Haft und Justizvollzugsanstalt

Linke will bessere Suizidprävention in Hamburger Gefängnissen

Gefangene, vor allem in Untersuchungshaft, haben nach Angaben des Hamburger Senats ein überdurchschnittlich hohes Suizidrisiko. Prävention sei daher besonders wichtig. Die Linke sieht dennoch Handlungsbedarf.

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In Hamburger Gefängnissen, hier die JVA Fuhlsbüttel, gab es in den Jahren 2020 und 2021 nach Angaben des Hamburger Senats insgesamt acht vollendete und 33 unvollendete Suizide.

In Hamburger Gefängnissen, hier die JVA Fuhlsbüttel, gab es in den Jahren 2020 und 2021 nach Angaben des Hamburger Senats insgesamt acht vollendete und 33 unvollendete Suizide.

© Marcus Brandt/picture alliance

Hamburg. In den Hamburger Justizvollzugsanstalten haben sich im vergangenen Jahr vier Gefangene selbst getötet. Hinzu kamen zwölf Suizidversuche, wie aus der Senatsantwort auf eine parlamentarische Anfrage der Linken-Bürgerschaftsabgeordneten Cansu Özdemir hervorgeht. „Mit der Coronapandemie ist die Anzahl an Suiziden und Suizidversuchen erheblich gestiegen und seitdem auf einem hohen Niveau“, sagte Özdemir der Deutschen Presse-Agentur. Zugleich warf sie der Justizbehörde vor, es verpasst zu haben, gegenzusteuern.

2020 und 2021 gab es laut Senatsantwort insgesamt acht vollendete und 33 unvollendete Suizide. Auch in diesem Jahr nahmen sich demnach bereits zwei Gefangene das Leben, vier weitere unternahmen einen Versuch dazu.

Der Senat betonte in seiner Antwort, dass der Suizidprävention in den Hamburger Justizvollzugsanstalten (JVA) dauerhaft eine hohe Bedeutung beigemessen werde. In den vergangenen zehn Jahren habe die Zahl immer „zwischen keinem und vier Suiziden insgesamt in allen Hamburger JVAs pro Jahr“ gelegen, schreibt der Senat und stellt fest, dass es in diesem Zeitraum zu keiner überdurchschnittlichen Häufung von Suiziden gekommen sei.

Drei der vier Selbsttötungen erfolgten in U-Haft

Für Özdemir ist hingegen die „hohe Anzahl an Suiziden und Suizidversuchen in der Untersuchungshaftanstalt ein nicht zu überhörendes Alarmsignal“. Laut Antwort des Senats geschahen im vergangenen Jahr drei der vier Selbsttötungen in der Untersuchungshaftanstalt am Holstenglacis, die beiden aus diesem Jahr ebenso.

Außerdem seien unter den Suizidversuchen des vergangenen Jahres auch drei von Gefangenen gewesen, die eine sogenannte Ersatzfreiheitsstrafe verbüßten – also im Gefängnis saßen, weil sie eine Geldstrafe nicht zahlen konnten oder wollten. „Die Suizide und Suizidversuche belegen, dass Haft tödlich sein kann“, sagte Özdemir. „Deswegen muss jede Haft, die vermeidbar ist, auch vermieden werden.“ Gerade Ersatzfreiheitsstrafen seien unsozial „und gehören abgeschafft“.

Laut Senat ist eine von der Justizbehörde in Auftrag gegebene Studie zu Suiziden in Haft für den Zeitraum 2013 bis 2021 inzwischen fertig und soll dem Justizausschuss vorgestellt werden. „Es wird höchste Zeit, dass die Untersuchung endlich vorgelegt wird. Die Behörde hat das Problem lange genug nicht ernst genommen“, sagte Özdemir. Ihre Partei erwarte, „dass endlich effektive Maßnahmen zur Suizidprävention ergriffen werden – und zwar vor allem in der Untersuchungshaftanstalt“. (dpa)

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