Interview

"Als Papsi fast verdroschen wurde, war das schon spaßig"

Jason ist ein zwölfjähriger Junge, der sich wie viele Gleichaltrige für Fußball interessiert. Aber doch ganz anders. Denn er ist Asperger-Autist und hat damit einen ganz eigenen Blick auf viele Dinge, etwa auf die Tour mit seinem Vater durch zig Fußballstadien.

Ruth NeyVon Ruth Ney Veröffentlicht:
Der 12-jährige Jason ist seit rund sechs Jahren mit seinem Vater unterwegs auf der Suche nach "seinem" Fußballverein. Ein nicht immer einfaches Unterfangen, denn Jason ist Asperger-Autist.

Der 12-jährige Jason ist seit rund sechs Jahren mit seinem Vater unterwegs auf der Suche nach "seinem" Fußballverein. Ein nicht immer einfaches Unterfangen, denn Jason ist Asperger-Autist.

© Sabrina Nagel

Was hat sich durch die vielen verschiedenen Erlebnisse in den Stadien in deinem Alltag verändert?

Jason: An fremden Orten oder sogar in fremden Städten finde ich mich nun viel besser zurecht. Außerdem sind ich und Papsi zu einem guten Team geworden.

Was war das spaßigste Erlebnis für euch dabei?

Jason: Das "für euch beide" passt bei den Beispielen zwar nicht so ganz. Aber als Papsi in Münster fast verdroschen wurde oder er in Nancy um Tickets betteln musste, war schon sehr spaßig.

Was wäre eigentlich der perfekte Verein und wie sähe der aus?

Jason: Der perfekte Verein, müsste das Stadion von Saarbrücken, mit der Lage von Aue, dem Engagement des FC St. Pauli, dem Dudelsackspieler von First Vienna FC, mit den Toiletten von Stuttgart, mit der Umweltfreundlichkeit von Mainz, mit der Anreise von Cottbus, dem Erfolg des FC Bayerns und Ralph Gunesch in der Mannschaft kombinieren.

Was ist für dich Toleranz? Und wie viel davon braucht es, um einen Jungen mit Asperger-Syndrom zu verstehen?

Jason: Toleranz ist, sich auf andere Menschen einzulassen, und genau das reicht auch aus, um einen Autisten zu verstehen. Man braucht nur mehr davon.

Du arbeitest mit einem "Löffelhaushalt", um deinen Tag zu bewältigen. Kannst du das Prinzip kurz erklären, also wie das System funktioniert?

Jason: Für einen Tag habe ich nur eine begrenzte Anzahl an Löffeln. Für alle Dinge, die mich stressen oder Schwierigkeiten bereiten, werden welche verbraucht. Schon, wenn der Tee morgens noch nicht um die richtige Zeit bereit steht, werden die Löffel verbraucht. Von meinem Platz im Bus, über meine Auseinandersetzungen mit Mitschülern, bis zum Arbeiten am Abend gehen den ganzen Tag über welche verloren. Ich brauche mehr Löffel als Papsi, habe die aber nicht.

Was ist falsch an dem Ausdruck "unter dem Asperger Syndrom leiden"?

Jason: Ich kann mich an keinen Momenten erinnern, in dem ich am Asperger-Syndrom gelitten habe. Wenn, dann leide ich bloß am Umgang meiner Mitmenschen damit.

Wie gehst du mit deiner Behinderung, mit den Konflikten mit Mitschülern und anderen Mitmenschen inzwischen um?

Jason: Da ich kaum mit ihnen in Kontakt trete, kommen Konflikte mit Mitschülern nicht so häufig vor. Gründe können sein, weil sie meine Korrekturen nicht leiden können oder einfach mit mir nicht klar kommen. Ich versuche, auf Distanz zu gehen, und schildere mein Problem den Lehrern und/oder Mami und Papsi. Wenn mich etwas richtig ärgert, lasse ich mich manchmal auch auf den Konflikt ein und diskutiere.

Würdest du ein eigentlich ein "Arzneimittel zur Heilung" gut finden?

Jason: Nein, ganz sicher nicht. Die Vorteile des Asperger-Syndroms überwiegen meiner Meinung nach deutlich.

Für wen glaubst du, ist das Buch passend, wenn du es verschenken würdest?

Jason: Mit meinem Glossar und meiner Einleitung? Für jeden natürlich!

Jason ist der Protagonist des Buches "Wir Wochenendrebellen - Ein ganz besonderer Junge und sein Vater auf Stadiontour durch Europa"

Lesen Sie dazu auch: Auf der Suche nach dem perfekten Fußballverein: Groundhopping mit Asperger

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