Entwicklung der Investitionen

Kliniken in NRW beklagen: „Nur die Substanz zu erhalten, reicht nicht“

Das Investitionsbarometer in Nordrhein-Westfalen zeigt Alarmstufe rot. Vom Land erhalten die Kliniken nur die Hälfte dessen, was allein für den Substanzerhalt nötig wäre. Für die Landesregierung gibt es aber auch lobende Worte.

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Die Landesregierung in NRW sollte einen jährlichen Anpassungspfad bei den Investitionsfördermitteln anstreben: Professor Boris Augurzky, Leiter des Kompetenzbereichs Gesundheit beim RWI.

Die Landesregierung in NRW sollte einen jährlichen Anpassungspfad bei den Investitionsfördermitteln anstreben: Professor Boris Augurzky, Leiter des Kompetenzbereichs Gesundheit beim RWI.

© Sven Lorenz, Essen

Düsseldorf. Den Krankenhäusern in NRW fehlen jährlich mehr als 1,2 Milliarden Euro für den Erhalt und die Modernisierung ihrer Gebäude und Anlagen. Zu diesem Ergebnis kommt das aktuelle „Investitionsbarometer NRW“, die das RWI Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Essen und das Institut für Health Care Business erstellt haben.

„Die Krankenhäuser in NRW leben schon seit vielen Jahren auf Kosten der eigenen Substanz“, sagte der Präsident der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW), Ingo Morell, bei der Vorstellung der Studie am Mittwoch in Düsseldorf. „Ohne eine ausreichende Finanzierung mündet diese Entwicklung in einen riskanten Qualitätsverlust der Daseinsvorsorge.“

Die KGNW ist der Zusammenschluss der Krankenhausträger und ihrer Spitzenverbände, sie vertritt rund 340 Krankenhäuser mit etwa 276.000 Beschäftigten.

Land zahlt 626 Millionen Euro an Investitionsmitteln

Nach Ansicht von Morell muss die nächste Landesregierung, die in NRW am 15. Mai 2022 gewählt wird, den Substanzverzehr in den Krankenhäusern „zügig beenden“ und „einen Fahrplan vorlegen, wie sie dieser gesetzlichen Pflicht nachkommen werde“.

Das bevölkerungsreichste deutsche Bundesland hat den Krankenhäusern im Jahr 2019 insgesamt 626 Millionen Euro an Investitionsmitteln bereitgestellt. Das ist jedoch nur rund ein Drittel des tatsächlichen Bedarfs, den die Studie mit rund 1,85 Milliarden Euro beziffert.

Die zuletzt gewährten 626 Millionen Euro seien zudem nur die Hälfte dessen, was nötig ist, um lediglich die Substanz zu erhalten, betonte Professor Boris Augurzky, Leiter des Kompetenzbereichs Gesundheit beim RWI.

Dabei müsse auch berücksichtigt werden, dass sich das vorhandene Sachanlagevermögen der Krankenhäuser aufgrund ausgebliebener Investitionen in den vergangenen Jahren ohnehin auf einem viel zu geringen Niveau befinde und 2019 einen neuen Tiefpunkt erreicht habe.

Anstieg um 30 Prozent reicht noch nicht

Angesichts des hohen Investitionsbedarfs unter anderem für Digitalisierung, Prozesse, Veränderungen der Leistungsspektren und Klimaneutralität reiche es – im Gegensatz zu maroden Brücken im Land – im Krankenhausbereich allerdings nicht, nur einen Substanzerhalt anzustreben.

Für die amtierende Landesregierung fand Augurzky dennoch lobende Wort. „In der aktuellen Legislaturperiode wurden insgesamt mehr Fördermittel zur Verfügung gestellt als in der vergangenen“, sagte er. Der Anstieg um rund 30 Prozent sei eine positive Tendenz, reiche aber nicht.

Inflationsausgleich verlangt allein Anstieg auf 920 Millionen Euro

In NRW hatten Investitionsförderungen zuletzt nur einen Anteil von drei Prozent der Krankenhauserlöse. „Es gibt einige Bundesländer, die darüber liegen“, sagte er. Der Bundesdurchschnitt liege bei 3,5 Prozent.

Der Investitionsstau in den NRW-Kliniken beläuft sich laut der Studie mittlerweile auf insgesamt 13,8 Milliarden Euro. Problematisch sei, dass angesichts der zuletzt stark gesunkenen Jahresergebnisse immer weniger Häuser in der Lage sind, dem Investitionsbedarf aus eigenen Mitteln entgegenzuwirken.

Allein für den Inflationsausgleich müsste das Fördermittelvolumen von zuletzt 626 Millionen Euro auf 920 Millionen steigen.

Es sei klar, dass die Aufstockung der Fördermittel nicht von heute auf morgen erfolgen könne, räumte Augurzky ein. Die Politik sollte daher eine jährliche Anpassung festlegen. Um den vom RWI errechneten Zielwert von 1,85 Milliarden Euro bis 2032 zu erreichen, sei beginnend in diesem Jahr eine jährliche Anhebung um zehn Prozent nötig. (bel)

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