Corona-Splitter der KW 49/2021

Verursachen Coronaviren im Fettgewebe schwere COVID-19 bei Adipositas?

Blick auf neue Corona-Studien: SARS-CoV-2 wird vermehrt in Adipozyten gefunden und bei COVID-19 werden aus Fettgewebe Zytokine freigesetzt, berichten US-Forscher. Und: Menschen mit TNF-alpha-Blocker-Therapie brauchen Booster besonders dringend.

Anne BäurleVon Anne Bäurle und Wolfgang GeisselWolfgang Geissel und Marco MrusekMarco Mrusek Veröffentlicht:
Beim Anziehen muss darauf geachtet werden, dass der Rand eines Mund-Nasen-Schutzes dicht am Gesicht anliegt. So können weniger Atempartikel an den Rändern vorbeiströmen.

Besonders viszerales Fett ist stoffwechselaktiv und kann eine generalisierte Inflammation begünstigen.

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Update vom 10. Dezember

Adipozyten im Fettgewebe sind offenbar ein Reservoir für SARS-CoV-2 während einer COVID-19. Dies könnte ein Grund dafür sein, dass Menschen mit Adipositas ein erhöhtes Risiko für schwere COVID-Verläufe haben, berichten Forscherinnen und Forscher von der Stanford University School of Medicine in den USA. Das Team hat Gewebeproben von adipösen Menschen mit und ohne SARS-CoV-2-Infektion untersucht sowie von Adipositas-Patienten, die an COVID gestorben waren. Nach den bisher noch nicht begutachteten Daten sind Adipozyten und Gewebe-Makrophagen Ziele der Coronaviren im Fettgewebe, wo sie sich replizieren. Zudem fanden die Forscher Belege dafür, dass bei der Infektion inflammatorische Zytokine im Fettgewebe gebildet werden. Die überschießende Immunreaktion, getriggert von Zytokinen, ist bekanntlich Ursache für schwere COVID-Verläufe. Das Coronavirus scheint die begrenzte Immunabwehr des Fettgewebes zu umgehen, sich dort einzunisten und von dort die generalisierte Inflammation zu befeuern, kommentiert Professor David Kass von der Johns-Hopkins University in Baltimore die Studiendaten in der „New York Times“. Er gibt zu bedenken, dass Fettgewebe das größte Organ im Körper von Menschen mit Adipositas ist. (NYT vom 8. Dezember und bioRxiv 2021; online 25. Oktober)

Patienten unter TNF-alpha-Blocker-Therapie benötigen vermutlich früher als andere eine Auffrischungsimpfung gegen SARS-CoV-2. Das lässt die Studie eines Kieler Forschungsteams des Exzellenzclusters „Precision Medicine in Chronic Inflammation“ vermuten. Die Forscher hatten Patienten begleitet, die im März 2021 mit einem mRNA-Impfstoff gegen COVID-19 geimpft worden waren. Um die langfristige Impfantwort abschätzen zu können, wurden 23 Patientinnen und Patienten unter immunsuppressiver Therapie ein halbes Jahr nach der zweiten Impfung erneut untersucht und mit 24 gesunden Kontrollpersonen verglichen. Im Vergleich zu den Kontrollpersonen kam es bei ihnen zu einem signifikant stärkeren Abfall von IgG und insbesondere neutralisierenden Antikörpern. Das muss aber nicht bedeuten, dass mit TNF-alpha-Blockern behandelte Personen völlig schutzlos dastehen, denn nicht nur die spezifisch gegen das Virus gerichteten Antikörper schützen vor einer Infektion, sondern auch spezialisierte Immunzellen. Ein gewisser Schutz sei vermutlich noch da, auch wenn er im Vergleich zu anderen Personen schlechter sei, wird die federführende Autorin Professor Bimba F. Hoyer, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) in einer Mitteilung zur Studie zitiert. Nach sechs Monaten bräuchten die Betroffenen ganz sicher eine Auffrischungsimpfung, aber wahrscheinlich würde man gut daran tun, sie früher zu boostern, so die Rheumatologin. RMD Open 2021; 7: e002008, online 8. Dezember. (otc)

Update vom 9. Dezember

FFP2- oder KN95-Masken filtern infektiöse Partikel besonders wirkungsvoll aus der Atemluft – vor allem wenn sie an den Rändern möglichst dicht abschließen. Das bestätigt jetzt eine Studie des Göttinger Max-Planck-Instituts für Dynamik und Selbstorganisation. Trägt sowohl die infizierte, als auch die nicht-infizierte Person gut sitzende FFP2-Masken, beträgt das Ansteckungsrisiko nach 20 Minuten selbst auf kürzeste Distanz etwa ein Promille. Sitzen ihre Masken schlecht, steigt die Wahrscheinlichkeit für eine Infektion auf etwa vier Prozent. Zum Vergleich: Tragen beide Op-Masken, beträgt das Infektionsrisiko bis zu fast 30 Prozent nach einer Stunde (mit FFP2-Masken: 0,4 Prozent).

Damit Aerosolpartikel nicht mehr an der FFP2-Maske vorbeigelangen, empfiehlt der MPI-Direktor Professor Eberhard Bodenschatz in einer Mitteilung zur Studie: „Eine Maske lässt sich an die Gesichtsform hervorragend anpassen, wenn man ihren Metallbügel vor dem Aufsetzen zu einem abgerundeten W biegt“. Was die Forscher aber auch herausgefunden haben: Tragen zwei Personen keine Maske, reichen, selbst bei drei Metern Abstand, bereits fünf Minuten aus, damit sich ein gesunder Mensch, der in der Atemluft eines Corona-infizierten Menschen steht, mit sehr großer Wahrscheinlichkeit ansteckt (PNAS 2021; 7. Dezember). (otc)

Update vom 8. Dezember

Testergebnisse von Antigen-Schnelltests sind solide im Vergleich mit PCR-Tests: Forscher unter anderem von der Johns Hopkins Universität in Baltimore haben an einem Testcenter 6100 Testwillige sowohl per Antigen-Schnelltest als auch zur Kontrolle per PCR-Test auf SARS-CoV-2 untersucht. Ergebnis: 87 Prozent der symptomatisch Infizierten und 71 Prozent der asymptomatisch Infizierten wurden von den Schnelltests erkannt. Die Spezifität lag bei über 99 Prozent. Senior-Studienleiter Dr. James Ficke sagte dazu in einer Mitteilung zur Studie: „Obwohl aus klinischer Sicht der PCR-Test eindeutig der bessere Test ist wegen der größeren Genauigkeit, eignen sich Antigen-Schnelltests aus der Sichtweise der öffentlichen Gesundheit besser. Denn Schnelltests sind einfach anzuwenden und haben eine ausreichende Genauigkeit. Damit sind sie eine verlässliche Option bei großem Testandrang.“ (Microbiol Spectr 2021; online 1. Dezember)

Update vom 7. Dezember

Das Risiko von Reinfektionen ist bei Omikron offenbar höher als bei anderen Virusvarianten. Das berichten Forscherinnen und Forscher, die epidemiologische Daten zu SARS-CoV-2-Infektionen zwischen März 2020 und November 2021 in Südafrika ausgewertet haben. Insgesamt rund 35.000 Personen, die in diesem Zeitraum innerhalb von 90 Tagen zweimal positiv auf SARS-CoV-2 getestet worden waren, stufte das Team als Reinfektions-Fall ein. Mittels eines mathematischen Modells berechneten sie das Reinfektionsrisiko in Zeiträumen, in denen unterschiedliche Virusvarianten vorherrschend waren. Demnach kam es in Zeiträumen, in denen die Beta- und Delta-Variante in Südafrika das Infektionsgeschehen bestimmte, nicht zu einer Zunahme der Reinfektionen. Ab November 2021, als Omikron erstmals in Südafrika nachgewiesen wurde, habe die Zahl der Reinfektionen aber deutlich zugenommen, schreibt das Team. Dies sei ein Hinweis darauf, dass die Omikron-Variante dem Immunschutz nach Genesung zumindest teilweise umgehen kann (Pre-Print Server MedrXiv 2021; online 1. Dezember).

Thromben, die im Zuge einer COVID-Erkrankung gebildet werden, sind stabiler und dichter als Thromben, die beispielsweise bei einer Influenza gebildet werden. Außerdem sind sie stabiler gegenüber einer Fibrinolyse, berichtet ein Team der Universität Gießen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben für ihre Studie Gerinnungsparameter, die Struktur der gebildeten Fibrin-Thromben und die Gerinnbarkeit im Blutplasma bei COVID-19- und bei Influenza-Erkrankten verglichen. Die mikroskopischen und funktionellen Untersuchungen ergaben, dass „COVID-Thromben“ ein dichteres und stabileres Gerinnsel-Netzwerk aufwiesen als solche von Influenza-Patienten. Hinzu kam, dass die Thromben aus den Blutproben von COVID-Kranken sehr resistent gegenüber einer Fibrinolyse waren, da die Betroffenen erhöhte Spiegel von Fibrinolyse-Inhibitoren in ihrem Blut aufwiesen. Dies spreche dafür, dass „COVID-Thromben“ eine längere Lebenszeit haben und damit zu thromboembolischen Komplikationen beitragen können. Grund könnte die Aktivierung des Gerinnungsfaktors XII sein: „Wir haben beobachtet, dass dieser aktivierte Gerinnungsfaktor in Patientenplasmen von COVID-Patienten die Blutgerinnung zusätzlich anheizt und so zur gesteigerten Gerinnselbildung beitragen kann“, wird Studienautorin Professorin Malgorzata Wygrecka in einer Mitteilung der Uni Gießen anlässlich der Publikation zitiert. Das Team empfiehlt den medizinischen Fachgesellschaften, den Faktor XII/XIIa als einen Kausalfaktor für Thrombose in ihren Leitlinien zur Thrombose-Prophylaxe und -Therapie von Corona-Patienten aufzunehmen (Blood Advances 2021; online 3. Dezember).

Update vom 6. Dezember

Viele Vakzinen kurbeln als Booster-Impfung offenbar das Immunsystem an – aber nicht alle gleich stark. Ein Forschungsteam aus Großbritannien hat in einer Phase-II-Studie untersucht, wie sich eine Boosterimpfung mit sieben verschiedenen Impfstoffen (Novavax (nicht in der EU zugelassen), AstraZeneca, BioNTech/Pfizer, Valneva (nicht in der EU zugelassen), Johnson & Johnson, Moderna und CureVac (weder in der EU noch in einem anderen Land zugelassen) auf den Impfschutz auswirkt. Die von der STIKO für Boosterimpfungen empfohlene mRNA-Vakzine von BioNTech/Pfizer wurden in einer Dosis von 15 μg oder 30 μg (Dosis wie bei Grundimmunisierung und Booster-Impfung) verimpft, die ebenfalls emfohlene mRNA-Vakzine von Moderna in einer Dosis von 100 μg (wie bei Grundimmunisierung, als Booster ist der Impfstoff in der Dosis 50 μg zugelassen). Die rund 3000 Teilnehmenden waren zuvor entweder zweimal mit der Vakzine von AstraZeneca oder von BioNTech/Pfizer grundimmunisiert worden. 28 Tage nach der Boosterimpfung entnahmen die Forscherinnen und Forscher Blutproben und untersuchten unter anderem die Zahl der Spike-IgG-Antikörper und die der T-Zellen. Ergebnis: Alle sieben Vakzinen kurbelten das Immunsystem im Vergleich mit Personen, die keine Boosterimpfung erhalten hatten, effektiv an, und zwar sowohl bei Älteren als auch bei Jüngeren. Allerdings unterschied sich die Immunantwort nach den unterschiedlichen Boosterimpfungen zum Teil deutlich. Die beste Boosterwirkung wurde mit der mRNA-Vakzine von Moderna erreicht, und zwar sowohl nach vorheriger AstraZeneca (GMR, geometric mean ratio, Verhältnis der Antikörperkonzentration vor und nach Boosterimpfung) von Spike-IgG = 32,30), als auch nach vorheriger BioNTech/Pfizer-Impfserie (GMR = 11,49). Etwas schwächer fiel die Boosterwirkung mit BioNTech/Pfizer in der Dosis 30 μg aus, und zwar sowohl bei vorheriger Grundimmunisierung mit AstraZeneca (GMR = 24,48) als auch bei BioNTech/Pfizer Grundimmunisierten (GMR = 8,11). In halber Dosis fiel die Boosterimpfung mit BioNTech/Pfizer noch geringer aus (GMR = 16,80 nach AstraZeneca Grundimmunisierung, GMR = 6,78 nach BioNTech/Pfizer-Grundimmunisierung). Generell sei die Reaktogenität bei den Kreuzschemata akzeptabel gewesen, berichtet das Team. Stärker sei sie bei den Kreuzimpfungen Moderna nach AstraZeneca oder BioNTech/Pfizer ausgefallen, sowie AstraZeneca oder Johnson & Johnson nach BioNTech/Pfizer, und generell bei jüngeren Personen (Lancet 2021; online 2. Dezember)

Kinder und Jugendliche mit schlecht kontrolliertem Asthma sind besonders vulnerabel für schwere COVID und sollten daher in diesem Winter besonder gut eingestellt und engmaschig kontrolliert werden. Ein Team der Universität Edinburgh hat Daten des Early Pandemic Evaluation and Enhanced Surveillance of COVID-19 (EAVE II) analysiert, in dem 99 Prozent aller Schottinnen und Schotten aufgenommen sind. Auch 752.867 Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 5 und 17 Jahren sind darin registriert, 63.463 (8,4 Prozent) davon mit diagnostiziertem Asthma bronchiale. Unter den Kindern und Jugendlichen mit Asthma wurden 4.339 (6,8 Prozent) bestätigte SARS-CoV-2-Infektionen festgestellt, 67 (1,5 Prozent) wurden mit COVID-19 ins Krankenhaus eingeliefert, neun mussten auf die Intensivstation verlegt werden oder starben sogar an der Erkrankung. Kinder ohne Asthma hatten 40.231 (5,8 Prozent) bestätigte SARS-CoV-2-Infektionen, lediglich 382 (0,9 Prozent) wurden stationär aufgenommen. Das Team berechnete bei Kindern mit Asthma bronchiale ein um rund 50 Prozent höheres Risiko für COVID-bedingte Hospitalisierung (adjustierte Hazard Ratio [aHR]: 1,5) im Vergleich zu Kindern ohne Asthma. Besonders Kinder mit schlecht eingestelltem Asthma mussten gehäuft in die Klinik eingewiesen werden (Lancet Respir Med 2021; online 30. November). (nz)

Liebe Leserinnen und Leser, wir fassen die Corona-Studienlage wöchentlich zusammen. Eine Übersicht mit allen bereits veröffentlichten COVID-19-Splittern der vergangenen Wochen und Monate finden Sie hier:

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