfgang GeisselWolfgang Geissel und Marco MrusekMarco Mrusek Veröffentlicht:
An welchen Markern im Blut lassen sich Patienten mit hohem Risiko für schwere COVID erkennen und rechtzeitig behandeln?

Boosterimpfung: Mit der mRNA-Vakzine von Moderna wurde die beste Wirkung erreicht – allerdings wurden auch die meisten unerwünschten Wirkungen berichtet.

© Stefan Puchner / dpa / picture alliance

Update vom 3. Dezember

Mit welchem Impfstoff die Boosterimpfung durchgeführt wird, ist offenbar nicht unbedingt von Bedeutung. Ein Forschungsteam aus Großbritannien hat in einer Phase-II-Studie untersucht, wie sich eine Boosterimpfung mit sieben verschiedenen Impfstoffen (Novavax (nicht in der EU zugelassen, Antrag gestellt), AstraZeneca, BioNTech/Pfizer, Valneva (in der EU nicht zugelassen, im Rolling Review-Verfahren), Johnson & Johnson, Moderna und CureVac (in der EU nicht zugelassen, Antrag wurde zurückgezogen)) auf den Impfschutz auswirkt. Die rund 3000 Teilnehmenden waren zuvor entweder zweimal mit der Vakzine von AstraZeneca (mindestens 70 Tage vor Boosterimpfung) oder BioNTech/Pfizer (wenigstens 84 Tage vor Boosterimpfung) geimpft worden. Vier Wochen nach der Boosterimpfung entnahmen die Forscherinnen und Forscher Blutproben und untersuchten sowohl die Zahl der Antikörper als auch die der T-Zellen. Ergebnis: Alle sieben Vakzinen kurbelten das Immunsystem im Vergleich mit Personen, die keine Boosterimpfung erhalten hatten, effektiv an, und zwar sowohl bei Älteren als auch bei Jüngeren. Allerdings unterschied sich die Immunantwort nach den unterschiedlichen Boosterimpfungen zum Teil deutlich. Die beste Boosterwirkung wurde mit der mRNA-Vakzine von Moderna erreicht, und zwar sowohl nach vorheriger AstraZeneca, als auch nach vorheriger BioNTech/Pfizer-Impfserie. Deutlich schwächer fiel die Boosterwirkung nach BioNTech/Pfizer plus Valneva-Impfung (inaktivierte Vakzine) aus. Generell sei die Reaktogenität bei den Kreuzschemata akzeptabel gewesen, berichtet das Team. Stärker sei sie bei der Kreuzimpfung AstraZeneca oder BioNTech/Pfizer plus Moderna ausgefallen, und bei der Kreuzimpfung BioNTech/Pfizer plus AstraZeneca oder Johnson & Johnson (Lancet 2021; online 2. Dezember)

Update vom 2. Dezember

Die mRNA-Vakzine von Moderna hat offenbar eine bessere Effektivität als die von BioNTech/Pfizer, wenn auch beide mRNA-Impfstoffe natürlich eine sehr gute Schutzwirkung vor COVID von über 90 Prozent erreichen. Das geht aus einer Studie mit US-Veteranen hervor, die entweder mit Comirnaty® oder Spikevax® mindestens einmal (und zu über 90 Prozent zweimal) geimpft worden waren. Beide Gruppen wurden über 24 Wochen nach Impfung nachbeobachtet, und zwar in einer Pandemiephase, in der Alpha vorherrschend war. Im Vergleich der beiden mRNA-Vakzinen war das Infektionsrisiko nach Moderna-Impfung geringer als nach Impfung mit der BioNTech/Pfizer-Vakzine (4,52 Fälle pro 1000 Personen vs 5,75 Fälle pro 1000 Personen). Auch das Risiko für symptomatische COVID, Hospitalisierung, intensivmedizinische Versorgung und Tod war nach Moderna-Impfung geringer als das nach BioNTech-Pfizer-Impfung. Das Team untersuchte die Schutzwirkung der beiden mRNA-Vakzinen zudem in einem Zeitraum mit hoher Zirkulation der Delta-Variante. Auch hier zeigte sich mit der Moderna-Vakzine eine etwas bessere Schutzwirkung vor Infektion, berichtet das Team (NEJM 2021; online 1. Dezember).

Eine Boosterimpfung wirkt der schwindenden Immunität nach Grundimmunisierung effektiv entgegen. Ein Forschungsteam aus Israel hat untersucht, wie sich eine Boosterimpfung mit Comirnaty® auf das Infektionsrisiko auswirkt. Im Untersuchungszeitraum August bis Oktober 2021 wurden bei rund 300.000 Mitarbeitern des Gesundheitssystems (Alter über 40 Jahre) insgesamt 500.232 PCR-Tests durchgeführt, 227.380 bei zweifach Geimpften, 272.852 bei dreifach Geimpften. 6,6 Prozent der zweifach Geimpften und 1,4 Prozent der dreifach Geimpften wurden positiv getestet, also deutlich seltener. Um die Schutzwirkung der dritten Dosis noch genauer aufzuschlüsseln, analysierte das Team zudem die per PCR nachgewiesenen Infektionen in den Zeiträumen 0-6 Tage, 7-13 Tage, 14-20 Tage, 21-27 Tage und 28-65 Tage nach Boosterimpfung. Während der zusätzliche Schutz vor Infektion kurz nach Boosterimpfung noch schwach war (Odds Ratio 0,88, das Risiko war bei dreifach Geimpften also im Vergleich mit zweifach Geimpften um 12 Prozent reduziert), war die Schutzwirkung vor Infektion im Zeitraum 28-65 Tage nach Boosterimpfung deutlich ausgeprägt (Odds Ratio 0,14, also eine Risikoreduktion von 86 Prozent). Zudem mussten von den dreifach Geimpften weniger Personen hospitalisiert werden als bei den zweifach Geimpften (JAMA Intern Med 2021; online 30. November).

Update vom 1. Dezember

Warum müssen schwer an COVID-Erkrankte häufig sehr lange beatmet werden? Ein deutsches Forschungsteam hat herausgefunden, dass das Lungengewebe bei Schwerkranken durch ein fehlgeleitetes Immunsystem häufig außergewöhnlich stark fibrosiert ist. Einige Prozesse des COVID-Lungenversagens ähneln dabei denen der idiopathischen Lungenfibrose, die unter allen Formen der Lungenfibrose die schlechteste Prognose hat, berichten Daniel Wendisch von der Charité Berlin und seine Kolleginnen und Kollegen. Das könnte der Grund dafür sein, warum die Lunge lange funktionsunfähig bleibt und eine langwierige invasive Beatmung oder ECMO-Therapie erforderlich ist. Für die Studie untersuchte das Team die Lungen von an COVID gestorbenen Personen anhand verschiedener mikroskopischer Aufnahmen. Die Lungenbläschen waren bei fast allen weitgehend zerstört, die Wände deutlich verdickt. Außerdem stellte das Team ausgeprägte Ablagerungen von Kollagen fest – alles charakteristische Hinweise auf eine schwere Fibrose. „Diese Beobachtungen weisen darauf hin, dass wir es beim COVID-Lungenversagen mit einem fibroproliferativen ARDS (Acute Respiratory Distress Syndrome) zu tun haben, einer besonders schweren Form des Lungenversagens“, wird Studienautor Professor Peter Boor in einer Mitteilung der Charité zitiert. Bei COVID entwickelt sich ein Lungenversagen typischerweise erst in der zweiten oder dritten Woche nach Symptombeginn, wenn die Viruslast eigentlich schon wieder sinkt. „Das weist darauf hin, dass nicht die Virusvermehrung zum Versagen der Lunge führt, sondern nachgeschaltete Reaktionen, etwa des Immunsystems, eine Rolle spielen“, fügt Letztautor Professor Leif Erik Sander hinzu (Cell 2021; online 23. November).

Update vom 30. November

Die Menge an viraler RNA im Blut eines Patienten gibt Auskunft über das Mortalitätsrisiko bei einer COVID-Erkrankung. Das berichtet ein Team der Universität Montréal. Um Marker für die Schwere eines COVID-Verlaufs innerhalb von 60 Tagen nach Symptombeginn zu finden, haben die Forscherinnen und Forscher Blutproben von 279 SARS-CoV-2-Infizierten untersucht. Sie nahmen dabei unter anderem inflammatorische Marker, Antikörpertiter und die Menge der im Blut zirkulierenden viralen RNA unter die Lupe. Letztere erwies sich als bester Indikator dafür, welche Patientinnen und Patienten ein hohes Risiko haben, an COVID zu sterben und deshalb möglichst früh behandelt werden sollten (Sci Adv 2021; online 26. November).

Real-World-Daten bestätigen die hohe Wirksamkeit der Moderna-Vakzine. Forscherinnen und Forscher haben Daten von mehr als 350.000 Versicherten von Kaiser Permanente Southern California in den USA ausgewertet. Diese waren zwischen Dezember 2020 und März 2021 mit der Vakzine Spikevax® vollständig geimpft worden. In den fünf Monaten nach Grundimmunisierung traten bei den Geimpften 289 Infektionsfälle auf, in der Kontrollgruppe mit rund 350.000 Ungeimpften waren es 1144 Fälle. Die Schutzwirkung vor einer Infektion lag damit über einen Zeitraum von fünf Monaten nach Grundimmunisierung bei 87 Prozent. In der Gruppe der Geimpften mussten 13 Infizierte hospitalisiert werden, eine Person starb. Bei den Ungeimpften mussten 182 in eine Klinik eingeliefert werden, 25 Infizierte starben. Die Schutzwirkung der Impfung vor Hospitalisierung lag damit bei 96 Prozent, die vor COVID-bedingten Tod sogar bei 98 Prozent (Lancet Regional Health 2021; online 25. November).

Update vom 29. November

Warum hat der mRNA-basierte Impfstoffkandidat CVnCoV von CureVac im Vergleich zum mRNA-Impfstoff Comirnaty® nicht die gleiche Schutzwirkung? Um diese Frage zu klären, hat ein Team des Paul-Ehrlich-Instituts die gebildeten Antikörper verglichen, und zwar nach durchgemachter SARS-CoV-2-Infektion sowie nach Impfung mit Comirnaty® und nach Impfung mit CVnCoV, dem Vakzin-Kandidaten der ersten Generation von CureVac (der Impfstoffkandidat wurde wegen zu geringer Wirksamkeit aus dem Zulassungsprozess zurückgezogen). Antikörperspiegel, Neutralisierungskapazität und Bindungsfähigkeit der Antikörper unterschieden sich dabei erheblich zwischen Personen nach Impfung mit Comirnaty® und nach Genesung auf der einen Seite sowie nach Impfung mit CVnCoV auf der anderen Seite. So wurden beispielsweise nach Impfung mit Comirnaty® sowie bei Genesenen im Vergleich zu mit CVnCoV geimpften Personen ein höherer Titer an Spike-Rezeptorbindungsdomäne (RBD)-spezifischen Antikörpern und neutralisierenden Antikörpern detektiert. Ein Grund könnte sein, dass in der CureVac-Vakzine weniger mRNA enthalten ist (in den Studien zu CVnCoV wurden Dosen von 2, 4, 6, 8 oder 12 μg verimpft, Comirnaty® enthält 30 μg mRNA). Ein weiterer möglicher Grund: Während die mRNA in Comirnaty® durch Methylierungen modifiziert ist, ist die mRNA von CVnCoV nicht modifiziert. CureVac arbeitet mittlerweile mit GSK an einem Impfstoffkandidaten der zweiten Generation („CV2CoV“). Erste präklinische Studien zu CV2CoV haben positive Daten geliefert: Wie der Hersteller CureVac mitteilt, ließen sich bei Tieren, die mit Comirnaty® beziehungsweise CV2CoV geimpft worden waren, vergleichbare Titer neutralisierender Antikörper messen (Allergy 2021; online 25. November).

Liebe Leserinnen und Leser, wir fassen die Corona-Studienlage wöchentlich zusammen. Eine Übersicht mit allen bereits veröffentlichten COVID-19-Splittern der vergangenen Wochen und Monate finden Sie hier:

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