Parlamentarischer Abend
Prekäre Lage bei der hausärztlichen Versorgung in Sachsen-Anhalt
Die Ärzteschaft altert in Sachsen-Anhalt, besonders bei den Hausärzten können viele Stellen nicht besetzt werden. KV und Kammer plädieren, die eigenen Medizinstudenten auch im Land halten.
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Studenten im Präpariersaal der Medizinischen Fakultät an der Universität Halle-Wittenberg. In Sachsen-Anhalt sollen die eigenen Medizinstudenten stärker im Land gehalten werden.
© Waltraud Grubitzsch/dpa
Magdeburg. Obwohl in Sachsen-Anhalt heute deutlich mehr Ärzte praktizieren als noch vor 25 Jahren, droht dem Land eine massive Unterversorgung. Der Wunsch vieler jüngerer Mediziner, vor allem unter den Fachärzten, nach Arbeitsmodellen, die Beruf und Familie besser unter einer Hut bringen, komplexere Krankheiten und die Tatsache, dass die Menschen älter und multimorbider werden, mache die Ressource Arztzeit zunehmend zur Mangelware. Während des Parlanentarischen Abends, zu dem Ärztekammer und Kassenärztlicher Vereinigung am Mittwochabend geladen hatten, wurde klar: die Standespolitik allein kann das Problem nicht lösen.
„Wir brauchen deutlich mehr Medizinstudienplätze, um auch künftig die medizinische Versorgung aufrecht erhalten zu können“, so Professor Uwe Ebmeyer, Präsident der Ärztekammer. Darüber hinaus müsse es gelingen, einen Großteil der jährlich rund 400 Absolventen der medizinischen Fakultäten in Magdeburg und Halle für Sachsen-Anhalt zu gewinnen. „Derzeit bilden wir noch zu viele Studierende für andere Bundesländer aus.” Mit dem Projekt „Raus aus der Schule – rein in die Medizin“ sollen deshalb bereits Abiturienten aus Sachsen-Anhalt für den „schönsten Beruf der Welt“ begeistert werden, so Ebmeyer.
Massives Ausscheiden ärztlicher Kollegen
Ein Blick auf die Zahlen belegt die Notwendigkeit: Kamen noch vor fünf Jahren 1,7 ältere Kollegen auf einen jüngeren Arzt, stünden heute 2,5 Ärzte über 60 einem jüngeren gegenüber. In den kommenden Jahren sei mit einem massiven Ausscheiden ärztlicher Kollegen zu rechnen. Kammer, KV und Land hätten in den vergangenen Jahren, unterstützt auch von Krankenkassen, mit Hausärzteklassen, Stipendien, Anschubfinanzierungen und vieles mehr auf den Weg gebracht, um der drohenden Unterversorgung zu begegnen. „Doch das allein reicht nicht“, so KVSA-Vorstand Jörg Böhme.
Derzeit sichern in Sachsen-Anhalt rund 4300 Ärzte und Psychotherapeuten die ambulante Versorgung ab, etwa 325 Stellen sind unbesetzt. Besonders prekär sei die Lage bei den Hausärzten: Praktizierten Ende 2000 noch 1660 Hausärzte, waren es Mitte 2022 nur noch 1459. Derzeit sind 267 Hausarzt-Stellen offen. 13 Prozent der praktizierenden Allgemeinmediziner im Land seien bereits 65 Jahre und älter. Bei den Fachärzten liegt der Anteil bei 9,7 Prozent.
„Wir brauchen aber nicht nur mehr Ärzte“, so Böhme. Ein wichtiger Anker sei qualifiziertes medizinisches Fachpersonal, das bestimmte ärztliche Aufgaben im Delegationsverfahren übernehmen und so zur Versorgung von deutlich mehr Patienten beitragen könne.