Olympische Spiele in Rio de Janeiro
Zika-Angst der Reisenden
Trotz Zika-Epidemie hat die brasilianische Regierung die Absage der Olympischen Spiele ausgeschlossen. Sie baut auf den Winter und auf Schutzmaßnahmen wie die konsequente Beseitigung der Brutflächen der Aedes-Mücke. Aber reicht das? Wie können sich Reisende schützen?
Veröffentlicht:RIO DE JANEIRO. Die Vorbereitungen für die Olympischen Spiele vom 5. bis 21. August 2016 in Rio de Janeiro laufen auf Hochtouren - doch die Zika-Epidemie beunruhigt die Welt.
Mittlerweile ist das Zika-Virus (ZIKV) in über 30 Ländern Mittel- und Südamerikas aufgetreten, die meisten Fälle werden aus Brasilien gemeldet. Auch von den pazifischen Inseln und aus Afrika wird von autochthonen Infektionen berichtet.
Je näher die Olympischen Spiele rücken, desto häufiger wird vermutlich auch in deutschen Praxen die Frage aufkommen: Welches Risiko gehe ich mit einer Brasilien-Reise ein?
Bisher war eine ZIKV-Infektion über den Stich einer Aedes-Mücke nicht als schwere Krankheit bekannt: Im Vergleich mit Dengue- und Chikungunyavirus-Infektionen, die ebenfalls durch die Aedes-Mücke übertragen werden, verläuft das klinische Bild der ZIKV-Infektion deutlich milder.
Die meisten Infizierten bemerken die Erkrankung nicht einmal, nur in wenigen Fällen kommt es zu Symptomen wie Hautausschlag, Kopf-, Gelenk- und Muskelschmerzen, Bindehautentzündung und Fieber.
Die Symptome treten meist innerhalb von drei bis zwölf Tagen nach einem infektiösen Mückenstich auf und halten etwa eine Woche an. Auch gibt es bislang nur sehr wenige Berichte von Todesfällen infolge ZIKV-Infektion - und dann in Zusammenhang mit vorbestehenden Gesundheitsproblemen.
Dennoch hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) am 1. Februar den Weltnotstand ausgerufen - und sieht damit die Gefährlichkeit der Zika-Epidemie gleichauf mit der der Ebola-Epidemie, bei der 10.000 Menschen starben.
Hauptgrund sind die sich häufenden Hinweise, dass eine ZIKV-Infektion bei Schwangeren eine Mikrozephalie bei den ungeborenen Kindern auslösen kann. Auch wenn eine Vielzahl anderer Faktoren wie etwa weitere Infektionskrankheiten Ursache der Mikrozephalie sein können, ist ein Zusammenhang mit der ZIKV-Infektion inzwischen als sehr wahrscheinlich einzustufen.
Reiseempfehlungen für Schwangere
So haben brasilianische Forscher in einer aktuellen Studie die Daten und Befunde von 72 Schwangeren, bei denen das Zika-Virus in Blut, Urin oder beidem nachgewiesen worden war, über einen Zeitraum von sechs Monaten gesammelt (NEJM 2016; online 4. März).
Die Frauen waren zum Zeitpunkt der Infektion in der 5. bis zur 38. Schwangerschaftswoche. Bei einer Sonographie von 42 infizierten Frauen stellten Dr. Patrícia Brasil und ihre Kollegen von der Fundação Oswaldo Cruz bei fast einem Drittel von ihnen fetale Fehlbildungen fest, etwa Wachstumsstörungen, Mikrozephalie und ventrikuläre Verkalkungen.
In zwei Fällen starben die Föten in der 36. und 38. Schwangerschaftswoche.
Bis zum Abschluss ihrer Studie hatten sechs weitere infizierte Frauen ihre Kinder lebend auf die Welt gebracht. Bei vier von ihnen hatte die Sonographie Auffälligkeiten bei den Föten ergeben - in drei Fällen hätten sich die in utero gestellten Diagnosen bestätigt, so die Forscher.
Die Studie liefert bisher den stärksten Hinweis auf einen Zusammenhang zwischen einer Zika-Infektion der Mutter und einer Mikrozephalie bei ihrem Kind.
Zudem gibt es den Verdacht auf eine sexuelle Übertragung des Zika-Virus. Die WHO rät daher Schwangeren oder Frauen, die schwanger werden möchten, nicht in Zika-Endemiegebiete zu reisen. Das Risiko für frühkindliche Fehlbildungen bei einer Infektion sei zu hoch.
Ließen sich Reisen nicht vermeiden, sollte in jedem Fall auf einen ganztägigen, konsequenten Mückenschutz mit langer Kleidung und Insektenrepellents geachtet werden.
Insektenschutzmittel empfohlen
Das Auswärtige Amt empfiehlt dabei Insektenschutzmittel auf Basis von DEET und Icaridin. Nachts sollten imprägnierte Mosquitonetze eingesetzt, der Aufenthalt an stehenden Gewässern, an denen die Mücken brüten, minimiert werden.
Diese Empfehlungen gelten generell für alle Reisenden, die Mückenstiche vermeiden wollen, besonders für solche mit Immunschwächen oder chronischen Erkrankungen.
Auch daheimgebliebenen Schwangeren, deren Partner in Risikogebiete reisen, wird empfohlen, sich beim Sex mit Kondomen vor einer unbemerkten Infektion zu schützen oder während der Schwangerschaft ganz darauf zu verzichten.
Frauen, die schwanger werden möchten, rät die WHO, für mindestens sechs Monate nach Rückkehr des Partners Kondome zu benutzen. Über eine Übertragung mit der Muttermilch ist derzeit nichts bekannt.
Eine ZIKV-Infektion scheint aber nicht nur für ungeborene Kinder ein Risiko zu sein, sondern wird auch mit dem Guillain-Barré-Syndrom (GBS), einer Lähmungserkrankung, in Verbindung gebracht.
Mehrere süd- und mittelamerikanische Länder wie Brasilien, Venezuela und El Salvador berichten in den letzten Monaten von unerwartet hohen GBS-Fallzahlen.
Zusammenhang mit GBS
Dass eine ZIKV-Infektion tatsächlich ein GBS auslösen könnte, darauf liefert eine Analyse französischer Epidemiologen einen starken Hinweis (The Lancet 2016; online 29. Februar).
Ausgangspunkt der Studie war ein Zika-Ausbruch in Französisch-Polynesien von Oktober 2013 bis April 2014. Insgesamt seien vermutlich etwa zwei Drittel der rund 270.000 Einwohner mit dem Zika-Virus infiziert gewesen, schätzen die Autoren um Van-Mai Cao-Lormeau vom Institut Pasteur in Paris. Während der Epidemie wurde bei 42 Menschen ein Guillain-Barré-Syndrom diagnostiziert.
Als die Forscher Blutproben der GBS-Patienten analysierten, konnten sie in allen Proben neutralisierende Antikörper gegen das Zika-Virus nachweisen. Virus-RNA sei allerdings in keiner Probe direkt detektierbar gewesen, die Zika-Infektion demnach nicht mehr akut gewesen, so die Wissenschaftler.
88 Prozent der GBS-Patienten hätten zudem durchschnittlich sechs Tage vor Beginn der Symptome von einem milden Infekt berichtet - für die Studienautoren ein Zeichen einer ZIKV-Infektion kurz vor Ausbruch der GBS-Symptome.
Schon im Vorfeld der Studie war die große Zahl an Guillain-Barré-Erkrankungen während des Zika-Ausbruchs in Französisch-Polynesien überraschend gewesen: Normalerweise tritt GBS in Europa und Nordamerika bei einem bis zwei von 100.000 Menschen pro Jahr auf.
Bei einer Bevölkerung von rund 270.000 wären in Französisch-Polynesien demnach deutlich weniger Fälle als 42 wahrscheinlich gewesen.
Generell gilt aber: Schwere Verläufe wie ein Guillain-Barré-Syndrom bei einer ZIKV-Infektion sind selten.
Bisher gibt es weder eine Impfung gegen das Zika-Virus noch eine Therapiemöglichkeit. Bei Reisen ist daher die Vermeidung von Mückenstichen besonders wichtig - auch, weil die Aedes-Mücke auch das Dengue- und Chikungunya-Virus überträgt.
Dabei ist zu beachten, dass die Aedes-Mücke - anders als andere Mücken - auch tagsüber sticht.