Kritik der Kammer
Diskussion um ÖGD-Quote in Rheinland-Pfalz
Vier Ärzte und ein Weiterbildungsassistent pro Hunderttausend Einwohner sind im Öffentlichen Gesundheitsdienst angemessen, hatte die rheinland-pfälzische Gesundheitsministerin festgestellt. Davon ist das Land weit entfernt, kritisiert die Ärztekammer.
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Auch in Rheinland-Pfalz gibt es viel zu wenige Ärzte im Öffentlichen Gesundheitsdienst. Die Kammer fordert die kommunalen Arbeitgeber auf, endlich einen Tarifvertrag einzuführen.
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Mainz. Einer ausreichenden Personalausstattung im Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) kommt hohe Bedeutung zu, betonte die rheinland-pfälzische Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) am Dienstag.
„Die Aufgaben des Öffentlichen Gesundheitsdienstes haben sich in den letzten Jahrzehnten gewandelt und sind umfangreicher und vielfältiger geworden. Nach unserer Einschätzung ist zur Aufgabenerfüllung und Gewährleistung einer bedarfsgerechten Erreichbarkeit eine Besetzung der Gesundheitsämter mit durchschnittlich vier Ärztinnen und Ärzten pro 100 .000 Einwohner sowie einer Weiterbildungsassistentin oder einem -assistent per Gesundheitsamt angemessen“, erklärte die Ministerin bei einer Kabinettssitzung zur Stärkung des ÖGD.
Sechs Studienplätze über ÖGD-Quote
Rheinland-Pfalz sei sich der besonderen Bedeutung des ÖGD bewusst und habe schon 2016 Maßnahmen ergriffen, um den ÖGD zu stärken und dem Nachwuchsmangel entgegenzutreten, so die Ministerin weiter, die in diesem Zusammenhang insbesondere auf die ÖGD-Quote bei der Medizinstudienplatzvergabe hinwies.
Neben 27 Studienplätzen, die für angehende Landärzte über die Quote vergeben werden, stehen sechs Plätze für diejenigen jungen Menschen bereit, die sich nach dem Studium verpflichten, als Arzt im ÖGD zu arbeiten. Derzeit werden die Bewerber noch ausgewählt, die im kommenden Wintersemester ihr Medizinstudium über die Quote beginnen.
Da Rheinland-Pfalz 4,085 Millionen Einwohner hat (Stand 2019) müssten nach den obigen Zahlen der Ministerin also gut 162 Ärzte und etwa 40 Ärzte in Weiterbildung im ÖGD beschäftigt sein.
52 ÖGD-Ärzte, 162 sollten es sein
Tatsächlich liegen die Zahlen aber weit darunter und sind stetig rückläufig. Während im Jahr 2000 noch 55 berufstätige Ärzte für den ÖGD registriert waren, seien es 2019 nur noch 52 gewesen, teilt die Ärztekammer mit. Und während im Jahr 2000 noch 32 der 55 ÖGD Ärzte noch jünger als 50 Jahre waren, sind es 2019 nur zehn. „Das bedeutet einen Rückgang beim Nachwuchs innerhalb von 19 Jahren um rund 70 Prozent“, teilt die Kammer am Freitag mit.
„Jahrelange Sparzwänge, schlechte Bezahlung und daraus resultierende Nachwuchssorgen im ÖGD haben diesen in die Knie gezwungen“, kritisiert Dr. Günther Matheis, Präsident der Ärztekammer RLP.
Die ÖGD-Vorabquote bei der Vergabe von Studienplätzen reiche bei weitem nicht aus, um ausreichend Nachwuchs zu gewinnen, so Matheis weiter. Er fordert, dass die Tarifgehälter der Ärzte im ÖGD an die Gehälter von Klinikärzten angeglichen werden. „Denn Nachwuchsgewinnung im ÖGD ist schwierig, wenn die Gehälter der Kollegen dort um rund 1000 Euro brutto im Monat niedriger liegen als in der Klinik“, erklärt Matheis.
Matheis fordert Tarifvertrag
Außerdem müsse dringend ein eigener Tarifvertrag für Ärzte im ÖGD her. Dem würden sich die kommunalen Arbeitgeber aber weiterhin verweigern. Matheis: „Sie konterkarieren damit den im Konjunkturpaket der Bundesregierung beschlossenen „Pakt für den öffentlichen Gesundheitsdienst“.
Die „einzige verlässliche und dauerhaft wirksame Strategie zur Gewinnung ärztlichen Personals in den Gesundheitsämtern ist ein arztspezifischer Tarifvertrag wie er in Krankenhäusern, im Medizinischen Dienst der Krankenkassen und anderen Bereichen des Gesundheitswesens längst gang und gäbe ist.“