Hessen
Vogelsbergkreis streitet mit KV über falsch positive Corona-Tests
Liefert ein von der KV beauftragtes Labor regelmäßig falsche Testergebnisse? Der Vogelsbergkreis sagt Ja und gibt damit den Startschuss für eine öffentlich ausgetragene Schlammschlacht.
Veröffentlicht:Lauterbach/Frankfurt. Die Verwaltungsspitze des mittelhessischen Vogelsbergkreises ist derzeit nicht gut auf die Kassenärztliche Vereinigung in Hessen zu sprechen. Grund sind mehr als ein Dutzend angeblich positive Corona-Tests, die einer weiteren Überprüfung innerhalb des Kreises nicht standgehalten haben.
Angefangen hat die Geschichte im Corona-Testcenter der KV in Alsfeld. Dort vorgenommene Abstriche wurden nach Angaben des Kreises in ein von der KV beauftragtes Labor in Mainz geschickt, das dann die SARS-CoV-2-positiven Ergebnisse meldete.
Vom Vogelsberger Gesundheitsamt angeordnete zweite – neu abgestrichene – Tests im Eichhof-Krankenhaus Lauterbach wiesen hingegen negative Ergebnisse auf. Inzwischen sind es 14 Vorgänge dieser Art. Anlass für die Kontrolltests war laut Kreis, dass die Betroffenen trotz des ersten positiven Ergebnisses symptomfrei waren.
Kreis will anderes Labor
Landrat Manfred Görig (SPD) und Gesundheitsdezernent Dr. Jens Mischak forderten deshalb die KV öffentlich auf, das Untersuchungslabor zu wechseln. „Wir brauchen Sicherheit, deshalb dürfen Proben nur an die Labore gegeben werden, die nach dem sogenannten Screeningtest auch eine Bestätigungsuntersuchung auf ein zweites Gen durchführen“, heißt es in einer Mitteilung des Kreises.
Dass genau dies nicht geschieht, argwöhnt der Gesundheitsdezernent: „Das Problem liegt nach wie vor in dem analytischen Vorgehen eines Mainzer Labors, welches nicht spezifisch auf mindestens zwei COVID-19-Gene zu analysieren scheint.“ Anders seien die in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang und in mehreren Fällen aufgetretenen Widersprüche nicht zu erklären.
Deshalb wolle der Kreis positive Test-Ergebnisse, die über das Mainzer Labor das Gesundheitsamt erreichten, nicht mehr als ausreichend anerkennen. „Es kann schließlich kein Dauerzustand sein, dass sich Betroffene doppelt testen lassen müssen“, so Mischak.
Also die Forderung ein neues Labor zu beauftragen – oder „dafür zu sorgen, dass die Testung in der Mainzer Einrichtung zuverlässig vorgenommen wird – also mit der nötigen zweiten Bestätigungsuntersuchung“, so der Landrat. Sonst werde man das KV-Testcenter nicht mehr empfehlen.
KV sieht „haltlose Vorwürfe“
„Haltlose Vorwürfe“ seien das, empört sich die KV-Führung. Man arbeite nur mit Laboren zusammen, in denen die Vorgaben des Robert Koch-Instituts und Maßnahmen zur Qualitätssicherung streng eingehalten würden, ließen die Vorstandsvorsitzenden Frank Dastych und Dr.Eckhard Starke daraufhin mitteilen.
In besagtem Labor folge selbstverständlich auf einen positiven ersten Suchtest der zweite, vorgeschriebene Bestätigungstest. Überdies laufe die Zusammenarbeit mit anderen Landkreisen völlig unproblematisch.
Zudem sei es keineswegs ungewöhnlich, dass ein Test auf das Coronavirus einige Tage später anders ausfalle, heißt es seitens der KV. Schließlich handele es sich bei einer Virusinfektion um einen biologischen Prozess, der sich stetig verändert. Auch fielen nicht alle Tests zu 100 Prozent positiv oder negativ aus, sondern beispielsweise nur mit einer Wahrscheinlichkeit von 70 Prozent.
Landrat Görig weist allerdings darauf hin, dass außer an Wochenenden alle durch den Kreis veranlassten zweiten Testungen innerhalb von 24 Stunden erfolgt seien.
In einer weiteren Pressemitteilung wirft Görig der KV vor, sie wisse seit Wochen, dass es bei Corona-Testungen unter anderem im Mainzer Labor zu nicht nachvollziehbaren Testergebnissen gekommen sei.
In einem dem Kreis vorliegenden Schriftverkehr vom 20.Mai zwischen einem Fachreferenten der KV und KV-Vize Starke erkläre der Referent, dass es Hinweise gebe, dass das Mainzer Labor „je nach Verfügbarkeit nur das E-Gen nachweist, was tatsächlich nicht ausreichend wäre“.
Früher Schriftverkehr zum Thema?
Die KV bestätigt diesen Schriftverkehr zwar, weist aber daraufhin, dieser entstamme zu einer Zeit, „als das RKI seine Testkriterien noch nicht so präzisiert hatte, wie dies seit Anfang Juni der Fall ist“. Das Labor versichere, der Bestätigungstest weise „das E-Gen, das N-Gen und das RdRP-Gen nach“. Bei allen doppelt untersuchten positiven Proben habe es keine Abweichungen gegeben, SARS-CoV-2 habe immer bestätigt werden können.
Dem Vorwurf des Landrats, seit April habe der Vogelsbergkreis die KV mehrfach auf den Sachstand hingewiesen, entgegnet die KV, bereits vor einigen Wochen hätte sich der Vorwurf von fünf angeblich falschen Positiv-Tests als nicht haltbar herausgestellt: Entweder handelte es sich um nicht von der KV vorgenommene Abstriche oder um in anderen Laboren ausgewertete Tests.
Ein Ende des Streits scheint zunächst nicht in Sicht: Die KV verlangt vom Kreis – bislang vergeblich – eine Liste mit den angeblich 14 falsch Positiv-Getesteten; der Kreis kündigt an, „einen anderen Weg der Testung unserer Bevölkerung“ gehen zu wollen. Zur Beruhigung besagter Bevölkerung wird dies alles nicht führen.