Ausbilder, Kollegen und Ermittler sprechen über den "Todesengel"

HAMBURG (dpa). "Man denkt ja nicht an Mord", sagt ein Mann, dessen Stiefvater plötzlich im Krankenhaus starb, obwohl es ihm schon wieder besser ging. Verantwortlich dafür soll der "Todespfleger von Sonthofen" sein, ein 27 Jahre alter Mann, der 29 Menschen zu Tode gespritzt haben soll (wir berichteten). Seine Ausbilder, Kollegen, die Ermittler und auch die Angehörigen der Opfer kommen in einer ARD-Dokumentation zu Wort: "Die Todesengel - Wenn Pfleger morden" heute um 23.45 Uhr.

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Der Film listet eine ganze Reihe von Fällen auf, in denen Menschen in Krankenhäusern und Altenheimen von Pflegern getötet wurden. Und er stellt die Frage, wie es passieren kann, daß Tötungsserien oft so lange unentdeckt bleiben.

Daß dabei niemand an Mord denkt, ist ein Grund dafür. "Der Zweifel muß zugelassen, das Unfaßbare für möglich gehalten werden", lautet daher ein Fazit des Films von Matthias Franck. Er kritisiert aber auch den fahrlässigen Umgang mit Medikamenten, die beispielsweise in Sonthofen nachbestellt worden seien, ohne daß ein Verantwortlicher überprüft habe, von wem sie verbraucht wurden.

Die Koproduktion von Norddeutschem Rundfunk und Bayrischem Rundfunk versucht auch zu ergründen, was in den Tätern vorgeht. Viele sprechen davon, daß sie Mitleid mit Schwerkranken oder Sterbenden gehabt hätten.

"Irgendwann hatte ich so eine blöde Spritze in der Hand. Ich habe Luft injiziert", sagt ein ehemaliger Pfleger, der wegen zehnfachen Totschlags verurteilt wurde. Nach der ersten Tat hoffte er noch, daß es ein "einmaliger Ausrutscher" war. Aber dann wurde die Hemmschwelle immer niedriger. "Es lief quasi völlig automatisiert ab."

Im Mittelpunkt des Films steht der "Todespfleger von Sonthofen", dessen Prozeß gerade begonnen hat. Laut Anklage soll er seinen Opfern erst ein Narkosemittel, dann ein Muskelrelaxans gespritzt haben. Er hat gestanden, zwölf Männer und 17 Frauen getötet zu haben, daher hat auch kaum jemand Hemmungen, ihn als Täter darzustellen. Auch der ARD-Film listet die Toten ausdrücklich als Opfer des Angeklagten auf.

"Daß er der Täter ist, davon gehen wir aus", sagt der zuständige NDR-Redakteur Werner Grave. Daß im Prozeß Zweifel an den Geständnissen des Mannes aufkommen oder daß er sie widerrufen könnte, ändert an der Darstellung nichts. Bei allen genannten Opfern sei klar, daß sie getötet wurden, sagt Grave. Im Prozeß geht es vor allem um die Frage, ob aus Heimtücke oder aus Mitleid. Im ersten Fall wäre es Mord.

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