Kindergesundheitsbericht in Bayern
Corona-Kilos bei Kindern: Pädiater plädieren für mehr Hilfsangebote
Die Corona-Pandemie hat teils sogar positive Auswirkungen auf die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen gehabt, heißt es im neuen bayerischen Kindergesundheitsbericht. Doch die negativen Folgen sind nicht wegzureden.
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Verrammelte Spielplätze, ausgefallener Schulsport: Der bayerische Kindergesundheitsbericht zeigt die Folgen der Corona-Pandemie auf. Pädiater sprechen sich für besser vernetzte Hilfsangebote aus.
© Jan Woitas/dpa
München. Ängste und Depressionen, zu wenig Bewegung, zu viel Speck auf den Rippen: Die Corona-Pandemie hat nach Einschätzung der bayerischen Staatsregierung neben einigen positiven Effekten viele negative Folgen für die Gesundheit der Minderjährigen.
„Der Mehrzahl unserer Kinder und Jugendlichen in Bayern geht es nach wie vor gut. Dennoch besteht kein Zweifel, dass die Pandemie für die Kinder und Jugendlichen auch erhebliche körperliche, psychische und soziale Folgen hatte, die sich teilweise erst noch zeigen werden“, sagte Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) am Donnerstag in München bei der Vorstellung des aktuellen Kindergesundheitsberichts.
Sorgen macht den Fachleuten etwa der Bewegungsmangel der rund 2,2 Millionen Kinder und Jugendlichen im Freistaat. Der habe sich in der Pandemie massiv verstärkt, sagte die auf Kinder spezialisierte Sport- und Gesundheitswissenschaftlerin Professor Renate Oberhoffer-Fritz von der TU Universität München.
„Das hat man in diesem Maß nicht voraussehen können.“ Dagegen müsse man nun dringend gemeinsam etwas tun. Ebenso wie gegen die zusätzlichen „Corona-Kilos“: 30 Prozent der Kinder hätten in einer Befragung angegeben, in der Pandemie-Phase zugenommen zu haben.
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Hilfsangebote besser vernetzen
Doch die Pandemie hatte nicht nur physische Folgen: Man habe eine enorme Zahl von psychischen Veränderungen gesehen, sagte Dr. Gabi Haus, Vorsitzende des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) in Bayern. Hilfsangebote für Kinder und Jugendliche müssten deshalb besser vernetzt, niederschwellige Hilfsangebote ausgebaut werden.
In die gleiche Kerbe schlägt die Arbeiterwohlfahrt: „Die Voraussetzungen für die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen müssen auf allen Ebenen gewährleistet werden. In Bayern ist das keinesfalls so, deshalb fordern wir die Staatsregierung auf, flächendeckend die akute und weiterführende Versorgung sowie präventive Maßnahmen auszubauen.“
Es müsse überall auch für Minderjährige einen psychiatrischen Krisendienst geben, bei den sozialpsychiatrischen Diensten und den Suchtberatungsstellen sollten spezialisierte Fachkräfte arbeiten, und es brauche mehr Plätze in jugendpsychiatrischen Kliniken und bei Psychotherapeuten.
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Weniger Unfälle in der Freizeit und auf dem Schulweg
Der Kindergesundheitsbericht zeigt jedoch auch positive Folgen der Pandemie auf die Gesundheit des Nachwuchses. . So haben sich beispielsweise die Schulunfälle 2020 mit etwa 82 .000 Fällen im Vergleich zu 2019 fast halbiert. Auch mussten weniger junge Menschen wegen Alkohol- oder Drogenkonsums in medizinische Behandlung. In anderen Bereichen wie den Vorsorgen oder dem Neugeborenenscreening gab es keine großen Änderungen.
Bei den Früherkennungsuntersuchungen gab es unmittelbar nach Beginn des ersten Lockdowns von Mitte bis Ende März 2020 bundesweit eine verringerte Nachfrage. Diese seien aber offenbar „weitgehend“ nachgeholt worden. Im ersten Quartal 2021 gab es insbesondere bei der U8 und U9 starke Zuwächse. Doch auch hier handele es sich möglicherweise um Nachholeffekte, heißt es im Bericht. (dpa)