Klinikreform

Krankenhäuser: Sorgen um „kalte Flurbereinigung“?

Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher warnt vor zu engen Vorgaben. Diese gefährdeten die Versorgung.

Benjamin LassiweVon Benjamin Lassiwe Veröffentlicht:
Petra Budke, Fraktionsvorsitzende der Grünen in Brandenburg, Andreas Otto, Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses, Dr. Mike Lehsnau, ärztlicher Direktor der Havellandkliniken, Silke Gebel, Mitglied des Abgeordnetenhauses, Dorit Zahn, Havellandkliniken, Thilo Spychalski, Geschäftsführer der Havellandkliniken und Carla Kniestedt MdL der Grünen in Brandenburg. (v.l.n.r.)

Petra Budke, Fraktionsvorsitzende der Grünen in Brandenburg, Andreas Otto, Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses, Dr. Mike Lehsnau, ärztlicher Direktor der Havellandkliniken, Silke Gebel, Mitglied des Abgeordnetenhauses, Dorit Zahn, Havellandkliniken, Thilo Spychalski, Geschäftsführer der Havellandkliniken und Carla Kniestedt MdL der Grünen in Brandenburg. (v.l.n.r.)

© Lassiwe

Nauen. Im Erdgeschoss der Havellandkliniken in Nauen findet sich ein Büro. „Arbeitsplatz Telenotarzt“ steht an der Tür. „Hier sitzen unsere Notärzte, und beraten Notfallsanitäter im Rettungswagen“, sagt Dorit Zahn, die stellvertretende kaufmännische Direktorin des kreiseigenen Krankenhauses.

Routiniert führt sie eine Gruppe von Abgeordneten der Grünen aus Berlin und Brandenburg durch ihre Klinik. Sie zeigt den Schockraum, die moderne Intensivstation, ein spezielles Behandlungszimmer für Geriatriepatienten.

180.000 Einwohner im Landkreis Havelland versorgt das Krankenhaus mit seinen Standorten in Nauen und Rathenow. Doch im Osten des Landkreises gibt es Probleme: Denn in Falkensee orientieren sich viele Einwohner stärker in Richtung der Berliner Krankenhäuser, etwa des Spandauer Waldkrankenhauses.

Im Havelland dagegen gibt es in manchen Disziplinen Probleme, die nötigen Mindestfallzahlen zu erreichen. „Wir brauchen eine bessere Abstimmung zwischen Berlin und Brandenburg“, mahnt der Geschäftsführer der Kliniken, Thilo Spychalski. „Die Krankenhausplanung muss besser koordiniert werden.“

Vorgaben für Mindestmengen bereiten Sorgen

Kritik übt der Klinikgeschäftsführer indes an der Vorstellung, eine bestimmte Anzahl durchgeführter Behandlungen sei ein Qualitätsmerkmal für die Arbeit einer Klinik. „Wenn ein großes Haus 100 Operationen und ein kleines Haus 50 Operationen durchführt, heißt das gar nichts“, sagte Spychalski. „Denn im großen Haus verteilen sich die 100 Operationen vielleicht auf vier Ärzte, während im kleinen Haus ein Arzt 50 Mal operiert - wer hat da dann mehr Erfahrung?“

Ein Problem sei auch die fehlende Ausfinanzierung von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbachs Krankenhausreform. „Wenn ich nicht weiß, wohin ich das Schiff steuern soll, wird es schwierig“, sagte Spychalski. „Hier droht eine kalte Flurbereinigung bei den Krankenhäusern, die nicht zu effizienteren Versorgungsstrukturen führt.“

Der Krankenhausdirektor warnte zudem vor einem falschen Einsatz kommunaler Mittel. „Öffentliche Träger lassen ihre Häuser nicht Pleite gehen - also greift man ins Steuersäckel“, sagte Spychalski. „Aber kommunales Geld ist eigentlich nicht dafür da, Kliniken zu subventionieren: Wenn man das macht, fehlt es an anderer Stelle.“

Wenn dann ein Spielplatz nicht gebaut werden kann, oder eine Kita nicht saniert werden könne, führe das zu Unmut in der Bevölkerung und stärke letztlich nur die AfD.

Offene Türen bei den Grünen

Bei den Abgeordneten der Grünen rannte Spychalski offene Türen ein: „Wenn über allem das Ziel einer guten Versorgung steht, müssen wir uns ganz neu die Karten legen“, sagte die Gesundheitspolitikerin der Brandenburger Grünen, die Lychener Landtagsabgeordnete Carla Kniestedt. „Wo sind welche Kreise zu ziehen, wo ist der Maximalversorger, wer macht was?“

Und die Berliner Gesundheitspolitikerin Silke Gebel sprach sich dafür aus, ehrlich mit der Kassenärztlichen Vereinigung darüber zu reden, wer wie künftig die ambulante Versorgung macht. Denn eines der erklärten Ziele der Brandenburger Gesundheitspolitik ist es, die Krankenhausstandorte im ländlichen Raum durch die Einführung ambulant-stationärer Zentren zu stabilisieren.

Nonnemacher will Länderöffnungsklauseln

Darauf wies auch Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) hin. Während ihre Parteikollegen im Havelland unterwegs waren, absolvierte sie ein Auswärtsspiel und nahm an einer Gesundheitskonferenz der oppositionellen Linksfraktion in Forst (Lausitz) teil.

„Die Sicherung einer gesundheitlichen Versorgung ist kein Selbstläufer, sondern eine der größten Herausforderungen, die wir gerade haben“, sagte Nonnemacher. „Gerade in ländlichen Flächenländern kann die Versorgung nur durch Verzahnung von stationären und ambulanten Angeboten stattfinden.“ Erneut plädierte die Ministerin auch für eine engere Zusammenarbeit von größeren und kleineren Kliniken.

In der Krankenhausreform müsse es zudem dringend nötige Länderöfnungsklauseln geben. Es dürfe keine zu detaillierten Qualitätsvorgaben geben. „Es muss klar sein, dass unsere Krankenhäuser das auch erfüllen können müssen - ansonsten würde das zu einer Gefährdung der Versorgung führen.“

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