Corona-Splitter der KW 28/2021

Long-COVID: Mehr als 200 Symptome erfasst

Auch bei Jüngeren, die aufgrund schwerer COVID-19 hospitalisiert werden müssen, treten häufig zusätzliche Komplikationen auf. Und: Patienten berichten über mehr als 200 Long-COVID-Symptome, die sich in drei Cluster kategorisieren lassen.

Anne BäurleVon Anne Bäurle und Wolfgang GeisselWolfgang Geissel und Marco MrusekMarco Mrusek Veröffentlicht:
Long-COVID-Symptome sind bisher noch unzureichend wissenschaftlich untersucht. Auch eine genaue Definition ist unklar.

Long-COVID-Symptome sind bisher noch unzureichend wissenschaftlich untersucht. Auch eine genaue Definition ist unklar.

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Update vom 16. Juli

Über 200 Symptome in 10 betroffenen Organen haben Forschende bei Long-COVID ausgemacht. Sie konnten die Symptome dabei in drei Cluster aufteilen, je nach Symptomdauer: Die Symptome im ersten Cluster treten früh im Verlauf auf, erreichen nach zwei bis drei Wochen ihren Höhepunkt und klingen dann langsam innerhalb von 90 Tagen ab. Dies sind vor allem gastrointestinale und respiratorische Symptome. Die in Cluster 2 erfassten Symptome erreichten ihren Höhepunkt etwa sieben Wochen nach Beginn und nehmen deutlich langsamer ab als diejenigen in Cluster 1. Dazu gehörten etwa neuropsychiatrische und kardiovaskuläre Symptome, die Forscherinnen und Forscher ordneten aber auch Fatigue und dermatologische Manifestationen wie die frostbeulen-ähnlichen Veränderungen an den Zehen diesem Cluster zu. Die Symptome in Cluster 3 dagegen beginnen mild und erreichen erst etwa nach 10 bis 15 Wochen ihren Peak. Sie zeigen kaum Besserung im Zeitverlauf. Zu diesen Symptomen gehören Allergien, Tinnitus, Neuralgien oder die als „Brain Fog“ bezeichneten Konzentrationsstörungen. Für die Studie hatte das Team rund 3800 Patienten befragt (E Clinical Med 2021; online 15. Juli).

Jeder zweite hospitalisierte Patient mit schwerer COVID entwickelt Komplikationen, am häufigsten Nierenkomplikationen (bei 24 Prozent) sowie respiratorische (18 Prozent) und systemische Komplikationen (16 Prozent). Das geht aus einer Studie aus dem Vereinigten Königreich mit 80.000 COVID-Patienten hervor. Am häufigsten von Komplikationen betroffen waren demnach Männer über 60 Jahre. Grundsätzlich bestehe aber auch bei jüngeren Menschen ein hohes Risiko, betonen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. So traten ihren Angaben zufolge bei 27 Prozent der 19-29-jährigen hospitalisierten Patienten mit schwerer COVID Komplikationen auf, bei den 30-39-Jährigen lag der Anteil bei 39 Prozent. 81 Prozent der hospitalisierten und schwerkranken COVID-Patienten in der Studie hatte wenigstens eine Komorbidität (Lancet 2021; online 14. Juli).

Update vom 15. Juli

Bei Kindern mit Multisystemischem Inflammatorischen Syndrom (MIS-C) scheinen die Symptome meist innerhalb kurzer Zeit wieder zu verschwinden. In einer Studie der Columbia University Vagelos College of Physicians and Surgeons wurde der Gesundheitsstatus von 45 hospitalisierten Kindern (mittleres Alter neun Jahre) mit MIS-C über mehrere Monate nachbeobachtet. Bei Hospitalisierung stellten die Ärztinnen und Ärzte im Blut der Kinder hohe Konzentrationen inflammatorischer Marker, häufig auch Lymphopenie und Lymphozytopenie fest. 80 Prozent der Kinder hatten zudem kardiale Dysfunktionen, darunter auch schwere Komplikationen wie Herzinsuffizienz oder eine Dilatation der Koronararterien. Die meisten Kinder reagierten schnell auf die Gabe von Steroiden, Immunglobulinen und Immunmodulatoren und konnten innerhalb von fünf Tagen aus der Klinik entlassen werden, berichtet das Team um Dr. Kanwal M. Farooqi. Nach der Entlassung hätten sich zudem innerhalb weniger Wochen auch die immunologischen und kardiovaskulären Marker normalisiert. Vier Monate nach Hospitalisierung hatte nur ein Kind noch persistierende milde Einschränkungen (Pediatrics 2021; online 15. Juli).

Die Delta-Variante hat in Deutschland einen Anteil von 74 Prozent erreicht. Sie wurde in den vergangenen vier Wochen (Meldewoche 24-27) in allen Bundesländern nachgewiesen. Nur in zehn Prozent der Fälle wurde dabei eine mögliche Exposition im Ausland angegeben, die meistgenannten Länder waren Spanien, die Russische Föderation und Portugal. Die vor wenigen Wochen noch dominierende Alpha-Variante wird dagegen derzeit lediglich in rund jeder fünften Probe nachgewiesen (22 Prozent), wie aus dem aktuellen RKI-Bericht zu Virusvarianten hervorgeht. Das RKI gibt außerdem geschätzte 7-Tages-Inzidenzen für die Alpha- und die Deltavariante an. Der R-Wert liegt für Delta demnach 20 bis 100 Prozent höher als für Alpha, was für eine deutlich höhere Infektiosität spricht (RKI-Bericht; online 14.Juli).

Update vom 14. Juli

Schon eine Dosis des russischen Impfstoffs Sputnik V induziert offenbar eine starke Immunantwort, wie aus einer kleinen Studie aus Argentinien hervorgeht. Drei Wochen nach einmaliger Dosis wurden bei 94 Prozent der 289 Studienteilnehmer SARS-CoV-2-spezifische IgG-Antikörper nachgewiesen, bei 90 Prozent neutralisierende Antikörper. In Bezug auf das Alter zeigten sich nur marginale Unterschiede: Bei den unter 65-Jährigen stellten die Forschenden bei 96 Prozent eine Serokonversion fest, bei den über 65-Jährigen war dies bei 89 Prozent der Fall. Das Team um Dr. Andres H. Rossi verweist in der Studie auch auf Zwischendaten der Phase-III-Studie. Demnach erreicht Sputnik V nach zweimaliger Dosis eine Schutzwirkung von 91,6 Prozent (Corona-Splitter vom 2. Februar). Bisher wurden allerdings keine weiteren Daten aus den Zulassungsstudien publiziert, die EMA prüft den Impfstoffkandidaten weiterhin in einem „Rolling Review“-Verfahren (Cell Reports Medicine 2021; online 9. Juli).

Forschende haben 13 Genloci gefunden, die mit einem schweren COVID-Verlauf assoziiert sind. In der internationalen „COVID-19 Host Genetics Initiative“ wurden dafür die Gendaten von 49.562 Patienten mit denen von rund 2 Millionen Gesunden verglichen. Die Daten stammten dabei aus zahlreichen internationalen Biobanken und klinischen Studien. Einige der gefundenen Genorte sind mit der Entstehung von Autoimmunerkrankungen, Lungenkrebs oder Lungenfibrose assoziiert. Die Ergebnisse könnten dazu beitragen, Angriffspunkte für künftige Therapien zu finden, hoffen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler (Nature 2021; online 8. Juli).

Update vom 13. Juli

Auch bei Schwangeren erreicht die Vakzine von BioNTech/Pfizer eine gute, wenn auch im Vergleich zur übrigen Population offenbar geringere Schutzwirkung. Daten von über 15.000 Schwangeren aus Israel haben in einer retrospektiven Studie eine geschätzte Schutzwirkung von 78 Prozent ergeben, in den Zulassungsstudien (an denen Schwangere nicht teilgenommen hatten) lag die Schutzwirkung bei 95 Prozent. Die Frauen befanden sich alle im 2. oder 3. Trimenon und erhielten die beiden Impfungen mit Comirnaty® im Mittel im Abstand von 21 Tagen. Ab Tag 28 nach Erstimpfung bis Tag 70 wurden in der Gruppe der Geimpften 10 SARS-CoV-2-Infektionen festgestellt, in der Gruppe der Ungeimpften 46 Infektionen. Damit ergibt sich für den untersuchten Zeitraum eine adjusted hazard reduction (aHR) von 0,22 und eine Schutzwirkung von 78 Prozent. Auch Schwangerschaftskomplikationen hatten die Forschenden in ihrer Untersuchung im Blick. Dabei bestätigen die Ergebnisse frühere Real-World-Daten: In Bezug auf Schwangerschaftskomplikationen gab es keinen Unterschied zwischen ungeimpften und geimpften Schwangeren (JAMA Netw 2021; online 12. Juli).

Update vom 12. Juli

Der Totimpfstoff CoronaVac hat vorläufigen Phase-III-Daten zufolge eine Schutzwirkung von 83,5 Prozent. Die Studie mit rund 10.000 Teilnehmern zwischen 18 und 59 Jahren, die die Vakzine des chinesischen Herstellers Sinovac Life Sciences zweimal im Abstand von 14 Tagen verabreicht bekamen, fand an 24 Studiencentern in der Türkei statt. Ab Tag 14 nach zweiter Impfung wurden in der Verum-Gruppe innerhalb von 42 Tagen neun Fälle PCR-bestätiger symptomatischer COVID-19 festgestellt, in der Placebo-Gruppe 32. Todesfälle oder schwere unerwünschte Wirkungen der Stufe 4 traten im Studienzeitraum nicht auf. Die Herstellung inaktivierter Vakzinen ist ja wegen der Kultivierung der virusproduzierenden Zellen relativ zeitaufwändig. Der Hersteller konnte deshalb im Vergleich zu Studien mit mRNA-Vakzinen erst spät mit klinischen Studien beginnen (Lancet 2021; online 9.Juli).

Die Stärke der Impfreaktion ist offenbar kein Maß für spätere Antikörpertiter. In einer prospektiven Studie zeigte sich keine Korrelation zwischen der Ausprägung der Symptome nach einer mRNA-Impfung mit Comirnaty® und dem späteren Titer der Antikörper gegen das virale Spike-Protein. Das Team um Dr. Si’Ana Coggins von der Uniformed Services University of Health Sciences in Bethesda hatte für die Studie 206 gesunde Freiwillige befragt, die nach beiden Impfungen mit Comirnaty® per Fragebögen Auskunft gaben, ob und wie intensiv zwölf lokale und systemische Reaktionen bei ihnen aufgetreten waren. Außerdem wurden sie einen Monat nach der zweiten Impfung auf IgG-Antikörper gegen das Spike-Protein und gegen die Rezeptorbindungsdomäne (RBD) untersucht (medRxiv preprint; online 2. Juli). (bs)

Liebe Leser, wir fassen die Corona-Studienlage nun wöchentlich zusammen. Eine Übersicht mit allen bereits veröffentlichten COVID-19-Splittern der vergangenen Wochen und Monate finden Sie hier:

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