Hausärztliche Versorgung

Ärztenetz Unna gründet MVZ

Weil zwei Hausärzte in Bergkamen keine Nachfolger finden konnten, hat das Gesundheitsnetz Unna ihre Praxen übernommen und geht am 1. Januar mit einem Medizinischen Versorgungszentrum an den Start.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Der Allgemeinmediziner Dr. Thomas Huth ist Geschäftsführer des Gesundheitsnetz Unna, das als erstes Ärztenetz in NRW ein MVZ gegründet hat.

Der Allgemeinmediziner Dr. Thomas Huth ist Geschäftsführer des Gesundheitsnetz Unna, das als erstes Ärztenetz in NRW ein MVZ gegründet hat.

© Praxis Dr. Huth

Bergkamen. Anfang Januar geht in Bergkamen Oberaden ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) der besonderen Art an den Start. Das MVZ ist von einem Ärztenetz gegründet worden – als erstes in Nordrhein-Westfalen und eines der sehr wenigen bundesweit.

„Wir wollten die ambulante medizinische Versorgung in Bergkamen Oberaden sicherstellen“, sagt Allgemeinmediziner Dr. Thomas Huth der Ärzte Zeitung. Huth ist Geschäftsführer der Gesundheitsnetz Unna (GNU) GmbH, die das MVZ gegründet hat. Er ist auch einer der beiden Geschäftsführer der MVZ GNU GmbH. Im Ärztenetz engagieren sich 64 Haus- und Fachärzte. Die GmbH hat 81 Gesellschafter, neben den Niedergelassenen sind das auch Apotheker, Zahnärzte und ein Krankenhaus.

In Bergkamen im Kreis Unna hatten die beiden Hausärzte Joachim Eick und Ulrich Buschmann jeweils mehrere Jahre lang vergeblich Nachfolger oder Nachfolgerinnen für ihre Praxen gesucht. Wenn die beiden ihre Praxen dicht gemacht hätten, wären rund 3200 Patientinnen und Patienten ohne eine leicht und schnell zu erreichende medizinische Versorgung geblieben, berichtet Huth. Sie hätten dann nach Dortmund, Kamen oder Lünen fahren müssen. Mit der Gründung eines eigenen MVZ wollten die Netzmitglieder auch verhindern, dass ein Investor oder ein Krankenhausträger diesen Schritt machen.

Das Netz muss Geld in die Hand nehmen

Die GNU-Gesellschafter haben sich mit dem Thema MVZ beschäftigt, seit der Gesetzgeber im August 2019 die Gründung von MVZ durch anerkannte Praxisnetze ermöglicht hat. 2021 wurde es dann konkret. Das Netz vereinbarte mit Eick und Buschmann die Übernahme der beiden Praxen und die Gründung des MVZ. Im September 2022 bewilligte der Zulassungsausschuss Arnsberg den entsprechenden Antrag. Während des ganzen Prozesses habe die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) die Netzärzte unterstützt, sagt Huth.

„Wir mussten uns das genau überlegen“, betont er. Schließlich ist der Schritt für das Netz mit einem finanziellen Risiko verbunden. Es hat 50 000 Euro Stammkapital in die MVZ GmbH gesteckt. „Am Anfang werden wir noch einmal 50 000 Euro aufbringen müssen.“ Das Geld fließt in Umbaumaßnahmen, auch muss die EDV umgestellt werden. „Es gibt genug zu tun“, betont der 73-jährige Huth, der selbst noch in eigener Praxis tätig ist. Zudem muss der erste Monat des Praxisbetriebs überbrückt werden, bevor das erste Honorar von der KVWL kommt.

Die Bedingungen stimmen

Im Netz habe es viele Diskussionen gegeben, manche hätten die Folgen eines Misserfolgs gefürchtet. Der Geschäftsführer musste viel Überzeugungsarbeit leisten. Das ist ihm aber offenbar nicht schwergefallen. „Ich bin sehr überzeugt, dass dies ein Erfolgsmodell ist.“

Die Bedingungen in Bergkamen Oberaden würden stimmen. „Es sind zwei gut laufende Praxen.“ Sie haben einen festen Patientenstamm. Und vor allem: Die Hausärzte machen erst einmal als angestellte Ärzte im MVZ weiter. Die Praxen bleiben an ihren Standorten – sie liegen einander direkt gegenüber – und bilden zusammen das MVZ.

Ein Ausbau des MVZ steht auf der Agenda

Auf den drei Kassensitzen des MVZ werden neben Eick und Buschmann noch zwei Hausärztinnen angestellt arbeiten: Dr. Edith Kirsch und Dr. Julia Grziwotz. Huth hofft, dass das MVZ noch zwei weitere Kolleginnen oder Kollegen für die Mitarbeit gewinnen kann. Perspektivisch sollen auch Fachärztinnen und Fachärzte hinzukommen. „Man könnte noch andere Praxen übernehmen, es gibt genügend Kolleginnen und Kollegen, die aufhören wollen“, sagt er.

Leider sei es nicht immer leicht, den Nachwuchs von der ambulanten Tätigkeit zu überzeugen. Helfen könnte ein großer Vorteil der Arbeit im MVZ: die Entlastung von organisatorischen und bürokratischen Tätigkeiten.

Lob für die MVZ-Gründung kommt von der KVWL. „Sie haben als Pionier einen zukunftsfähigen und attraktiven Weg eingeschlagen, um die ambulante ärztliche Versorgung in Bergkamen zu sichern“, lobt KVWL-Chef Dr. Dirk Spelmeyer Huth und seine Mitstreiter. „Das ist ein Meilenstein und kann ein echtes Vorbild für weitere Ärztenetze sein.“

Mehr zum Thema

Elektronische Patientenakte

KV Westfalen-Lippe: Die ePA für alle verlangt Geduld

Kommentare
Schnelle Kommunikation, aber sicher: Das hilft Teams unterschiedlicher Einrichtungen bei der effizienten Zusammenarbeit.

© [M] Famedly

Neues Kooperationswerkzeug im Netz

Effiziente Kommunikation: Der schnelle Draht von Team zu Team

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Felix Menzinger und Thomas Wieschemeyer (v.l.) haben sich 2021 gemeinsamniedergelassen – und den Schritt bisher nie bereut.  Orthopaedicum Karlsruhe

© Orthopaedicum Karlsruhe

Aus zwei Praxen wird eine

Darum ist die BAG ein Erfolgsmodell

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: MLP
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Krebsfrüherkennung

Darmkrebs: Wie finden wir die Jungen?

Lesetipps
Grafik mit Bildern von Flip-Flops auf gelbem Untergrund

© [M] Springer Medizin Verlag | Sandalen: krissikunterbunt/Stock.Adobe.com

Welt-Psoriasis-Tag

Neurodermitis und Psoriasis: Wer vom Flip-Flop-Phänomen betroffen sein könnte