Berliner Messe

Kritik am Ausbau der Coronaklinik an der Messe

Im Behandlungszentrum an der Jafféstraße stehen derzeit 500 Betten leer. Trotzdem will der Berliner Senat die Coronaklinik an der Messe erheblich vergrößern.

Madlen SchäferVon Madlen Schäfer Veröffentlicht:
Das Behandlungszentrum an der Messe wurde schnell aufgebaut und soll nun erweitert werden.

Das Behandlungszentrum an der Messe wurde schnell aufgebaut und soll nun erweitert werden.

© picture alliance/dpa

Berlin. Innerhalb weniger Wochen ist während der Corona-Krise auf dem Messegelände in der Hauptstadt ein Corona-Krankenhaus entstanden. Es sollte im Ernstfall die Behandlung von zeitgleich vielen COVID-19-Patienten ermöglichen.

Im Mai wurde das Behandlungszentrum Jafféstraße mit rund 500 Betten in der Halle 26 eröffnet. Nun hat wie zuvor vereinbart der Ausbau der Corona-Klinik in der Halle 26 um weitere 330 Betten begonnen.

„Das Corona-Behandlungszentrum an der Jafféstraße (CBZJ) ist Teil des Berliner SAVE-Konzept zur Versorgung von COVID-19-Betroffenen“, sagt Lisa Frerichs von der Pressestelle der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung zur „Ärzte Zeitung“.

Bisher musste im Notfall-Krankenhaus kein einziger Patient behandelt werden. Die Berliner Corona-Ampel steht derzeit in allen drei Indikatoren auf Grün. Trotzdem sind im Behandlungszentrum laut des Trägers Vivantes bereits 188 Unterstützer aktiv. Allerdings kommen sie nur dann zum Einsatz, wenn sie auch tatsächlich benötigt und zum Dienst gerufen werden würden.

„In der aktuellen Stand by-Phase absolvieren die Unterstützerinnen und Unterstützer Schulungen. 90 davon sind Ärztinnen und Ärzte, die vorher teils in niedergelassenen Praxen gearbeitet haben, Teilzeitangestellte sind oder kürzlich berentet wurden“, erklärt Frerichs.

Noch ein Potmekinsches Dorf

Gegen den derzeitigen weiteren Ausbau der Klinik regt sich Widerstand. Es sei als würde man neben das erste Potemkinsche Dorf noch ein zweites setzen wollen, meint etwa der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Berliner Abgeordnetenhaus, der Arzt Dr. Wolfgang Albers (Linke). Das Vorhaben sei epidemiologisch nicht notwendig und gesundheitspolitisch nicht begründbar.

„Das Geld gehört besser und sinnvoller in die bestehenden Häuser gesteckt, zum Beispiel um Stationen so umzurüsten, dass sie jederzeit bei Bedarf in infektiologische Isolierstationen umgewandelt werden können“, erklärt Albers auf Nachfrage der „Ärzte Zeitung“.

Für die bisher errichteten Betten gebe es zudem nicht einmal ausreichend Personal. Betrachte man die Berliner Behandlungszahlen, seit Beginn der Pandemie mussten 1409 Patienten in Berlin stationär versorgt werden, sei das Corona-Krankenhaus womöglich etwas überdimensioniert gedacht, so Albers.

„Zumal da auch noch die zusätzlichen 200, auch leer stehenden Betten im alten Prenzlauer Berg Krankenhaus sind, die Vivantes vorsorglich eingerichtet hat. Auch aus Fehlern, die man sich nicht eingestehen mag, sollte man zumindest, gegebenenfalls stillschweigend lernen“, sagt Albers.

Zukunft des Zentrums liegt in den Händen des Senats

Auch in den Reihen der CDU wird der Ausbau kritisiert. In Zeiten schnell steigender Infektionszahlen sei der Reservestandort richtig gewesen, weshalb die Idee damals unterstützt wurde. Schon damals sei allerdings deutlich gemacht worden, dass über eine Erweiterung lageabhängig entschieden werden müsse.

„Berlin braucht kein noch größeres Geister-Krankenhaus, dagegen benötigt die Messe für ihre Projekte wie die angekündigte InnoTrans dringend Kapazitäten“, erklären Christian Gräff, wirtschaftspolitischer und Tim-Christopher Zeelen, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. Bei Investitionen sollten bestehende Kliniken den Vorrang haben.

Der Berliner Senat will abhängig vom weiteren Verlauf der Corona-Pandemie entscheiden, wie mit dem Behandlungszentrum an der Messe weiter verfahren werde. Immerhin seien mehr als 90 Prozent der eingesetzten Materialien wiederverwertbar.

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Kommentare
Dr. Klaus Günterberg 17.07.202018:56 Uhr

DA BEGINNT DANN DAS GROSSE STERBEN!
Man sehe sich das Bild und die bekannten Bilder der Halle einmal bewusst an: Eine Halle mit 500 Betten, Bett an Bett. Da gibt es weder Individualität noch Möglichkeiten für Aktivitäten. Und man stelle sich vor, man würde da 500 (oder geplant 1.000) Corona-Kranke, Durchschnittsalter 79 Jahre (!) hineinlegen. Dort liegen sie dann, und liegen und liegen und liegen, …. Und was passiert dann???
„Interessant ist, dass bei Myopathien im Rahmen der SARS-Infektion histologisch eine Vaskulitis nachgewiesen wurde. …D-Dimere steigen bei einer Sepsis an, … SARS-CoV-2-Viren könnten Schlaganfälle begünstigen, so Prof. Thomalla aus Hamburg. Prof. Berlit, Neurologe, hält bei der hohen Affinität des Erregers zum AT2-Rezeptor … eine Schlaganfall-Ursache für denkbar. Und nun wird aus Wuhan auch noch von vielen Schlaganfällen bei dieser Krankheit berichtet. Erinnert sei auch an die Hinweise von Prof. Kucher, Angiologe und Cardiologe in Zürich, auf Lungenembolien.“ Soweit der Ärztliche Nachrichtendienst vom 21.4.2020. Und auch Prof. Püschel aus Hamburg berichtete von Thrombosen in den Lungengefäßen der mit SARS-CoV-2 Gestorbenen.
Wir wissen, dass Menschen in hohem Lebensalter oft multimorbid sind und vor allem dabei auch gehäuft Gefäßerkrankungen haben, dass für sie Bettlägerigkeit sehr schnell und oft zu Thrombosen, Embolien und zum Exitus führt. Da beginnt in einem Massenquartier wie in einer Messehalle das große Sterben – nicht an Covid-19 sondern durch Immobilität an Thrombosen! Kranke und pflegebedürftige Menschen sind zu Hause oder, wo unvermeidlich, in modernen Kliniken mit Raum, Bewegung und Physiotherapie sicher besser aufgehoben!

Dr. Peter Schimmelpfennig 17.07.202008:43 Uhr

Man befindet sich mit seinen Planungen offensichtlich nicht mehr in der Realität, sondern sorgt für einen imaginären Massenanfall vor. Man könnte es auch als Ressourcenverschwendung bezeichnen. Früher hat so etwas mal zu Konsequenzen für die Verantwortlichen geführt.

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