Wenig Ärzte, viele alte Bürger
In Brandenburg sind Rettungswagen öfter im Einsatz
Im Vergleich zu anderen Bundesländern wird in Bradenburg häufiger der Rettungswagen gerufen, zeigt eine Studie. Notfälle werden auffällig oft in Kliniken behandelt.
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Der Rettungswagen wird in Brandenburg überdurchschnittlich häufig gerufen.
© Britta Pedersen / dpa
Potsdam. Die Brandenburger nutzen in medizinischen Notfällen überdurchschnittlich oft den Rettungswagen und die Notaufnahmen der Krankenhäuser. Das führe zu vermeidbaren Ressourcenverbrauch und langen Wartezeiten in den Kliniken.
Zu diesem Ergebnis kommt ein Forschungsprojekt des IGES-Instituts und der CSG Clinischen Studien Gesellschaft, das im Auftrag der Landesregierung erstellt, mit Mitteln des Innovationsfonds finanziert und jüngst auf einem Fachsymposium vorgestellt wurde.
Der Studie zufolge werden in Brandenburg 76 Prozent der Notfälle in Krankenhäusern behandelt. Im Bundesdurchschnitt sind das lediglich 55 Prozent. Rettungswagen werden 121 Mal je 1000 Einwohner gerufen. Bundesweit war das nur 78 Mal der Fall.
Als eine Ursache dafür nennen die Studienmacher den hohen Altersdurchschnitt im Land: in Brandenburg lebt der viertgrößte Anteil von Über-65-Jährigen. Mehr als die Hälfte der stationär aufgenommenen Notfallpatienten stammen aus einem Pflegeheim.
Bundesweit niedrigste Arztdichte
„In den vergangenen Jahren hat die Zahl der Ärzte, die Dienste in Pflegeheimen machen, zwar zugenommen“, heißt es in einer Pressemitteilung. „Eine weitere Verbesserung der vertragsärztlichen Versorgung könnte aber dazu beitragen, Notfalleinweisungen aus Pflegeheimen zu verhindern.“
Ein Grund für die häufige stationäre Notfallversorgung sei, dass Brandenburg die bundesweit niedrigste Arztdichte habe. Eine Befragung von 1200 Brandenburgern ergab, dass jeder Zweite einen Hausarztmangel und 80 Prozent der Befragten einen Facharztmangel beklagten. Knapp jeder Zweite bewerte die Erreichbarkeit eines Facharztes oder einer ärztlichen Bereitschaftspraxis schlecht. Und nur jeder Dritte kenne den ärztlichen Bereitschaftsdienst.
Mehr als jeder Zehnte der Befragten gab an, außerhalb von Praxisöffnungszeiten in als dringend empfundenen Situationen am ehesten den Rettungsdienst zu rufen. Jeder Dritte würde sich entweder an eine Klinik-Rettungsstelle oder den ärztlichen Bereitschaftsdienst wenden. Jeder Vierte sei hingegen nicht festgelegt und entscheide je nach Art der gesundheitlichen Beschwerden.
17 Bereitschaftspraxen geschaffen
Die Studienmacher begrüßten, dass in Brandenburg in den letzten Jahren 17 ärztliche Bereitschaftspraxen geschaffen wurden. 70 Prozent aller Fälle des vertragsärztlichen Notdienstes würden inzwischen von derartigen Bereitschaftspraxen versorgt.
Die Zahl ambulanter Notfälle der Rettungsstellen, bei denen eine ärztliche Bereitschaftspraxis angesiedelt ist, reduzierte sich im Zeitraum 2013 bis 2019 um durchschnittlich 2,4 Prozent jährlich. Zwar benötigten knapp 15 Prozent der Einwohner mehr als 30 Minuten Autofahrtzeit dorthin. Auf der anderen Seite trage diese Zentralisierung dazu bei, das knappe ärztliche Personal effektiver zu nutzen.
Die Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg verwies darauf, dass überall im Land rund um die Uhr Ärzte erreichbar seien. „Über die 116 117 erhalten Patienten genau die Hilfe, die medizinisch notwendig ist“, sagte ihr Vorstandsvorsitzender Peter Noack. Medizinisch geschultes Personal bewerte und disponiere die Anrufe. Möglicherweise lebensbedrohliche Notfälle würden „auf Knopfdruck“ direkt an die 112 weitergegeben.
„Gleichzeitig übergeben die Leitstellen weniger bedrohliche Fälle direkt an uns“, sagte Noack. „Das entlastet das Rettungssystem im Land Brandenburg.“ Vor allem die ärztlichen Bereitschaftspraxen seien wichtige Anlaufpunkte für die Patienten .„Sie entlasten gleichzeitig die Notaufnahmen der Krankenhäuser von nicht lebensbedrohlichen Fällen.“