Ambulante Palliativ-Versorgung

Westfalen-Lippe hält an der Integration von AAPV und SAPV fest

KVWL und Kassen haben den Vertrag erneuert und erweitert, der sowohl die allgemeine ambulante als auch die spezialisierte ambulante Palliativversorgung umfasst. Ärzte erhalten eine höhere Vergütung.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe und die Krankenkassen haben gemeinsam mit dem Berufsverband der Palliativmediziner in Westfalen-Lippe ihren Palliativvertrag mit wichtigen Anpassungen neu vereinbart.

Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe und die Krankenkassen haben gemeinsam mit dem Berufsverband der Palliativmediziner in Westfalen-Lippe ihren Palliativvertrag mit wichtigen Anpassungen neu vereinbart.

© picture alliance / Phanie | VOISIN

Dortmund. Der westfälisch-lippische Sonderweg bei der ambulanten palliativmedizinischen Versorgung bleibt erhalten. Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) und die Krankenkassen haben gemeinsam mit dem Berufsverband der Palliativmediziner in Westfalen-Lippe ihren Palliativvertrag mit wichtigen Anpassungen neu vereinbart. Das Besondere: In Westfalen-Lippe gibt es keine Trennung zwischen der allgemeinen ambulanten Palliativversorgung (AAPV) und der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV).

An dem kassenartenübergreifenden Palliativvertrag nehmen 4500 Haus- und Fachärzte sowie 38 palliativmedizinische Konsiliardienste (PKD) teil. Der Vertrag ist seit 2009 in Kraft, war aber durch die Bemühungen in Richtung auf eine bundesweite Vereinheitlichung der Palliativversorgung unter Druck geraten. Das galt insbesondere für den neuen Bundesrahmenvertrag zur SAPV.

Den Vertragspartnern ist es in 18-monatigen Verhandlungen gelungen, den Rahmenvertrag mit dem westfälisch-lippischen Besonderheiten unter einen Hut zu bringen. Der neue Vertrag ist zum 1. Juli in Kraft getreten, er enthält einige Neuerungen.

Höhere Vergütung für die koordinierenden Haus- und Fachärzte

Sie betreffen auch die Vergütung. So erhalten die koordinierenden Haus- und Fachärztinnen und -ärzte jetzt für die Einschreibung der Patientinnen und Patienten 70 Euro statt 60 Euro. Den Austausch mit einem qualifizierten Palliativmediziner des PKD können sie zweimal statt bisher einmal pro Patient abrechnen. Für die Leistung erhalten sie 25 Euro. Zudem können die Haus- und Fachärzte jetzt Leistungen wie die Pleurapunktionen oder die Anlage zentraler Venenkatheter bei einem Hausbesuch zusätzlich zum EBM mit 25 Euro abrechnen.

Bei den PKD erhöht sich die Struktur- und Vorhaltepauschale zunächst von 525 Euro auf 585 Euro und ab dem 1. Januar 2024 auf 600 Euro. Vergütet wird jetzt auch der Hausbesuch durch eine Koordinationskraft des PKD (70 Euro). Sie kann statt des qualifizierten Palliativmediziners auch das Erst- und das Folge-Assessment übernehmen, es wird mit 70 Euro vergütet. Beim Hausbesuch durch eine Koordinationskraft können Wegegelder bereits bei einer einfachen Strecke von zehn Kilometern abgerechnet werden und nicht erst ab 25 Kilometern.

„Neben einer deutlichen Honoraranpassung wird zukünftig auch die Delegation an koordinierende Fachkräfte mit neuen zusätzlichen Leistungen stärker in den Fokus rücken und auch von den Kostenträgern finanziert“, hatte KVWL-Chef Dr. Dirk Spelmeyer vor Kurzem auf der Vertreterversammlung betont. Zudem würden Kooperationen mit dem stationären Bereich ermöglicht, um Krankenhausärztinnen und -ärzte besser in die PKD einzubinden.

Die KVWL verweist in einer Mitteilung auf die Besonderheiten des Vertrags:

  • Die vertrauten Hausärztinnen und Hausärzte können die Patientinnen und Patienten bis zuletzt betreuen. Sie bleiben meist auch für die von ihnen eingeschriebenen Patienten verantwortlich, wenn sie über die SAPV versorgt werden. In anderen Regionen müssten die Hausärzte nicht nur die Patienten, sondern auch die medizinische Verantwortung an das SAPV-Team abgeben.
  • Es gibt keine Versorgungslücken und -brüche zwischen AAPV und SAPV.
  • Mehr als 90 Prozent der Hausärzte nehmen an dem Vertrag teil.
  • Nur rund zehn Prozent der Palliativpatienten sterben in Westfalen-Lippe in einer Klinik. Der Bundesdurchschnitt liegt nach Angaben der KVWL bei über 40 Prozent.

„Das Modell Westfalen-Lippe hat Vorbildcharakter für die Palliativversorgung im gesamten Bundesgebiet“, ist Spelmeyer überzeugt. Insbesondere die Niedrigschwelligkeit und die geringen Schnittstellen sollten andernorts implementiert werden, findet er.

Auch den Krankenkassen war es ein wichtiges Anliegen, die enge Verzahnung der AAPV- und SAPV-Leistungen beizubehalten. Dies ermögliche eine Versorgung ohne Lücken und Brüche, sagt Dirk Ruiss, Leiter des Ersatzkassenverbands Vdek in Nordrhein-Westfalen. „Dies ermöglicht eine hohe Versorgungskontinuität.“ In anderen Bundesländern würden die Leistungen häufig getrennt voneinander erbracht.

Es sei nicht einfach gewesen, dieses besondere Vertragsmodell unter den neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen vertraglich abzusichern und gemeinsam mit den Partnern weiterzuentwickeln, betont Ruiss. Das habe intensiver Gespräche bedurft. „Aber alle waren vom gemeinsamen Ziel getragen und es ist ein lobenswertes Ergebnis geworden“, sagt er – und spricht von einem „Musterbeispiel für die sehr gute Vertragspartnerschaft in Westfalen-Lippe“.

Vertrag bringt mehr Planungssicherheit

Anke Richter-Scheer, Vorsitzende des Hausärzteverbands Westfalen-Lippe, begrüßt die Neuverhandlung des Vertrags. Er bringe Planungssicherheit für Ärzte und Patienten und schaffe noch bessere Rahmenbedingungen für die ambulante Versorgung unheilbar erkrankter Menschen.

„Grundsätzlich ist es ein großer Erfolg, dass wir diesen Vertrag in seiner Grundphilosophie erhalten und in allen Bereichen verbessern konnten“, sagt Dr. Ulrich Weller, Vorsitzender des Berufsverbands der Palliativmediziner Westfalen-Lippe. Viele Palliativmedizinerinnen und -mediziner seien Hausärzte. Für sie werde die Arbeit attraktiver und auch ein bisschen lukrativer, betont Weller. Das helfe bei der Bekämpfung des überall bestehenden Nachwuchsproblems.

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