Fisch-Pediküre
Ärzte sehen Trend skeptisch
Fisch-Pediküre-Salons, in denen Saugbarben Menschen mit Hautkrankheiten Linderung verschaffen sollen, gibt es mittlerweile in vielen Städten. Mediziner stehen dieser Art der Behandlung aber kritisch gegenüber.
Veröffentlicht:KIEL. Die kleinen Fußpfleger machen ihrem Namen alle Ehre. Sobald ein Kunde der "Garra Rufa Lounge" die Füße ins 29 Grad warme Wasser taucht, stürzen die Saugbarben (Garra Rufa) darauf zu.
Die Fischchen beginnen sofort, mit ihren kleinen Mäulern zu knabbern: Unter der Fußsohle, am Spann, an den Zehen. Die Barben entfernen Hornhaut. Es kitzelt leicht, vor allem wenn sie versuchen, zwischen die Zehen zu gelangen. Das Gefühl ist merkwürdig, aber nicht unangenehm.
Fisch-Spas und Fisch-Pediküre-Salons wie diesen in Kiel gibt es mittlerweile in vielen Städten. Genaue Zahlen, in wie vielen Frisierstuben, Massage- und Schönheitssalons die Fische eingesetzt werden, gibt es nicht.
"Es werden auf jeden Fall mehr", sagt Philip-Valerius Bacher. Er betreibt einen Onlineversand für die Tiere, die ursprünglich aus der türkischen Kangalregion stammen.
Inez Paulweber hat ihre "Garra Rufa Lounge" in Kiel 2011 eröffnet. Sie beschreibt den Einsatz der Roten Saugbarben als eine Art Wellness und ökologische Fußpflege - die überwiegend von Frauen nachgefragt werde.
In sechs Becken schwimmen zwischen 50 bis 60 Garra Rufas mittlerer Größe. Ausgestattet sind die Glasbassins mit Filtern und Verstecken. Auf dem Boden liegt feiner Kies. "Die Fische leben darin", sagt Paulweber.
Tierschützer kritisieren Salons
Die größeren Tiere - Garra Rufas können bis zu 14 Zentimeter groß werden - bringt Paulweber zu sich nach Hause. "Da habe ich mein Altersheim", sagt sie. Die Senioren sind aber noch ganz rüstig: Mit ihnen züchtet sie Nachwuchs für ihre Lounge.
Manchmal laichen die Fische aber auch bereits dort ab. Für Paulweber ein Zeichen dafür, dass es ihnen gut gehen muss. Sonst würden die Tiere ja keine Eier legen, meint sie.
Tierschützern ist der Einsatz der Fische zu kosmetischen Zwecken aber ein Dorn im Auge: Es sei Tierquälerei und bedeute für die Tiere Stress.
Dieser Auffassung haben sich viele Kommunen und ihre Amtstierärzte angeschlossen. Immer wieder gibt es Streit zwischen Städten und Betreibern von Fischsalons.
Oft wurde bereits mit Verweis auf den Tierschutz verboten, die Fische gewerblich zu kosmetischen Zwecken zu halten.
Schutz vor Krankheitserregern
Auch als Paulweber ihre Lounge eröffnen wollte, bekam sie Besuch vom Veterinäramt: "Die haben sich hier alles ganz genau angeguckt."
Zudem musste sie einen Sachkundenachweis für Süßwasseraquaristik ablegen und lernen, wie man rund 200 verschiedene Fischarten artgerecht hält.
Ihre Erlaubnis nach Paragraf 11 Absatz 1 des Tierschutzgesetzes zum gewerbsmäßigen Halten der Kangalfische habe sie dann ohne Probleme bekommen. Gerahmt hängt die Urkunde im Salon.
Bevor die Füße ins Becken dürfen, werden sie gereinigt; Hautcreme und Kosmetika sind schädlich für die Fischchen. Zudem müssen Menschen, die einen ansteckenden Erreger in sich tragen, vielerorts vorsorglich auf die Fischpediküre verzichten.
So soll verhindert werden, dass Krankheitserreger übertragen werden. Zudem wird das Wasser üblicherweise über starke Pumpen und UV-Filter entkeimt.
In Kiel dürfen Kunden mit Hautkrankheiten wie Schuppenflechte oder Neurodermitis ihre Füße aus hygienischen Gründen nicht in das Becken mit den Fischen halten. Dabei sollen die Fische auch bei diesen Krankheiten Linderung verschaffen.
Deshalb gibt es auch einige Fischtherapieanbieter in Deutschland, zumeist sind es Heilpraktiker. Viele Dermatologen stehen dieser Art der Behandlung jedoch skeptisch gegenüber.
"Uns sind zurzeit keine ärztlichen Anwender dieser Methode bekannt", sagt der Sprecher des Bundesverbandes der Deutschen Dermatologen, Ralf Blumenthal.
Evaluiert oder gar studienmäßig auf Evidenz überprüft worden seien die Darstellungen zu Therapieerfolgen der Saugbarben nicht. Im optimalen Fall könnten die Knabberfische beim Abschuppen helfen, vielleicht auch ein "gutes Gefühl" vermitteln, sagt Blumenthal.
"Eine nachhaltige Behandlung können sie aber niemals darstellen." (dpa)