„Mumie des Ritters Kahlbutz“

Bei CT-Untersuchung: Neuruppiner Forscher finden Bleistift in Brandenburger Ritter-Mumie

Der märkische Ritter Christian Friedrich Kalebuz ist in Neuruppin post mortem ins CT gekommen. Dabei fanden die Forscher der Medizinischen Hochschule Brandenburgs einiges über die Mumie heraus.

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Die Mumie des Ritters Kalebuz gut gesichert und verpackt auf dem Weg ins CT des Universitätsklinikums Ruppin-Brandenburg.

Die Mumie des Ritters Kalebuz gut gesichert und verpackt auf dem Weg ins CT des Universitätsklinikums Ruppin-Brandenburg.

© MHB / Markus Kluge

Neuruppin. Es ist eine der bekanntesten Sagengestalten Brandenburgs: Der märkische Ritter Christian Friedrich Kalebuz (1651 bis 1702), Gutsbesitzer in Kampehl bei Neustadt (Dosse) soll einst einen aus einem Nachbarort stammenden Schäfer erschlagen haben, der dem Adligen das „Recht der ersten Nacht“ mit seiner Verlobten verweigert habe. Der Legende nach soll er im folgenden Gerichtsprozess erklärt haben, „dass Gott wolle, dass er nach seinem Tod nicht verwesen soll, wenn er ein Mörder sei.“ Nach seinem Tod wurde der Gutsbesitzer in einer Gruft der örtlichen Dorfkirche beigesetzt. Als 1794 im Zuge von Bauarbeiten an der Kirche der Sarg des Adligen geöffnet wurde, um die darin enthaltenen Gebeine beizusetzen, fand man einen mumifizierten Körper. Seitdem ist die „Mumie des Ritters Kahlbutz“ eine regionale Touristenattraktion, die in der Kirche öffentlich ausgestellt wurde.

Forscher der Medizinischen Hochschule Brandenburgs haben die Mumie nun erstmals mit einem Computertomographen untersucht, und dabei überraschende Entdeckungen gemacht: So fand man in der Mumie einen Bleistift aus dem beginnenden 20. Jahrhundert. „Es handelt sich um einen gebrauchten Bleistift der Marke Johann Faber, vermutlich aus den Jahren zwischen 1900 und 1920“, erklärt Professor Andreas Winkelmann, Professor für Anatomie an der Medizinischen Hochschule Brandenburg (MHB), der die Mumie zusammen mit weiteren Experten erstmals computertomographisch untersuchte. In der rechten Seite hat die Mumie eine größere Öffnung. Dieser Brustwanddefekt rührt vermutlich von dem Mediziner Rudolf Virchow (1821 bis 1902), der im Jahr 1895 eine Gewebeprobe entnahm, die er aber offenbar nie untersuchte. Durch diesen Defekt wird der Bleistift in den Körper gelangt sein. Bei der CT-Untersuchung fand sich außerdem ein rundlicher metallischer Gegenstand in der Mundhöhle der Mumie, den man dem Toten mitgegeben hat. Dabei könnte es sich am ehesten um eine Münze oder ein Amulett handeln.

Keine Organe entnommen worden

Insgesamt passten die Befunde des CT und der Untersuchung des Gewebes auf den Todeszeitpunkt (C14-Untersuchung) zu einem 50- bis 60-jährigen Mann, der im frühen 18. Jahrhundert starb. Dies spricht zumindest nicht gegen die Identität des Kalebuz. Eine in einigen Überlieferungen behauptete Knieverletzung findet sich nicht. Das Skelett des Mannes ist seinem Alter entsprechend recht gesund gewesen. Hinweise auf eine künstliche Mumifizierung wurden nicht gefunden. Der Leichnam wird durch einen guten Luftzug in dem Doppelsarg, der auf vier Füßen steht, schnell ausgetrocknet und dadurch mumifiziert sein, berichteten die Forscher. So konnte die CT-Untersuchung auch ausschließen, dass dem Körper Organe entnommen wurden, wie es beispielsweise bei der Mumifizierung in Ägypten üblich war. In den Gewebeproben sind menschliche und bakterielle DNA gefunden worden. „Die menschliche DNA war aber leider zu stark degradiert, um weitergehende Analysen zu erlauben“, sagte Winkelmann. „Die genaue Todesursache lässt sich nach über 300 Jahren nicht mehr feststellen.“ (lass)

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