Studie aus Nordrhein-Westfalen

Einsamkeit ist unter Jugendlichen ein Massenphänomen

Einsamkeit unter Jugendlichen ist einer neuen Studie aus Nordrhein-Westfalen zufolge weit verbreitet. Die Wissenschaft sieht Handlungsbedarf.

Veröffentlicht:
Maike Luhmann, Einsamkeitsforscherin, stellte die Studie in Berlin vor.

Maike Luhmann, Einsamkeitsforscherin, stellte die Studie in Berlin vor.

© Hannes P. Albert/dpa

Berlin. Einsamkeit hat unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen seit der Pandemie deutlich zugenommen und ist sehr weit verbreitet. „Einsamkeit ist so was wie eine heimliche Pandemie“, sagte NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst am Freitag bei Vorstellung einer Studie in Berlin. Es handele sich um ein „Massenphänomen“ unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen.

Das Thema sei als „neue soziale Frage unserer Zeit“ für die gesamte Gesellschaft relevant. Die Einsamkeitsforscherin Maike Luhmann betonte, es sei wichtig, die Aufmerksamkeit auf junge Menschen zu richten. Sie hatte die Untersuchung im Auftrag der Landesregierung mit einem Team durchgeführt.

Schon unter Zehnjährige fühlen sich allein

Unter fast 1.000 Personen zwischen 16 und 20 Jahren, die im Herbst 2023 in Nordrhein-Westfalen befragt worden waren, sind rund 16 bis 18 Prozent laut Studie sehr einsam. Bei den jüngeren Befragten - knapp 1.250 Achtklässler zwischen 13 und 15 Jahren - seien knapp vier bis elf Prozent als stark einsam einzustufen.

Die Spannen in den Ergebniszahlen ergeben sich, weil nach Geschlecht und in zwei Arten von Einsamkeit - emotional und sozial - getrennt wurde. Vergleichbare bundesweite Daten zeigten ebenfalls gestiegene, hohe Einsamkeitswerte, sagte Luhmann, die auch die Bundesregierung berät. Es gebe wenig Vergleichsdaten für junge Menschen, aber eine Zunahme in Deutschland sei eindeutig, sagte die Expertin der Nachrichtenagentur dpa.

Digitale Medien leisten Beihilfe

Insgesamt waren in den beiden separaten Erhebungen rund 2.200 junge Leute befragt worden. Addiert man in beiden Altersgruppen noch diejenigen hinzu, die moderat oder manchmal einsam sind, steigen die Zahlen noch erheblich an. Tendenziell machte die Analyse etwas mehr weibliche Betroffene aus.

Ein erhöhtes Risiko haben Jugendliche mit besonderen persönlichen oder psychischen Belastungen und auch junge Menschen, die Diskrimierungserfahrungen gemacht haben, erläuterte die Expertin der Uni Bochum. Die Pandemie hinterlasse Spuren. Auch Faktoren wie hoher Konsum digitaler Medien spielten eine Rolle.

Armut wichtiger Faktor

Und: „Wir haben festgestellt, dass diejenigen, die angegeben haben, dass sie finanzielle Probleme haben in ihrem Haushalt, auch eher einsam sind“, unterstrich Luhmann. „Das ist ein deutschland- und europaweites Phänomen, wenn nicht gar ein internationales.“

Sie berichtete: „Aus der Forschung wissen wir, dass Einsamkeit, wenn sie chronisch wird, mit einer ganzen Reihe von negativen Konsequenzen verbunden ist.“ Folgen könnten sein: Gestörter Schlaf, soziale Angst, Depression, sinkende schulische Leistungen, weniger Bewegung und Aktivitäten.

Es gehe gerade bei jungen Menschen darum, langanhaltende negative Folgen bis hin zu körperlichen und psychischen Erkrankungen zu vermeiden.

Es solle mehr Wissen vermittelt werden, rät die Studie. Weitere Tipps: Soziale und emotionale Kompetenzen stärken, mehr Begegnungsorte schaffen und Jugendliche da ansprechen, wo sie sind - also in Schule und Internet. (dpa)

Mehr zum Thema

Innovationsfonds-Projekt

EliPfad sagt dem Drehtüreffekt den Kampf an

Kommentare
Protest vor dem Bundestag: Die Aktionsgruppe „NichtGenesen“ positionierte im Juli auf dem Gelände vor dem Reichstagsgebäude Rollstühle und machte darauf aufmerksam, dass es in Deutschland über drei Millionen Menschen gebe, dievon einem Post-COVID-Syndrom oder Post-Vac betroffen sind.

© picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

Symposium in Berlin

Post-COVID: Das Rätsel für Ärzte und Forscher

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung
Krisenkommunikation war Schwachpunkt in der Pandemie

© HL

Herbstsymposium der Paul-Martini-Stiftung

Krisenkommunikation war Schwachpunkt in der Pandemie

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung

Corona-Pandemie

Lockdowns: Ein hoher Preis für den Nachwuchs

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Forscher geben Entwarnung: Handys führen nicht zu einem erhöhten Risiko für verschiedene Krebsarten.

© DragonImages / stock.adobe.com

Zeitreihenanalyse

Studie: Handynutzung erhöht das Krebsrisiko nicht

Akute Atemwegssymptome – wieviel trägt die Luftverschmutzung bei? (Symbolbild mit Fotomodell)

© Sofiia / stock.adobe.com

Respiratorische Symptome

Mehr Luftverschmutzung, mehr Antibiotika