Gesellschaftliche Trends
Barbie jetzt auch mit Prothese und Hautkrankheit
Auch Puppen spiegeln den Zeitgeist wider: Darum baut Barbie-Produzent Mattel sein Angebot aus und nimmt Spielzeuge mit Vitiligo, Beinprothesen und Rollstuhl ins Programm. Was will das Unternehmen damit erreichen?
Veröffentlicht:Frankfurt. Blond, Wespentaille, üppige Oberweite: Das ist wohl das Bild, das die Meisten von der weltbekannten Puppe „Barbie“ haben. Jetzt vergrößert Hersteller Mattel allerdings das Sortiment – und bringt Barbies mit der Hautkrankheit Vitiligo, einer Beinprothese oder einem Rollstuhl heraus.
Bei der Entwicklung der Puppe mit Vitiligo hat Mattel mit einem Dermatologen zusammengearbeitet, um eine akkurate Darstellung der Krankheit zu gewährleisten, so das US-Unternehmen in einer Pressemitteilung. Die Popularität des Models Winnie Harlow, die mit Vitiligo für große Marken wie Desigual oder Victoria Secrets arbeitet, dürfte zur Kreation der Barbievariante beigetragen haben.
Bereits 2019 – im Jahr von Barbies 60. Geburtstag – hatte Mattel eine hellhäutige Puppe mit Beinprothese eingeführt. 2020 folgt nun eine Puppe mit dunkler Hautfarbe und goldener Beinprothese.
Während es bei den Männern nun einen Ken mit wilden, langen Haaren gibt, bringt der Hersteller eine Barbie-Puppe ohne Haare heraus. Diese soll laut Mitteilung sowohl Frisurentrends Rechnung tragen wie auch Mädchen repräsentieren, die durch eine Krankheit Haare verloren haben.
Warum erweitert Mattel das Angebot?
Die Puppenmodelle kommen in der „Fashionista“-Puppenlinie auf den Markt. Diese hat einen breiteren Ansatz als die klassischen Modelle und bietet somit auch Raum für andere Körpervorstellungen, Nischenmodetrends oder Krankheiten und Behinderungen.
„Das ist Barbie“, steht in einem kurzen Video des Unternehmens als Untertitel, während eine klassische Barbie mit blonden Haaren und blauen Augen zu sehen ist. „Und das ist Barbie“, so der Untertitel in der nächsten Einstellung: Jetzt ist eine brünette Puppe mit Beinprothese und eine schwarze Barbie mit Vitiligo zu sehen.
More skin tones!?
— Barbie (@Barbie) January 28, 2020
More body types!?
More unique looks!?
?
Express yourself with #Barbie #Fashionistas – the most diverse doll line. Shop now: https://t.co/zTVjMZsjVy. #WeAreBarbie? pic.twitter.com/l176Wvzj0z
Der Spielzeugfabrikant hat sich in den vergangenen Jahren mehr und mehr darum bemüht, weg von der Klischee-Barbie hin zu einer realistischeren Darstellung von Menschen zu kommen. Das Unternehmen wurde in der Vergangenheit immer wieder dafür kritisiert, ein unrealistisches Bild von Männern und Frauen zu verkörpern.
„Wir müssen uns daran erinnern, dass Barbie ein Spielzeug ist“, verteidigte sich Mattel 2014 gegen solche Anschuldigungen. Mädchen seien sehr wohl fähig dazu, zwischen Spielzeug und Realität zu unterscheiden; Barbie sei schlicht so modelliert worden, dass sie einfach an- und auszuziehen sei, aber nicht nach echten Menschenkörpern.
Inzwischen hat der Produzent umgedacht: 2020 gibt es Puppen mit neun Körperformen, 35 verschiedenen Hauttönen und 94 unterschiedlichen Frisuren, brüstet sich Mattel auf seiner Webseite.
Allein 15 Curvy-Modelle, also Puppen mit etwas mehr auf der künstlichen Hüfte, listet die Homepage derzeit auf. 2017 veröffentlichte der Konzern eine Barbie mit Hijab, die muslimische Mädchen mehr ansprechen sollte. Erstmals gibt es jetzt auch einen rothaarigen Ken im Sortiment.
Barbie als Identifikationsfigur
Die diverseren Puppen sollen Mädchen dazu inspirieren, ein Spielzeug „zu finden, mit der sie sich identifizieren können“, so das Unternehmen mit 32.000 Mitarbeitern in einer Mitteilung. Man wolle „weiterhin neu definieren, was es bedeutet, eine ‚Barbie‘ zu sein oder auszusehen wie diese“, begründet Mattel die Entwicklung der Vitiligo-Puppe.
Die alternativen Puppen sind auch im Verkauf für das Unternehmen ein Gewinn: Sieben der zehn meist verkauften Barbies des Jahres 2019 zählten zu den „divers“ bezeichneten Puppen, berichtet CBS News.
Bereits 1997 gab es eine Barbie im Rollstuhl – „Becky“ wurde ein Verkaufsschlager. Mattel zog aber den Spott auf sich: Die Designer hatten nicht bedacht, dass der Rollstuhl nicht durch die Eingangstür des Puppenhauses passte – das Barbie-Haus war nicht barrierefrei.