Sicherstellung der ambulanten Versorgung
Kommunen und KVen müssen Allianzen bilden
Weder KVen noch Kommunen wird es allein gelingen, regionale Lücken in der Versorgung zu schließen. Deshalb müssen beide Seiten möglichst eng kooperieren, wie der Sicherstellungsgipfel der KVNo zeigte.
Veröffentlicht:Düsseldorf. Um die ambulante Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, müssen sich neue Partnerschaften aus Kommunen, Kassenärztlichen Vereinigungen, Krankenhäusern und Krankenkassen bilden, glaubt Peter Renzel, Stadtdirektor von Essen. „Wir brauchen in der Gesundheitsversorgung neue strategische Allianzen“, forderte Renzel auf dem Sicherstellungsgipfel der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNo) in Düsseldorf.
Mit dem Sicherstellungsgipfel wollte die KVNo Vertreter der Kommunen über die KVNo und ihre Aufgaben und Möglichkeiten informieren und den Austausch mit den Kommunen intensivieren.
Nach der Schließung von zwei Krankenhäusern im Essener Norden habe sich die Stadt gemeinsam mit der KVNo bemüht, die Lücke auch durch zusätzliche ambulante Angebote zu füllen, berichtete Renzel. Das sei nicht einfach, da es sich beim Essener Norden um eine Region handele, in der sehr wenige Fachärzte niedergelassen seien und viele Menschen mit geringer Gesundheitskompetenz lebten.
Rahmenbedingungen für die Kooperation von KV und Kommune nötig
Die Kommune habe reagieren und Angebote schaffen müssen, sagte Renzel. „Die kommen nicht von allein.“ Mit der AOK Rheinland/Hamburg und mit Unterstützung der KVNo hat die Stadt zwei Gesundheitskioske aufgebaut. Zudem steht über das Projekt Statamed eine kurzstationäre Versorgung in einem Gesundheitszentrum zur Verfügung.
„Wir machen alle Entwicklungen im Essener Norden gemeinsam mit der KV“, betonte der Stadtdirektor. Seiner Meinung nach darf es nicht dem Zufall überlassen sein, ob eine Kommune und eine KV gut miteinander klarkommen. „Wir brauchen Rahmenbedingungen, die gesetzlich normiert sind“, forderte er.
Das aktuelle Versorgungssystem ist zumindest in manchen Gegenden bereits sehr labil, sagte Jochen Hagt, Landrat des Oberbergischen Kreises. „Wenn ein Baustein wegbricht, haben wir Riesenprobleme.“ In dem Kreis war im Jahr 2023 ein MVZ insolvent geworden. Gemeinsam mit der KVNo hatte die Kommune alternative Angebote für die Bevölkerung entwickelt.
Im oberbergischen Südkreis gibt es nach Hagts Angaben nur noch einen ambulanten Versorgungsgrad von 75 Prozent. „Die Leute wissen nicht mehr, wo sie hingehen sollen.“ Das schlage sich in steigenden Zahlen beim Rettungsdienst und den Notaufnahmen der Krankenhäuser nieder.
Die KV kann Versorgungsprobleme nicht allein lösen
Auch Hagt setzt auf die Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure, um die Versorgungsprobleme zu lösen. „Es liegt nicht nur bei der KV, die Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Ärzte in ländliche Regionen kommen, sondern da müssen wir mitwirken“, sagte er.
Die Kommune hat nach Angaben von Hagt eine Reihe von Projekten initiiert, um die Gesundheitsversorgung zu verbessern. Dazu zählt „Oberberg_Fairsorgt“: Mit telemedizinischer Unterstützung kümmern sich Case-Manager in Abstimmung mit den Hausarzt-Praxen um ältere Patientinnen und Patienten. Das Projekt sei erfolgreich, aber inzwischen sei die Förderung ausgelaufen, die Kommune kämpfe um die Weiterfinanzierung. „Wir müssen die Dinge in die Regelversorgung überführen“, sagte er. Sonst seien die Erkenntnisse aus den Projekten bald wieder verloren.
Das Projekt sei erfolgreich, aber inzwischen sei die Förderung ausgelaufen, die Kommune kämpfe um die Weiterfinanzierung. „Wir müssen die Dinge in die Regelversorgung überführen“, sagte er. Sonst seien die Erkenntnisse aus den Projekten bald wieder verloren.
Die KVNo setze bei der Verbesserung der Versorgung auf eine gute Zusammenarbeit mit den Kommunen, betonte der KVNo-Vorsitzende Dr. Frank Bergmann. „Wenn wir das partnerschaftlich gestalten können, werden wir alle davon profitieren, insbesondere die Patientinnen und Patienten.“
„Wir brauchen kluge und regionale Steuerungselemente“
Erforderlich ist aus Bergmanns Sicht ein ganzes Bündel von Maßnahmen. Ein Ziel müsse sein, die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte zu entlasten, nicht zuletzt vom „bürokratischen Irrsinn“. „Wir müssen Arztzeit freischaufeln.“
Dringenden Handlungsbedarf sieht er bei der Patientensteuerung. Im Notdienst gelinge sie über die Ersteinschätzung bei den Mitarbeitenden der Hotline 116 117 schon gut. In der Regelversorgung gestalte sich die Sache deutlich schwieriger. „Eine zentrale Steuerung kann in der Regelversorgung nicht funktionieren, wir brauchen kluge und regionale Steuerungselemente“, sagte Bergmann.
Eine Möglichkeit sei die Steuerung über Hausarztpraxen. „Hausärzte können die Patienten gezielt durch das System lenken und dabei helfen, unnötige Kontakte zu vermeiden.“ Bei bestimmten Krankheiten könnten auch Fachärzte die Steuerung übernehmen, etwa Psychiater bei psychischen Erkrankungen.
Die Delegation von Leistungen könne die Niedergelassenen ebenfalls entlasten, Stichwort Teampraxis. Notwendig sei zudem die stärkere Nutzung digitaler Tools.
„Wichtig ist, dass wir diesen Weg gemeinsam gehen“, betonte Bergmann. „Da kommen auch die Kommunen ins Spiel.“