Landtagswahl in Berlin

Die Senatorin wechselt – die Probleme bleiben

Am Sonntag wird in der Hauptstadt auch das Abgeordnetenhaus gewählt. Die Bilanz von Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) fällt gemischt aus. Der Nachfolger erbt viele Baustellen.

Madlen SchäferVon Madlen Schäfer Veröffentlicht:
Ralf Wieland (SPD), Präsident des Abgeordnetenhauses, warb Ende August für die Teilnahme an der Wahl.

Ralf Wieland (SPD), Präsident des Abgeordnetenhauses, warb Ende August für die Teilnahme an der Wahl.

© Christophe Gateau / dpa

Berlin. Wenn am 26. September die Wahllokale öffnen, wählen die Berliner gleich dreifach: Neben der Bundestagswahl geben die Menschen ihre Stimmzettel auch zur Wahl des Abgeordnetenhauses und der Bezirksverordnetenversammlungen ab. Derzeit wird die Hauptstadt von einer rot-rot-grünen Koalition regiert.

Bei der vergangenen Wahl 2016 wurde die SPD die stärkste Kraft. Nach aktuellen Umfragewerten könnte sie auch dieses Mal die meisten Sitze im Abgeordnetenhaus erhalten. Laut Infratest dimap liegt die SPD bei 24 Prozent, gefolgt von den Grünen mit 18 Prozent und der CDU, die derzeit 16 Prozent der Stimmen erhalten würde (Stand 17. September). Die Linke liegt aktuell bei 13 Prozent, die AfD steht bei zehn Prozent, die FDP bei sieben Prozent.

Ambitionierte Pläne der Senatorin

In den vergangenen fünf Jahren bekleidete Dilek Kalayci (SPD) das Amt der Senatorin für Gesundheit – zuvor war sie Arbeitssenatorin gewesen. Die Gesundheitssenatorin hatte ambitionierte Pläne: Kalayci wollte der Leiharbeit in Kliniken und Pflegeeinrichtungen an den Kragen. Außerdem sollten mehr Menschen für den Pflegeberuf gewonnen werden.

Die Krankenhausplanung sollte enger mit dem Nachbarbundesland Brandenburg abgestimmt, die Kliniken mit mehr Kapazitäten und Personal ausgestattet werden. Erst kürzlich hat der Senat – verspätet – die Krankenhausplanung 2020 beschlossen, die 1370 mehr Betten vorsieht. Die Krankenhausgesellschaft mahnte daraufhin abermals ausreichend Mittel für die Investitionsförderung an.

Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus

  • 2,456 Millionen Wahlberechtigte sind am 26. September zur Wahl des Abgeordnetenhauses aufgerufen, 39 Parteien bewerben sich.
  • 160 Abgeordnete sind derzeit im Landesparlament, darunter vier von ihnen sind fraktionslos. Bei der Wahl werden mindestens 130 Abgeordnete gewählt.
  • Bei der letzten Wahl zum Abgeordnetenhaus im Jahr 2016 belief sich die Wahlbeteiligung auf 66,9 Prozent. Die SPD erzielte 21,6 Prozent, die CDU 17,6 Prozent, die Linke 15,6 Prozent, die Grünen 15,2 Prozent, die AfD 14,2 Prozent und die FDP 6,7 Prozent. (mas)

Geld ist in den vergangenen fünf Jahren auch ein chronisches Problem bei der Bezahlung von Ärzten im öffentlichen Gesundheitsdienst gewesen. Die Mediziner dort verdienen deutlich weniger als beispielsweise im Krankenhaus – entsprechend zäh gestaltete sich die Nachbesetzung von Stellen.

Nach langem Streit hat der Senat im vergangenen Jahr schließlich einer übertariflichen Bezahlung von Ärzten im ÖGD zugestimmt. In der Corona-Pandemie ist der Personalmangel in den Gesundheitsämtern – insbesondere bei der Kontaktnachverfolgung – erneut deutlich. Im Mai dieses Jahres hat der ÖGD daher vom Senat eine zusätzliche Finanzspritze von 17 Millionen Euro erhalten.

Anlässlich der Verabschiedung des Doppelhaushalts 2022/23 setzte der Senat im Juni ein Signal und übernimmt künftig die Kosten für die Ausbildung der Auszubildenden in der Langzeitpflege an Pflegeschulen.

Lokale Lücken in der Versorgung

Ein weiterer gesundheitspolitischer Dauerbrenner waren regionale Ungleichgewichte in der ambulanten Versorgung. Der sogenannte Letter of Intent, der 2013 zwischen Senat, der KV Berlin sowie den Kassen geschlossen wurde, sollte für eine gleichmäßige Verteilung von Arztpraxen in allen Stadtteilen sorgen. Erreicht werden sollte dies über Vorgaben beim Umzug von Praxen. Innerhalb Berlins sollten nur noch Umzüge in Bezirke mit einem schlechteren Versorgungsgrad möglich sein.

Doch die erhofften Ziele wurden nicht erreicht. Speziell im Berliner Osten fehlen nach wie vor Mediziner, insbesondere Hausärzte. Die KV Berlin hat deshalb ein umfangreiches Förderprogramm auf den Weg gebracht. 21 Millionen Euro werden in den unterversorgten Bezirken Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf und Treptow-Köpenick investiert. Dabei werden Neuniederlassungen, die Übernahme von Praxen sowie Zweigpraxen finanziell gefördert. Lokale Brennpunkte gibt es auch in der pädiatrischen Versorgung. Bereits 2018 waren daher acht neue Kinderarztsitze geschaffen worden.

Erste KV-Praxis ab Sommer 2022

Da vor allem junge Ärzte sich lieber anstellen lassen, anstatt in die Selbstständigkeit zu gehen, will die KV eine GmbH gründen. Diese soll in den drei Bezirken eigene Praxen einrichten, in denen Ärzte angestellt werden können.

Die KV hofft, dass die Ärzte nach einigen Jahren dann die Praxen übernehmen. Die Eröffnung der ersten KV-Praxis ist für das zweite Halbjahr 2022 geplant. Der Druck ist groß: In den kommenden vier Jahren werden rund 800 Hausärzte in Rente gehen.

Ein Schlaglicht auf die Herausforderungen in der Pflege werfen die aktuellen Streiks der Pflegekräfte an der Charité und bei Vivantes. Sie fordern nicht nur mehr Geld, sondern auch einen besseren Personalschlüssel.

Der Posten der Gesundheitssenatorin wird nach der Wahl in jedem Fall neu besetzt: Kalayci hat bereits im vergangenen Jahr ihren Rückzug angekündigt und kandidiert auch nicht mehr für das Abgeordnetenhaus.

Mehr zum Thema

Ausland

Ruanda erklärt Marburgvirus-Ausbruch für beendet

Das könnte Sie auch interessieren
Glasglobus und Stethoskop, eingebettet in grünes Laub, als Symbol für Umweltgesundheit und ökologisch-medizinisches Bewusstsein

Klimawandel und Gesundheitswesen

Klimaschutz und Gesundheit: Herausforderungen und Lösungen

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein MRT verbraucht viel Energie, auch die Datenspeicherung ist energieintensiv.

© Marijan Murat / dpa / picture alliance

Klimawandel und Gesundheitswesen

Forderungen nach Verhaltensänderungen und Verhältnisprävention

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

© Frankfurter Forum für gesellschafts- und gesundheitspolitische Grundsatzfragen e. V.

Das Frankfurter Forum stellt sich vor

Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein Roboter, der Akten wälzt? Künstliche Intelligenz kann bereits mit Leitlinien umgehen – jedenfalls wenn sie so gut strukturiert sind wie die der DEGAM.

© Iaroslav / stock.adobe.com

Digitalisierung in der Medizin

Kollegin Dr. ChatGPT? Wie Künstliche Intelligenz Ärzten helfen könnte

Digital und innovativ: Klinikum Siegen überzeugt von Fluency Direct

© Solventum Germany GmbH

Solventum Spracherkennung

Digital und innovativ: Klinikum Siegen überzeugt von Fluency Direct

Anzeige | 3M Healthcare Germany GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
In der Klinik Königshof in Krefeld werden Menschen mit psychischen Erkrankungen behandelt. Die digitale Terminvergabe über Doctolib senkt eine Hemmschwelle: Es fällt leichter, mit wenigen Klicks einen Termin zu buchen, als im direkten Gespräch am Telefon.

© St. Augustinus Gruppe

Unternehmensstrategie für Krankenhäuser

Patientenportal stärkt die Reichweite der Klinik

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Patientenportale: Greifbarer Mehrwert für Klinik und Patienten

© MQ-Illustrations / stock.adobe.com

Digitalisierung von Krankenhäusern

Patientenportale: Greifbarer Mehrwert für Klinik und Patienten

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Susanne Dubuisson, Product Leader in Health Tech beim E-Health-Unternehmen Doctolib.

© Calado - stock.adobe.com

Tools zur Mitarbeiterentlastung

Online-Termine gegen den Fachkräftemangel

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Praxisabgabe mit Hindernissen

Warum Kollege Gieseking nicht zum Ruhestand kommt

Lesetipps
Krankenkassen haben zum Jahreswechsel schlechte Botschaften für ihre Mitglieder: die Zusatzbeiträge steigen stark. Die Kritik an versäumten Reformen der Ampel-Koalition ist einhellig.

© Comugnero Silvana / stock.adobe.com

Update

62 Kassen im Beitragssatz-Check

Höhere Zusatzbeiträge: So teuer wird Ihre Krankenkasse 2025