Risiko
Zunehmend Lymphome als Spätfolge bei Brustimplantaten?
Aufgeraute Brustimplantate können offenbar ein seltenes Lymphom begünstigen. Wird die Erkrankung rechtzeitig bemerkt, ist die Prognose allerdings sehr gut.
Veröffentlicht:HERSHEY. Weltweit tragen schätzungsweise 10–15 Millionen Frauen ein Brustimplantat, Tendenz steigend. Da es vor allem bei den häufig verwendeten aufgerauten Implantaten zu dem seltenen anaplastischen großzelligen Lymphom (Anaplastic Large Cell Lymphoma – ALCL) kommen kann, rechnen Experten in den kommenden Jahren mit einer steigenden Zahl solcher Erkrankungen.
Bislang wurden der US-Zulassungsbehörde FDA 300 ALCL-Fälle im Zusammenhang mit einem Brustimplantat gemeldet, neun der Betroffenen sind an dem Tumor gestorben.
Je nach Untersuchung wird eine Inzidenz von einer Erkrankung auf 4000–30.000 Implantatträgerinnen angenommen, wobei die Diagnose im Schnitt zehn Jahre nach der Implantation erfolgt. Da die Krankheit so selten ist und keine klaren Diagnosekriterien etabliert sind, ist die Inzidenz jedoch ungewiss, schreiben plastische Chirurgen um Dr. Ashley Leberfinger vom Penn State Medical Center in Hershey (JAMA Surg 2017, online 18. Oktober).
Vor 1997 keine Kasuistiken
Brustimplantate
Es gibt zwei verschiedene Implantat-Typen:
- Silikongel-Implantate und
- Kochsalzimplantate
Unabhängig vom Implantat-Typ kann die Hüllenoberfläche glatt oder rau sein. Die aufgeraute Oberfläche wurde entwickelt, um das Risiko für eine Kapselfibrose zu reduzieren.
Informationen von der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgie
Die Forscher wollten etwas mehr über den Tumor erfahren und haben versucht, sämtliche publizierten Berichte zum Implantat-assoziierten ALCL auszuwerten. Die Forscher fanden 115 Artikel zu dem Thema, in denen 95 Erkrankungen beschrieben wurden.
Der erste Bericht tauchte 1997 auf. Vor der Einführung aufgerauter Implantate gab es offensichtlich keine Kasuistiken im Zusammenhang mit Brustvergrößerungen und -rekonstruktionen. Etwas mehr als die Hälfte der 95 Betroffenen hatte das Implantat zur Brustrekonstruktion nach einer Krebserkrankung gewählt, die übrigen zu kosmetischen Zwecken.
Rund 60 Prozent der Frauen setzten auf Silikonimplantate, der Rest auf eine Füllung mit Kochsalzlösung. Im Schnitt trat der Tumor zehn Jahre nach der Implantation auf.
Chronische Entzündungsreaktionen
Bei zwei Dritteln fiel der Tumor aufgrund eines Seroms um das Implantat auf, bei sieben Patientinnen durch eine Zellmasse und bei sechs sowohl durch ein Serom als auch durch eine Zellmasse. Die übrigen litten vor allem an einer axillaren Lymphadenopathie, an Hautläsionen, Fieber, Schweißausbrüchen oder Fatigue.
Zur Diagnostik empfehlen die Forscher um Leberfinger bei Brustschwellungen Ultraschall oder MRT sowie eine Feinnadelaspiration der Flüssigkeit um das Implantat. Die zytologische Analyse bei ALCL zeigt große pleomorphe, epitheloide Lymphozyten mit viel Zytoplasma sowie einem nierenförmigen Zellkern mit deutlich erkennbaren Nukleolen.
Die Diagnose lässt sich immunhistochemisch erhärten, in der Regel sind die Lymphomzellen CD30- positiv und negativ für anaplastische Lymphomkinase. Ist eine Zellmasse erkennbar, zeigt sich oft ein schichtartiger Aufbau mit nekrotischen und sklerotischen Regionen. Das Tumorstadium sollte bevorzugt per PET-CT bestimmt werden, schlagen Leberfinger und Mitarbeiter vor.
Bei Frauen mit ALCL werden die Implantate in der Regel entfernt – das war bei 84 Prozent der Fall. 61 Prozent erhielten eine Chemotherapie, meist eine Kombi aus Cyclophosphamid, Hydroxydaunorubicin, Vincristin und Prednison (CHOP), 30 Prozent bekamen eine adjuvante Radiotherapie. Die meisten Frauen (70 Prozent) befanden sich im Stadium I der Erkrankung, eine im Stadium IV.
Ein Implantat-assoziiertes ALCL verhalte sich eher wie ein solider Tumor, so die Forscher. Die meisten Betroffenen scheinen daher von einer Resektion ausreichend zu profitieren. Achten Ärzte und Patienten rechtzeitig auf Brustschwellungen und andere Symptome, lasse sich der Tumor mit einer guten Prognose entfernen.
Als Ursache für die Erkrankung werden chronische Entzündungsreaktionen an der aufgerauten Oberfläche des Implantats vermutet.