COVID-Pandemie
Saarland schärft Corona-Regeln im Eilverfahren nach
Der Saar-Landtag ermöglicht zur Pandemiebekämpfung wieder drastische Beschränkungen. Und: Ministerpräsident Hans will auch Tier- und Zahnärzte sowie Apotheker beim Impfen ins Boot holen.
Veröffentlicht:Saarbrücken. Kontaktbeschränkungen, Maskenpflicht und verstärkt 2G-Plus – die Corona-Maßnahmen im Saarland werden wieder erheblich verschärft. In einem Schnellverfahren machte der Landtag dafür den Weg frei und stellte die epidemische Lage fest. Ministerpräsident Tobias Hans sagte in einer Regierungserklärung am Montag im Landtag, er habe kein Verständnis mehr für Impfzurückhaltung. Nach seinen Angaben liegt die Sieben-Tage-Inzidenz im Saarland derzeit bei Geimpften und Genesenen bei etwa 80, bei den Nicht-Geimpften und Personen mit unbekanntem Impfstatus bei über 1200.
Obwohl das Saarland die höchste Impfquote aller Flächenländer aufweise – 74,9 Prozent waren am Montag vollständig geimpft –, seien derzeit nach Herausrechnen von Kindern und Jugendlichen noch etwas mehr als zehn Prozent der Bevölkerung nicht geimpft. Allerdings sei er froh, dass die Zahlen der Erstimpfungen wieder stiegen, so Hans.
In dieser Situation setzte die Landesregierung auf drei Instrumente, um die vierte Welle einzubremsen, einen Lockdown zu vermeiden und Geimpften und Genesenen möglichst viele Freiräume zu erhalten: das Impfen, das Testen und Kontaktbeschränkungen.
Maskenpflicht im Innenbereich
Dazu wird das Kabinett laut Hans am Dienstag wieder die Maskenpflicht im Innenbereich und bei nicht einzuhaltendem Mindestabstand auch im Freien beschließen. Treffen von Ungeimpften werden dann im privaten Bereich auf nur noch einen Haushalt und eine weitere Person beschränkt. Für alle Saarländer soll 2G in Ladenlokalen außer in Geschäften zur Grundversorgung gelten, ebenso bei Freizeitaktivitäten im Außenbereich. Ansonsten wird für Innenräume, also auch in Hotels oder der Gastronomie, 2G-Plus festgeschrieben.
Das häufige und breit angelegte Testen bremst nach Überzeugung von Hans das Infektionsgeschehen merklich ein, da es viele asymptomatische Infektionen aufdecke und so Infektionsketten unterbrochen werden können. Hans wies aber auch darauf hin, dass bei vermehrtem Testen zunächst auch einmal die Inzidenzen stiegen.
Er rief dazu auf, bereits nach fünf Monaten zu boostern. Außerdem forderte Hans erneut, so schnell wie möglich Tier- und Zahnärzten sowie Apothekern zeitlich beschränkt das Impfen zu erlauben und dafür die rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen. „Auch als medizinischer Laie kann ich mir nicht vorstellen, dass dabei das Risiko höher sein soll als der Nutzen“, sagte der Regierungschef.
Lafontaine: „Brutale Ausgrenzung“ von Nichtgeimpften
Energischer Widerspruch kam vom Vorsitzenden der Linksfraktion, Oskar Lafontaine. Er warnte vor einer „brutalen Ausgrenzung“ von Nicht-Geimpften und forderte Solidarität auch mit ihnen. Die Fairness gebiete es, zumindest auf die Zulassung klassischer Totimpfstoffe zu warten.
Lafontaine räumte ein, eine Impfung schütze vor schweren Verläufen. Sie verhindere aber nicht die Verbreitung des Virus. Das Impfen von Älteren und vulnerablen Gruppen sei durchaus sinnvoll. „Als Dreißigjähriger würde ich mich nicht impfen lassen“, schränkte Lafontaine jedoch ein. „Die Corona-Maßnahmen haben dazu geführt, dass das Immunsystem der weggesperrten Kinder geschwächt wurden“, behauptete der Linken-Politiker und ergänzte, er setze große Hoffnungen auf die Zulassung antiviraler Medikamente.
Geändertes Gesetz nutzt Spielräume
Diese Positionen stießen nur bei der AfD auf Verständnis, während sie von Rednern der CDU und der SPD als unverantwortlich und „Geschwurbel“ verurteilt wurden. „Die Ungeimpften haben ihr Vertrauen in die Falschen gesetzt“, meinte der SPD-Fraktionschef Ulrich Commercon.
Damit die Landesregierung die vom Bundes-Infektionsschutzgesetz eingeräumten Freiräume nutzen kann, beschloss der Landtag nach der Aussprache in erster und darauf sofort folgender zweiter Lesung eine Änderung des saarländischen COVID-19-Maßnahmengesetzes. In der nun gültigen Fassung wird ausdrücklich „eine konkrete Gefahr einer epidemischen Ausbreitung“ festgestellt. Die Untersagung von Veranstaltungen und religiösen oder weltanschaulichen Zusammenkünften ist allerdings ausdrücklich ausgeschlossen.