Tarifvertrag
Beschäftigte am Uniklinikum Gießen/Marburg fordern Entlastung
Die Finanzierungsvereinbarung für das UKGM mit dem Land Hessen lässt den Personalmangel außen vor, kritisieren die Mitarbeiter. Sie setzen nun eine 100-Tage-Frist – andernfalls wird gestreikt.
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Bereits Ende November hatten die Beschäftigten sich zu einem Warnstreik vor dem privatisierten Uniklinikum Gießen und Marburg versammelt. Die Forderung: Tarifvertrag Beschäftigungssicherung.
© Nadine Weigel / dpa / picture alliance
Marburg/Gießen. Die Gewerkschaft Ver.di fordert gemeinsam mit mehr als 3000 Beschäftigten des privatisierten Universitätsklinikums Gießen und Marburg (UKGM) einen Tarifvertrag zur Entlastung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie eine Beschäftigungsgarantie. Trotz der vorläufigen Einigung zwischen dem Land Hessen und dem privaten Betreiber des UKGM sind die Probleme „aus unserer Sicht in keinster Weise gelöst“, erläuterte Gewerkschaftssekretär Fabian Dzewas-Rehm bei einer Pressekonferenz am Dienstag. Nach wie vor gebe es „schlicht und einfach zu wenig Personal“. An beiden Standorten fehlten Hunderte von Pflegekräften.
Daher fordern die Beschäftigten die hessische Landesregierung und die Arbeitgeber auf, sofort Maßnahmen gegen den Notstand einzuleiten. Der Tarifvertrag zur Entlastung soll nicht nur Mindestpersonalausstattungen für die Stationen und Bereiche festlegen, sondern auch einen Belastungsausgleich. Das bedeutet, dass die Beschäftigten zusätzliches Geld oder Freizeit erhalten, falls sie dennoch in Unterzahl arbeiten müssen. Damit sollen die Arbeitsplätze wieder attraktiver werden, sodass Menschen, die den Pflegeberuf verlassen haben, wieder zurückkommen.
Absichtserklärung an Politik und Arbeitgeber
Am Mittwoch wollen die Beschäftigten mit Kundgebungen in Gießen und Marburg ihren Forderungen Nachdruck verleihen. Auch die hessische Wissenschaftsministerin Angela Dorn (Grüne) sowie Vertreter der Landtagsfraktionen werden erwartet. Dabei wollen die Demonstranten eine Absichtserklärung an Politik und Arbeitgeber übergeben, die eine 100-Tage-Frist beinhaltet. Sollte das Ultimatum am 24. März ergebnislos auslaufen, werde gestreikt, kündigten sie an. Schließlich gebe es Entlastung per Tarifvertrag bereits in Nordrhein-Westfalen, Jena, Mainz, Berlin und auch am Uni-Klinikum Frankfurt, so Dzewas-Rehm.
Wie die Arbeitsbedingungen am privatisierten mittelhessischen Universitätsklinikum bislang aussehen, schilderte die Kinderkrankenschwester Michaela Newel. Als sie 2017 auf der kinderonkologischen Station in Gießen begann, waren sie in der Regel zu sechst in der Frühschicht. Mittlerweile seien sie nur noch drei. Das bedeute, dass sie bei Erst-Diagnose-Gesprächen aus Zeitmangel nicht dabei sein und mit den oft verängstigten Eltern sprechen könnten.
Unterstützung durch die Ärzteschaft
Auch auf der pneumologischen Station in Marburg habe sich die Zahl der Examinierten halbiert, berichtete ihre Kollegin Nilüfer Cankut: „Das gefährdet die Patienten. So kann man einfach nicht weiterarbeiten“, sagte sie. „Die Ärzte stehen alle hinter uns, weil sie wissen, dass sie ihre Arbeit auch besser machen können, wenn wir entlastet werden“, ergänzte Newel.
Das Land Hessen hatte erst vor wenigen Tagen eine Einigung auf einen Zukunftsvertrag mit dem zum Asklepios-Konzern gehörenden privaten Krankenhausbetreiber Rhön bekannt gegeben. Das Zukunftspapier soll den Investitionsbedarf des UKGM für die nächsten zehn Jahre sichern. Ver.di kritisiert allerdings, dass die Beschäftigungssicherheiten nicht für die Service GmbH gelten, also für Mitarbeiter aus dem Hol- und Bringdienst, dem Krankentransport oder der IT-Abteilung. Zudem fordert sie ein Ausgliederungsverbot.